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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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werden, mit einem Rudel Hunden und einer ewig stinkenden Pfeife. Und du?« Im flirrenden Licht sah er blinzelnd zu ihr auf.
    Sie dachte nie an die Zukunft. Sie hatte sich angewöhnt, ganz in der Gegenwart zu leben; sie wußte, wenn man sich der eigenen Vergangenheit nicht stellen konnte, war auf die Zukunft kein Verlaß.
    Sie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
    »Du wirst dich niemals verändern, Maia. ›Nicht kann sie altern, hinwelken, täglich Sehn an ihr nicht stumpfen die immer neue Reizung.‹«
    Hugh setzte sich auf und rieb sich den steifen Hals.
    »Rheumatismus, Darling«, spottete Maia und begann den Picknickkorb zu packen.
    Die Wolken am Himmel drängten sich zu einem gewaltigen amboßähnlichen Gebilde zusammen. Maia faltete die Decke. Hugh stellte den Korb hinten in den Wagen. Der Schatten der Wolken tauchte die Landschaft in dunklere Farben. Sie dachte, der Sommer ist zu Ende, und ihr war plötzlich sehr traurig zumute. Er hatte wohl den Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen, denn er kam zu ihr, nahm sie in den Arm und hielt sie einen Augenblick fest. »Es kommen noch viele Sommer«, sagte er, und dann begann es zu regnen. Schwer fielen die Tropfen auf den staubigen Boden, und sie liefen zum Wagen.
    »Wir fahren ihm davon.« Hugh ließ den Motor an.
    Zuerst glaubte sie, sie würden es schaffen. Nachdem Hugh den Wagen in einer großen Staubwolke herumgezogen hatte, lenkte er ihn in schneller Fahrt die Straße hinunter. Sie gelangten wieder ins Sonnenlicht und ließen die Schatten hinter sich zurück. Maia lachte. »Du hast es geschafft – du hast es geschafft!« Als sie Hugh ansah, sah sie ihre ausgelassene Freude in seinen Augen gespiegelt.
    Doch der Regen holte sie ein, als sie durch die Fens fuhren. Ströme eiskalten Wassers, mit winzigen Hagelkörnern untermischt, stürzten auf den offenen Wagen herab. In der Ferne hörte Maia Donner und schrie laut, als der Regen auf sie herunterprasselte. Das Motorengeräusch ging beinahe unter im Tosen von Regen und Donner. »Ich mach das Verdeck hoch«, schrie Hugh und fuhr an den Straßenrand.
    Sie sprang aus dem Wagen, um ihm zu helfen. Aber die Scharniere waren naß und saßen fest, und sie kam nicht mit ihnen zurecht. Er kam ihr zu Hilfe und versuchte mit ihr zusammen, das Verdeck aus der Halterung zu befreien. Und dann, sie konnte später nie sagen, wie es dazu kam, lag sie plötzlich in seinen Armen, und sie küßten sich, Regen und Donner vergessend.
    Sie nahm einzig seinen warmen Körper wahr, seine Arme, die sie hielten, seine Lippen, die ihre Stirn, ihre Augen, ihren Hals berührten. Und ihren Mund. Sie war sich nicht bewußt gewesen, wie sehr sie sich das von ihm gewünscht hatte. Ihr Verlangen nach ihm war blind und instinktiv, Ausdruck eines tiefen Bedürfnisses, gegen das Maia sich immun geglaubt hatte. Und nur einmal stand sie ganz flüchtig neben sich und sah zu, wie sie die selbstauferlegte Enthaltsamkeit der letzten fünf Jahre brach.
    Als er sie schließlich aus den Armen ließ, merkte sie, daß sie bis auf die Haut naß war. Ihr seidenes Kleid war ruiniert. Der Staub war zu Schlamm geworden, und der Regen strömte immer noch in Sturzbächen herab. Er hob ihren Kopf an, und als sie den Blick in seinen Augen sah, wußte sie, daß sie zum erstenmal in ihrem Leben einen Menschen vollkommen glücklich gemacht hatte. Die Erkenntnis erschütterte sie. »Liebster Hugh«, flüsterte sie, und obwohl das Brausen des Regens ihre Worte übertönte, wußte sie, daß er sie verstanden hatte.
    Sie setzten sich wieder in den Wagen und fuhren weiter. Sie sprachen kaum etwas. Cambridge wirkte hektisch und betriebsam nach der Stille der Fens. Es störte sie, daß Dienstboten in ihrem Haus waren. Und zum erstenmal störte sie auch die kalte, steife Pracht des Hauses – die Marmorböden, das dunkle, glänzende Holz, die langweiligen kleinen Stiche von Jägern und Pferden. Während sie im Bad saß, dachte Maia, daß sie das alles verändern würde. Blumen und Bücher und Unordnung wie bei den Summerhayes, dann würde es ein Zuhause sein, nicht nur ein Haus.
    Hugh hatte im Salon Feuer gemacht und stand davor, um sich zu trocknen, als Maia herunterkam. Sie aßen zusammen zu Abend, konnten aber gar nichts essen, tranken nur ein Glas oder zwei. Danach saßen sie bei leiser Radiomusik im Wintergarten, dessen breite Flügeltür geöffnet war, und blickten in den vom Regen aufgeweichten Garten hinaus. Es war immer noch warm, von der erhitzten Erde stiegen Dampfwolken

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