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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Händen durch die Haare zu fahren.
    »Hugh! Darling – wie schön, dich zu sehen!«
    Eine Weile spielte sie ihm die alte Maia vor, zog ihn an der Hand nach oben, um ihm den Lackparavent zu zeigen, den sie sich gekauft hatte, ging mit ihm in den Garten hinaus, damit er die Blumenrabatten bewundern konnte. Dann bemerkte sie, wie verwirrt und verletzt er aussah, und hörte auf zu lachen und zu plappern und blieb mit gesenktem Kopf neben dem Blumenbeet stehen.
    »Maia«, sagte er. »Soll ich gehen?«
    Sie sah, daß es ihm ernst war. Sie hätte es nicht ertragen, wenn er jetzt gegangen wäre und sie allein gelassen hätte. »Nein«, sagte sie leise. »Hugh. Bitte!« Sie begann zu weinen und wandte sich von ihm ab, um es vor ihm zu verbergen.
    »Wenn du mir nicht sagen willst, was los ist«, sagte er, »warum hast du mir dann geschrieben?«
    »Ich brauchte einfach Gesellschaft …«
    »Dann schreib einem der vielen jungen Männer, die es sicher kaum erwarten können, eine halbe Stunde mit dir allein zu sein.« Seine Stimme war hart; er hatte noch nie so mit ihr gesprochen. »Oder schreib Helen oder Robin.«
    »Helen würde es nicht verstehen, und Robin spricht ja kaum noch mit mir.« Trotzig drehte sie sich nach ihm um. »Du mußt doch gemerkt haben, daß Robin meine Geschäftsmethoden ablehnt. Vielleicht geht es dir ja genauso, Hugh? Vielleicht finden alle tugendhaft sozialistischen Summerhayes meine scheußlichen kapitalistischen Gewohnheiten verwerflich.« Sie hörte den Sarkasmus in ihren Worten.
    Einen Moment lang blitzten seine Augen so zornig wie die ihren. Dann lächelte er und sagte: »Ach, Maia! Du könntest sie alle in Ketten legen, und ich würde dich immer noch anbeten.«
    Sie brachte ein Lächeln zustande. »Du bist lieb, Hugh.« Sie hakte sich bei ihm ein. Während sie durch den Rosengarten spazierten, sagte er: »Helen hat einmal zu mir gesagt, wenn es dir schlechtginge, wirktest du immer ›gleißend‹. Sie meinte wohl – oh, hart und künstlich heiter und zynisch. Du bist seit Wochen so, Maia, und du hast mir immer noch nicht gesagt, warum. Mir tut das weh – es bedeutet, daß du in mir nur den armen alten Hugh siehst, den man nur ja nicht aufregen darf.«
    Seine Bitterkeit überraschte sie. Unter einem Rosenbogen blieb sie stehen und sah zu ihm hinauf.
    »Das ist es nicht, Hugh. Das ist es wirklich nicht.«
    »Nein? Dann sag mir, was es ist, Maia.«
    »Es ist …« Der Brief fiel ihr wieder ein, und sie drückte eine Hand auf den Mund, als wollte sie sich hindern, darüber zu sprechen. Aber sie wußte, daß sie es sich nicht leisten konnte, noch einen Freund zu verlieren.
    »Ich habe gestern einen Brief bekommen. Ich werde dir nicht sagen, was darin steht, aber es ist gräßlich.«
    »Einen anonymen Brief?«
    »Ja. Und ich dachte –« Sie brach ab. Sie brachte es nicht über sich, von dem eisigen Schrecken zu sprechen, der sie am vergangenen Abend erfaßt hatte.
    »Was, Maia? Maia!«
    »Ich dachte, er wäre von Vernon«, sagte sie niedergeschlagen. »Hure«, hatte Vernon zu ihr gesagt, bevor er sie vergewaltigt hatte. »Luder!«
    Sie ging weiter. »Ich weiß, was du gleich sagen wirst, Hugh. Daß er tot ist, daß ich mir nur einbilde, ihn zu sehen, weil ich durcheinander bin und übermüdet. Ich habe mir das alles schon selbst gesagt, immer wieder. Aber da ist eine kleine Ecke in mir, die ich einfach nicht überzeugen kann. Das ist das schlimme.«
    »Ich floh vor ihm durch die gewundenen Wege meines eigenen Geistes …«, murmelte Hugh.
    »Genau. Nur fliehe ich vor einem Gespenst, nicht vor einem Gott.« Wieder drückte sie die Hand auf den Mund. »Ich habe sogar dran gedacht, religiös zu werden, Hugh.« Sie versuchte zu lachen. »Aber ich bin eine zu große Sünderin, nicht wahr? Eine viel zu große Sünderin.«
    Kunden, die ein Kreditkonto bei Merchant unterhielten, kündigten ihre Verträge: Anfangs waren es nur ein oder zwei im Monat, dann wurden es mehr, zu viele, als daß man es hätte ignorieren oder als Zufall hätte bezeichnen können. Maia rief Liam Kavanagh in ihr Büro.
    »Ich habe hier einen Brief von Mrs. Huntly-Page, Liam.« Sie schob ihm das Blatt Papier über den Schreibtisch zu. »Sie hat seit fast zehn Jahren ein Kreditkonto bei uns, jetzt schreibt sie, daß sie es aufgeben will.«
    »Oh, verdammt.« Er sagte es sehr leise, aber sie hörte es dennoch. Sie fügte hinzu: »Das sind sechs Kündigungen diese Woche, fünfunddreißig in den letzten drei Monaten.«
    Er zuckte die

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