Das Winterhaus
das Amt des Mannes handgreiflich geworden.
Nach dem Abendessen, als Samuel in seinem Sessel schnarchte, ging Adam mit Susan in die Küche. Sie spülte, er trocknete ab.
»Wir gehen weg, Adam. Sobald wir den Hof verkaufen können.« Adam nickte. »Sam hat es mir schon gesagt. Er sagte, daß ihr hier schwer zu kämpfen habt.« Er blickte Susan in das schmale, müde Gesicht und dachte, daß der Umzug nicht früh genug kommen könne.
»Es fällt mir furchtbar schwer, weißt du – ich habe mein ganzes Leben hier gelebt –, aber wir schaffen es einfach mit dem Geld nicht mehr. Und mir geht's auch nicht allzu gut – der Arzt sagt, daß die Luft hier nicht gesund ist für mich. Der Mann von Sams Schwester ist letzte Weihnachten gestorben und hat ihr oben bei Lincoln ungefähr hundert Morgen hinterlassen. Gutes Land. Da ist es nur vernünftig, wenn wir da raufziehen und mit anpacken.«
»Ich bin sicher, es ist das beste, Sue«, sagte er zustimmend. »Ja, aber ich mach mir Sorgen wegen Helen.«
»Wegen Helen?«
»Sie hängt so an Michael. Vorsicht, mach das Glas nicht kaputt, Adam Hayhoe. Es ist eines von den guten.«
»Ich bin ganz vorsichtig.« Er trocknete sorgfältig das Glas und stellte es auf den Tisch. Er hatte immer den Verdacht gehabt, daß Julius Ferguson ein kalter, besitzergreifender Vater sei, aber gestern hatte er Heimtückischeres wahrgenommen. Helen war in einem klebrigen Netz egoistischer und unnormaler Liebe gefangen. Es drängte Adam, sie daraus zu befreien. Aber er wußte, daß er noch ein wenig Geduld haben mußte. Mit Unbehagen fragte er: »Hast du ihr gesagt, daß ihr weggeht?«
Susan nickte. »Vor zwei Wochen schon. Aber ich hatte den Eindruck, daß sie mir nicht glaubt.« Sie runzelte die Stirn. »Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich gar nicht zu ihr durchdringe. Es ist so, als hörte sie nur das, was sie hören will.«
»Wenn sie so sehr an Michael hängt, wie du sagst, ist es doch verständlich, daß sie eine Weile braucht, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, daß sie sich von ihm trennen muß. Es wird sicher wieder besser werden.«
Den Rest des Geschirrs trocknete er schweigend ab. Als Susan die feuchten Tücher an den Herd hängte und Teewasser aufsetzte, sagte Adam plötzlich: »Schreib mir, ja, Susan, wenn Helen dir Sorgen macht. Ich werde zwar ein bißchen herumziehen, aber ich lass dir ein paar Adressen da.«
Helen hatte erwartet, daß ihr Vater sie nach seinem Streit mit Adam Hayhoe damit bestrafen würde, daß er ihr seine Zuwendung entzog. Sie konnte sich vieler Beispiele aus ihrer Kindheit erinnern, wenn er sie nach irgendeiner kleinen Missetat mit eisiger Kälte behandelt und alle ihre ungeschickten Versuche, sich zu entschuldigen, zurückgewiesen hatte.
Aber er war aufmerksam und liebevoll. Er fuhr mit ihr nach Cambridge, um ihr Kleiderstoff zu kaufen, und sah sich sogar in Ely einen Film mit ihr an.
Helen war heiß, sie fühlte sich wirr im Kopf, als sie bei Merchant den Stoff aussuchen wollte. Sie konnte sich nicht erinnern, welches ihre Lieblingsfarben waren. Das Grün doch ganz sicher – aber als sie die apfelgrüne Baumwolle vor dem Spiegel unter ihr Gesicht hielt, sah sie, wie fahl und kränklich aussehend die Farbe sie machte. Ihr Vater schlug weiß vor. »Weiß macht sich bei einem jungen Mädchen immer am besten.« Helen kaufte eine Bahn Dimity und Musselin zum Füttern. Beim Zuschneiden und Heften fühlte sie sich innerlich unwohl, wußte aber nicht, warum.
Als sie das Kleid fertig hatte, probierte sie es an und zeigte sich ihrem Vater. Er war in seinem Arbeitszimmer und schrieb an seiner Predigt.
»Du siehst sehr hübsch aus, mein Kind, wirklich, sehr hübsch.« Sie sah den Beifall in seinem Blick. »Ich werde mich heute zum Abendessen umziehen. Man sollte doch die alten Sitten nicht vernachlässigen.«
An diesem Abend öffnete Julius Ferguson eine Flasche Sherry und zündete den Lüster im Speisezimmer an. Als er Helen ein Glas einschenkte, sagte er: »Ich kann es natürlich nicht gutheißen, wenn junge Mädchen Alkohol trinken, aber du hast in letzter Zeit wenig Extrafreuden gehabt, nicht wahr, mein Hühnchen?«
Es war heiß. Die Terrassentür war offen, und Falter flatterten um die Kerzen. Helen trank ihren süßen Sherry und sah zu, wie sie sich die Flügelspitzen an der offenen Flamme versengten.
Sie aßen gekochtes Schweinefleisch und hinterher Pudding mit Sirup. Ivy kochte jede Woche das gleiche, ohne Rücksicht auf die Jahreszeit.
Julius
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