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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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bezahlen soll, ist mir schleierhaft.«
    Joe folgte ihr nach oben ins Schlafzimmer und setzte sich aufs Bett, als sie begann, ein Kleid nach dem anderen anzuprobieren. Der Tag hatte schon schlimm angefangen, und er hatte den Verdacht, es könne eigentlich nur schlimmer werden. In dem Pub, in dem er über Mittag arbeitete, hatte es eine Prügelei gegeben. Jemand hatte ihm eine Flasche auf den Kopf geschlagen; vorsichtig betastete er, auf Clodies Kopfkissen sitzend, die Beule.
    Clodie stand in Hemd und Strümpfen vor ihm. Joe klopfte auf das Bett.
    »Bleiben wir doch einfach hier, Clodie. Da amüsieren wir uns bestimmt besser, als wenn wir ausgehen. Und du mußt nicht ewig nach einem Kleid suchen.«
    Sie entgegnete voller Verachtung: »Ich war die ganze Woche nicht aus, Joe Elliot. Und wenn dein Freund so nett ist, mich einzuladen … Ich kann nicht glauben, daß du mir den Abend verderben willst. Du weißt doch, daß ich kaum aus dem Haus komme … als Witwe mit einem kleinen Kind hat man es wirklich nicht leicht …« Aus der Verachtung war Weinerlichkeit geworden. Joe rieb sich die Augen und nahm sich zusammen.
    »In dem Ding mit den Blumen siehst du hinreißend aus, Clodie. Francis wird sagen, du siehst aus wie ein präraphaelitisches Gemälde.«
    Sie starrte ihn mißtrauisch an. »Ein was?«
    »Du weißt schon – ich hab sie dir in der Nationalgalerie gezeigt.«
    Zu seiner Erleichterung schlüpfte sie wieder in das geblümte Kleid. »Alabasterweiße Haut, große Augen und herrlicher Busen«, fügte Joe hinzu. Er schloß die Augen und wünschte, er könnte schlafen.
    In der Untergrundbahn gerieten sie nochmals in Streit miteinander. Der Zug war voll, und Clodie zerriß sich ihren Strumpf an irgend jemands Regenschirm. Francis hatte ein Restaurant in Knightsbridge gewählt. Eine unglückliche Idee, sah Joe sofort, als er durch die Tür trat. Die meisten Gäste waren in Abendkleidung. Der Ober musterte Joes abgetragenes Jackett und fadenscheinige Manschetten mit geringschätzigem Blick, doch Francis murmelte ihm irgend etwas zu – wahrscheinlich irgendeinen Unsinn von spleenigen reichen Verwandten, dachte Joe –, und der nächste Kellner führte sie katzbuckelnd zu einem halbwegs anständigen Tisch.
    Robin konnte in so einer feinen Bude natürlich bestehen. Sie trug das braune Samtkleid, in dem er sie zum erstenmal gesehen hatte, hervorragender Sitz, wahrscheinlich von irgendeiner unterbezahlten Schneiderin für sie gemacht. Von jemandem wie Clodie. Joe griff über den Tisch nach Clodies Hand, aber sie berührte nur flüchtig seine Fingerspitzen, ehe sie ihre Hand zurückzog, um eine Zigarette von Francis anzunehmen.
    Francis bestellte Champagner.
    »Richtig schön ist das hier«, sagte Clodie. »Feiern wir etwas?«
    »Ich hab ein Jubiläum.« Francis goß ihr ein Glas Champagner ein. »Ich hab vor zehn Jahren meine Unschuld an den Kapitän der Rugbymannschaft verloren.«
    Clodie sah schockiert drein.
    Joe versetzte gereizt: »Red keinen Quatsch, Francis.« Er wandte sich Clodie zu. »Gifford Press hat soeben einen großen Auftrag bekommen. Na ja – groß für uns jedenfalls.«
    »Und ich habe die erste Ausgabe meiner Zeitschrift fertig.« Stolz zog Francis das gefaltete Blatt aus seiner Tasche und legte es auf den Tisch.
    Der Titel, »Kaos«, war in schwarzen, eckigen Lettern gesetzt. Die Gedichte und Artikel, von Francis und verschiedenen seiner Bekannten, waren auf dem Titelblatt aufgeführt.
    Clodie beugte sich über den Tisch, so daß Francis ihre Zigarette mit der seinen anzünden konnte. »Du hast wirklich was auf dem Kasten, Francis.«
    Francis sagte vergnügt: »Und du siehst heute abend ganz besonders umwerfend aus, Clodie: Leider weiß das nur heutzutage kaum einer zu würdigen. Du hättest vor dreißig Jahren leben sollen, als Malermodell.«
    Clodie kicherte. Robin warf Joe einen kurzen Blick zu, dann sah sie in die Speisekarte. »Was wollen wir essen? Die Seezunge klingt doch gut, nicht wahr, Joe? Ich habe, seit ich in London bin, noch kein einziges Mal Seezunge gegessen.«
    Joe kippte ziemlich schnell ein Glas Champagner hinunter und versuchte sich zu konzentrieren. Dieser verdammte Kellner schwirrte dauernd mit hochnäsigem Gesicht um sie herum.
    »Joe ist mehr für die einfache nordenglische Kost, stimmt's, Joe?« Francis blies einen Rauchring. »Kutteln oder Schweinsfuß haben Sie wohl nicht, Ober?«
    Clodie kicherte wieder und warf ihr langes rotes Haar zurück. Francis füllte die Gläser

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