Das Winterhaus
ihre Stimme immer lauter und empörter wurde.
»Tja, das ist eine der Ungerechtigkeiten des Lebens, liebe Robin.« Er neigte den Kopf und küßte sie auf den Mund. »So. Ein kleiner Trostpreis.«
In ihrem benebelten Zustand wußte sie nicht, ob sie ihm böse sein oder lachen sollte. So sagte sie nur neugierig: »Was tust du da eigentlich?«
»Ich drucke zur Feier des Tages ein nettes kleines Flugblatt für meinen Vater.«
Die Presse kam ratternd in Gang und spie ächzend Papier zu Boden. Robin bückte sich und hob eines der Blätter auf. »Labour-Sieg«, las sie laut. »Triumph der Sozialisten bedeutet Ende des Privateigentums.«
»Dein Vater …?«
»Das ist sein schlimmster Alptraum.« Joes dunkle Augen zogen sich zusammen. »Daß aus Elliots Spinnerei eine Genossenschaft wird. Meine Seele würde ich dafür verkaufen.«
Robin blickte in die Küche hinüber, wo Diana gerade einen Pelzmantel über ihr schwarzes Kleid zog. Ihre grünen Augenlider waren ein wenig verschmiert. Die Wohnung begann sich zu leeren. Einige Nachzügler standen noch an der Tür herum, und als jemand vorschlug, noch in ein Nachtlokal zu gehen, gab es laute Zustimmung. »Ich glaube, ich gehe jetzt besser nach Hause … wie spät ist es eigentlich, Joe?«
»Fast vier«, antwortete er, und sie kreischte.
»Meine Wirtinnen –«
»Meiner Erfahrung nach ist es besser, gleich die ganze Nacht auszubleiben als nur die halbe. Da kann man sich dann mit irgendeiner beeindruckenden Entschuldigung herausreden, daß man plötzlich nach Hause fahren mußte, weil Mami bei der Vorbereitung des Gemeindefestes dringend Hilfe brauchte. Oder irgend so was.«
Sie kicherte. Sie war sich nicht sicher, ob sie überhaupt fähig sein würde, nach Hause zu gehen.
»Außerdem macht Francis gerade Kaffee.«
Die Wohnung hatte sich auf wunderbare Weise geleert. Nur Joe, Francis, sie selbst und die wummernde Druckerpresse waren noch da. Francis machte starken, süßen türkischen Kaffee, und sie tranken ihn auf dem Boden sitzend, mitten in einem Durcheinander von Luftschlangen, Papierschwalben und Zigarettenstummeln. Dann spielten sie Bezique und Poker um Streichhölzer. Und später lag Robin zwischen Joe und Francis im Bett. Joe schnarchte ein wenig, weil er auf dem Rücken lag, Francis' Arm lag lose um ihre Schultern.
3
Maia und Vernon heirateten im Juni. Es war eine kleine Feier, und sie fand in aller Stille statt: Maias Hochzeitskleid war aus cremefarbener Schantungseide mit einem weißen Gazeüberrock, der entgegen der Mode des Jahrzehnts knöchellang war. Sie trug einen Strauß weißer Lilien und im Haar ein Kränzchen aus den gleichen Blumen. Helen und Robin waren ihre einzigen Brautjungfern, und von den dreißig Gästen beim Hochzeitsfrühstück kannte Maia nur eine Handvoll.
In Vernons Automobil brachen sie noch am selben Tag zu ihrer Hochzeitsreise nach Schottland auf. Schottland im Juni war naß und kalt. Die Jagdhütte, in der sie ihre Flitterwochen verbrachten, war von schwarzen, nebelumhüllten Bergen umgeben. Vernon ruderte mit ihr auf einem Loch aus schwarzem Glas.
Nach vierzehn Tagen fuhren sie nach Cambridge zurück, und Vernon trug sie über die Schwelle seines Hauses. Die Dienstboten standen aufgereiht in der Eingangshalle und applaudierten höflich. Maias Blick wanderte über die lächelnden Gesichter, das funkelnde Glas und das glänzende Holz, all die glitzernden Dinge, die sie für immer von ihrer Vergangenheit zu trennen schienen, und ein Gefühl des Triumphs erfüllte sie.
Sie schrieb Robin nach London. »Nun habe ich also einen der Meilensteine im Leben einer Frau hinter mich gebracht.« Sie schrieb auch an Helen und lud sie zu einem Besuch ein. An einem warmen Augustnachmittag wartete sie im Wintergarten im rückwärtigen Teil des Hauses auf ihre Freundinnen. Sie trug ein langärmeliges blaues Leinenkleid von der gleichen Farbe wie ihre Saphirohrringe und ihre Augen. Das Kleid war raffiniert geschnitten, das Leinen nicht von der Sorte, das bei jeder Bewegung sofort knitterte.
Maia stieß einen Freudenschrei aus, als der Butler Helen und Robin hereinführte. »Ihr Schätze! Wie schön, euch zu sehen! Du siehst so gut aus, Helen – und du so braun, Robin. Ich muß mich vor der Sonne verstecken, ich werde immer nur rot.«
Sie küßte Helen und Robin auf die Wangen. »Ich hab mir gedacht, wir machen zuerst einen Rundgang durch das Haus.«
Sie nahm sich mehr als eine Stunde Zeit, um die ganze Pracht ihres neuen Hauses
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