Das Winterhaus
vorgeschlagen, ein paar Schläger anzuheuern, um mit diesen Gerüchtemachern kurzen Prozeß zu machen. Kannst du dir das vorstellen, Hugh – zwei finstere Schurken, die Harold Frere in einer dunklen Gasse auflauern?«
Auch Hugh mußte lächeln. »Die Gummiknüppel gezückt –« Maia begann zu lachen und hatte Mühe, wieder aufzuhören.
»Weißt du, was uns fehlt, Maia?« Hugh stellte sein Glas weg und sah sie an. Sie nahm sich zusammen und schüttelte den Kopf.
»Wir waren beide niemals jung. Ich bin in den Krieg gegangen, sobald ich aus der Schule war, und du hast geheiratet, deinen Mann verloren und ein großes Geschäftsunternehmen übernommen, noch bevor du einundzwanzig warst. Wir hatten niemals Spaß. Ganz anders als Robin, die sich Jahre genommen hat, um sich die Hörner abzustoßen.«
Er stand aus seinem Sessel auf und drehte an den Knöpfen des Radioapparates, bis Tanzmusik den Salon erfüllte.
»Wir sollten vielleicht unsere Bildung vervollständigen.« Groß und anmutig stand er vor ihr und bot ihr seine Hand. »Was meinst du, Maia? Wollen wir tanzen? Wollen wir lernen, Spaß zu haben?«
12
Wenn man in der Politik vorwärtskommen wollte, mußte man, wie Francis mittlerweile gemerkt hatte, ganz unten anfangen und sich hochdienen. Besonders in der Labour Party waren vage Verbindungen zur Upperclass, eine Erziehung in einem nicht unbedingt feudalen Internat und ein gepflegter Akzent von zweifelhaftem Wert. Es wäre leichter gewesen, dachte Francis oft, wenn er seine Überzeugungen in den Wind geschlagen und sich den Konservativen angeschlossen hätte. Da hätte ihm sicher irgendein entfernter Verwandter mit Titel den Weg ebnen können, und er hätte sehr schnell einen sicheren und gemütlichen Sitz als Abgeordneter irgendeines Provinznests gehabt.
So jedoch mußte er an endlosen langweiligen Versammlungen teilnehmen, in kleinen Gemeindesälen quer durch London sprechen und immer, immer den alten Knackern, die das Sagen hatten, um den Bart gehen. Es ging alles viel zu langsam, und er merkte, wie er ungeduldig wurde. Immer schwerer fiel es ihm, gegen den Impuls anzukämpfen, zu sagen, was er wirklich dachte, wenn sie sich stundenlang über Absatz zehn irgendeines langweiligen Protokolls irgendeiner weiteren läppischen Resolution ausließen.
Er konnte sich dieses schleppende Tempo nicht leisten. Seit einiger Zeit reichte sein Wechsel immer nur noch für die erste Hälfte des Monats, und das hieß, daß er die restliche Zeit entweder von anderen lebte oder immer tiefer in Schulden geriet. Leute wie Guy, Selena und Diana hatten nie Geld, und die anderen, die Geld hatten – die, welche er für seine Freunde gehalten hatte –, waren nicht bereit, es zu verleihen. Ein- oder zweimal hatte er in letzter Zeit Robin angepumpt und sich, angewidert von sich selbst, geschworen, es nie wieder zu tun. Aber dauernd kamen diese Briefe von der Bank, er wagte sie schon gar nicht mehr zu öffnen. Und man mußte ja auch essen, man mußte ordentlich aussehen, sonst blieben einem gewisse Türen verschlossen. Das kostete alles ein Heidengeld.
In letzter Zeit ging ihm immer häufiger der Gedanke durch den Kopf, daß er zur Verbesserung seiner Situation vielleicht drastische Maßnahmen würde ergreifen müssen. Er ging die verschiedenen Möglichkeiten durch. Man konnte Geld erben, man konnte es verdienen oder man konnte es heiraten. Leider war er nicht mit Geld geboren worden, und er kannte sich gut genug, um sich einzugestehen, daß er kein überragendes Talent besaß, es zu verdienen. Sein Ehrgeiz, etwas Großes zu leisten, etwas Aufsehenerregendes, etwas, das ihn unsterblich machen würde, wurde ständig behindert vom prosaischen Geschäft des täglichen Überlebens. Blieb also nur die Heirat. Allein der Gedanke deprimierte ihn. Einige von Viviens Ehen hatten mit Scheidung geendet und einige mit dem Tod ihres Partners, aber keine hatte ihr mehr eingebracht als ein halb verfallenes Herrenhaus, ein paar Jahre relativen Wohllebens, ein paar Schmuckstücke, die in der nächsten Dürreperiode verkauft werden konnten. Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, daß er beim Heiraten eine glücklichere Hand haben würde als seine Mutter.
In Theo Harcourts Clique wiederaufgenommen, zog Francis von Nachtlokal zu Nachtlokal, von Fete zu Fete. Da er Theo zuvor einige Zeit gemieden hatte, war er auf Probezeit. Eines Abends, als er die ganze Bande beim Tanz im Springbrunnen in irgend jemands wohlgepflegtem Park angeführt hatte
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