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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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sagte ihm nicht, wie sehr die Einsamkeit, die die Folge ihrer gesellschaftlichen Ächtung war, innerlich an ihr fraß, so daß sie sich manchmal nur noch wie eine leere Hülle fühlte. Aber sie hatte den Eindruck, daß er es sowieso erriet.
    »Die Menschen sind neidisch, Maia«, sagte Hugh. »Andere Frauen beneiden dich um deine Freiheit, und viele Männer können es nicht ertragen, für eine Frau arbeiten zu müssen. Besonders für eine junge, schöne Frau.«
    »Sie reden so entsetzliche Dinge …«
    »Erzähl es mir.«
    Hugh den Rücken zugewandt, um ihm einen Drink einzugießen, sagte sie: »Sie sagen, ich hätte Vernons Tod gewünscht, damit ich die Firma erben würde.«
    Es war das erstemal, daß sie es ausgesprochen hatte. Es wurde realer dadurch, gnadenloser. Oft träumte sie jetzt von dem Ausdruck in Vernons Gesicht, als sein langer Sturz begonnen hatte. Entsetzen und Ungläubigkeit. Ihre Träume quälten sie, und sie fragte sich, wie lange sie fähig sein würde, die Fassade aufrechtzuerhalten. Wann würden die beiden Hälften ihres Lebens miteinander verschmelzen und sie in einen Alptraum stürzen, aus dem es kein Entkommen gab?
    Maia hörte Hughs »Mein Gott«, als sie sich herumdrehte und ihm das Glas mit dem Scotch reichte. Dann schenkte sie sich selbst einen großen Gin ein und setzte sich in den Sessel ihm gegenüber.
    »Nach allem, was du durchgemacht hast«, murmelte er. »Wie können die Menschen so etwas auch nur von dir denken?«
    Der Gin dämpfte ihre Ängste. Sie sagte ein wenig unbeschwerter: »Es ist mir gleich, was die Leute denken, Hugh – das weißt du. Das Problem ist, daß wir unsere wichtigsten Kunden verlieren – die Freunde von Harold Frere, vermute ich. Wenn das so weitergeht, wird das bei der Firma Wirkung zeigen.« Sie machte eine Pause und leerte ihr Glas. »Es gibt natürlich eine Lösung.«
    Er runzelte die Stirn. »Ja?«
    »Daß ich gehe. Nein, Hugh – laß mich aussprechen. Die Gerüchte betreffen mich – unsere Kunden ziehen sich zurück, weil sie etwas gegen mich haben, nicht weil sie etwas gegen die Firma Merchant haben. Es wäre die einfachste Lösung – wir stehen gut da, Käufer gäbe es sicher. Und ich könnte irgendwo anders noch einmal anfangen.«
    »Aber du willst doch nicht verkaufen?«
    »Natürlich nicht«, antwortete sie mit Vehemenz. Sie versuchte es ihm zu erklären. »Bevor mir die Firma gehörte, war ich immer gelangweilt, immer unbefriedigt. Ich glaubte, ich wünschte mir einen reichen Mann und ein schönes Haus und alles, was dazugehört, und dann habe ich festgestellt, daß mir das nicht genug war. Aber mir wird vielleicht nichts anderes übrigbleiben, als zu verkaufen, Hugh. Ich möchte es nicht, aber ich werde vielleicht müssen.«
    Sie sagte ihm nicht, daß sie manchmal um ihren Verstand fürchtete. Daß sie Angst hatte, völlig die Kontrolle über sich selbst zu verlieren. Daß das zerbrechliche Gebäude, das sie sich aufgebaut hatte, bedroht zu sein schien, und daß sie die Vorstellung, daß ihre Feinde Zeugen ihres Scheiterns werden würden, nicht ertragen konnte.
    Sie hörte die Müdigkeit in ihrer Stimme. Sie fühlte sich, als hätte sie jahrelang gekämpft und wäre im Begriff, ihren Kampfeswillen zu verlieren. Mit Bitterkeit fügte sie hinzu: »Alles, was ich berühre, scheint in Staub zu zerfallen.«
    »Du mußt es durchstehen, Maia. Wenn du die Firma jetzt aufgibst, gibst du diesen Lügen nur neue Nahrung.«
    Sie fragte sich, ob er recht hatte. Ob es für sie von Bedeutung war.
    »Es wird ganz sicher Leute geben, die in deinem Rücktritt aus der Firma ein Schuldeingeständnis sehen würden«, sagte er sehr direkt. »Es würde dich in ein schlechtes Licht setzen – und auch deine Familie.«
    Ihre Hand umfaßte das Glas fester. Ihre Mutter und ihre Verwandten, Margery und Sydney, interessierten sie keinen Deut, aber zum erstenmal wurde ihr klar, daß es jemanden gab, den sie zu schützen wünschte; einen Menschen, dessen Zukunft in ihrer Hand – lag einzig in ihrer Hand. Es mochte ihr gleichgültig sein, was andere von ihr dachten, aber sie sah ein, daß Hugh recht hatte: Was man von ihr sagte, konnte sich auf das Leben anderer auswirken. Ganz gleich, was sie getan hatte, sie durfte die Bemühungen und die Geheimnisse der letzten Jahre nicht gefährden.
    Hugh, der sanfte, friedfertige Hugh, sagte: »Ich würde diese verlogenen Schweine am liebsten umbringen.«
    Sie sah ihn verblüfft an. Dann lächelte sie. »Liam Kavanagh hat mir

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