Das Winterhaus
vorzuführen. Die Rennie-Mackintosh-Stühle, die Marion-Dorn-Teppiche, Vernons Sammlung von Lalique-Glas. Helen war voller Bewunderung, Robin nicht.
»Verläufst du dich hier nicht dauernd?« Robins Miene begann Maia zu ärgern.
Sie warf ihr einen scharfen Blick zu. »Natürlich nicht.«
»Du hast wahrscheinlich ein ganzes Regiment von Dienstboten, die sich um das Zeug hier kümmern.«
»Ein halbes Dutzend ganz genau, aber sie wohnen nicht alle im Haus.«
»Ein bißchen viel, findest du nicht, für zwei Personen?«
»Es ist ein wunderschönes Haus, Maia«, warf Helen besänftigend ein. »Ich kann mir vorstellen, wie stolz du bist.«
Den Tee tranken sie auf dem Rasen unter der Buche. Der Garten war wie das Haus bis ins letzte gepflegt und strotzte von kleinen Lauben, Spalieren und Springbrunnen. Maia goß den Tee ein. Ein Schatten fiel über das weiße Damasttischtuch, und als sie aufsah, stand Vernon vor ihnen.
Sie stellte die Teekanne nieder. »Du kommst früh, Darling.«
Er küßte sie. »Ich mußte einige Papiere aus meinem Arbeitszimmer holen. Winterton hat mir gesagt, daß ihr hier draußen seid.«
Winterton war der Butler. Maia war ungeheuer stolz darauf, einen Butler zu haben.
»Vernon – das ist Helen – und Robin …«
Er gab beiden Frauen die Hand.
»Du trinkst doch mit uns Tee, Darling?«
Mit einem Blick auf seine Uhr erwiderte Vernon: »Ich muß sofort wieder los. Ich habe den ganzen Nachmittag Besprechungen. Sie müssen mich entschuldigen, meine Damen.«
Er ging über den Rasen davon, und Maia sah ihm mit einer Mischung aus Groll und Erleichterung nach. Robin, deren Blick der sich entfernenden Gestalt ebenfalls folgte, sagte: »Wir sollten anstoßen. Auf Meilensteine, die wir hinter uns gebracht haben – oder so was.«
Maia fühlte, wie sie rot wurde. »Ich nehme an, Robin, du bist immer noch –«
» Virgo intacta? Leider ja. Hilfreiche Tips und Ratschläge sind jederzeit herzlich willkommen, nicht wahr, Helen?«
Maia funkelte Robin an. Robin funkelte zurück. Dann lehnte Maia sich mit einem kleinen Lächeln in ihrem Sessel zurück, winkte dem Mädchen und befahl ihr, eine Flasche Champagner zu bringen.
Maia öffnete die Flasche selbst. Champagner ergoß sich über den schmiedeeisernen Tisch und tropfte schäumend auf den Rasen.
»Auf die verlorene Unschuld …« Maia hob ihr Glas. »Es war einfach göttlich. Ihr könnt es euch nicht vorstellen. Es ist nicht leicht, es jemandem zu beschreiben, der …«
»Der es noch nicht erlebt hat?« meinte Robin.
Maia zuckte die Achseln. »Wir waren in einem Hotel auf dem Weg nach Schottland. Ich hatte ein absolut hinreißendes Satinnegligé an. Vernon war unglaublich sanft und rücksichtsvoll. Er ist schon vierunddreißig, wißt ihr«, fügte sie hinzu und sah dabei Robin an. »Unheimlich erfahren natürlich. Ich kann mir nicht denken, wie es mit einem jüngeren Mann wäre. Ziemlich scheußlich vielleicht.«
Nachdem Robin und Helen sich verabschiedet hatten, ging Maia in ihr Zimmer hinauf, um sich zum Abendessen umzuziehen. Ihr Schlafzimmer war ganz besonders luxuriös: Die großen Fenster mit Blick auf den Garten waren in Wolken zarten weißen Stoffs gehüllt, und der cremefarbene Teppich war dick und flauschig. Eine Wand wurde ganz von Schränken eingenommen, und das anschließende Badezimmer hatte eine Marmorwanne und goldene Armaturen. Maia hatte auf die Marmorwanne und den goldenen Armaturen bestanden.
Ihr Mädchen hatte das Bad schon einlaufen lassen. Maia ließ sich von ihr das Leinenkleid aufknöpfen, dann entließ sie sie. Allein in ihrem Badezimmer, stieg sie aus dem blauen Leinen und ließ es zu Boden fallen. Es war eigentlich viel zu heiß gewesen, um ein langärmeliges Kleid zu tragen. Aber sie hatte keine Wahl gehabt: Ihre schlanken Arme waren beide voller blauer Flecken. Wie Saphire, dachte Maia, als sie sich in das parfümierte Wasser sinken ließ.
Clodie öffnete Joe die Tür. Sie hatte Lockenwickel im Haar und die Unterlippe vorgeschoben wie Lizzie, wenn sie trotzte.
»Die Frau, die auf Lizzie aufpaßt, ist eben erst gekommen, und ich habe überhaupt nichts anzuziehen.«
»Du siehst doch gut aus.« Sie trug ein grün-weiß kariertes Baumwollkleid und weiße Strümpfe.
»In dem Ding?« Clodie verzog geringschätzig den Mund. »Das alte Fähnchen hab ich seit Jahren. Ich weiß überhaupt nicht, wann ich mir das letztemal was Neues gekauft habe. Der Arzt hat Lizzie eine spezielle Diät verschrieben – wie ich das
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