Das Winterhaus
glaube, ich habe eben sein Auto gehört.«
Einen Moment zögerte Robin. »Kann ich dir nicht –?«
Maia lächelte spöttisch. »Wie ritterlich von dir, Robin. Nein, ich glaube nicht.«
Robin umarmte Maia und drückte sie an sich. Sie hörte, wie Maia tief Atem holte, dann fühlte sie sich weggeschoben.
»Wenn du mich jemals brauchen solltest … schreib mir einfach, Maia. Du weißt, wo ich wohne.«
Als sie sich zum Gehen wandte, faßte Maia sie beim Ellbogen und hielt sie auf. »Du erzählst keinem Menschen von Vernon und mir, Robin. Niemandem. Schwörst du mir das?«
Im Bann dieser großen, hellen, verletzten Augen nickte sie. »Ja, ich schwör es dir.«
Als Helen von der Bushaltestelle nach Hause ging, riß der bitterkalte Wind die Päckchen aus ihrem Korb und schleuderte sie zu Boden. Adam Hayhoe, der gerade sein Wintergemüse hackte, hielt inne und half ihr, die Sachen wieder einzusammeln.
Als sie die Päckchen mit dem leichten Stoff, dem Faden und dem Futterstoff wieder in ihren Korb geworfen hatte, sagte sie atemlos: »Vielen Dank, Adam. So ein Wind!«
»Ja, scheußlich, nicht wahr, Miss Helen?«
Eine Böe riß an ihrem Hut. Mit einem kleinen Aufschrei griff Helen nach der Krempe und ließ ihren Korb wieder fallen.
Ihr Hut verfing sich in dem Rosenbusch, der an der Pforte zum Häuschen der Hayhoes wuchs. Adam löste ihn von den Dornen, und Helen rief: »Schauen Sie doch! Sie haben eine Rose, Adam. Mitten im Dezember.«
Er brach die gelbe Blüte ab und schob sie unter das Band ihres Huts. »So. Sieht hübsch aus, nicht?«
Sie lächelte ihn an, und er nahm ihren Korb und ging an ihrer Seite den Weg entlang zum Pfarrhaus.
»Wie geht das Geschäft, Adam?«
»Ich arbeite seit ungefähr einem Monat oben im Großen Haus. Ich repariere die Fensterrahmen und die Küchenschränke.« Adam sah zu Helens Korb hinunter. »Ich höre, daß Sie selbst auch recht fleißig arbeiten, Miss Helen.«
In einem Dorf, das so klein war wie Thorpe Fen, gab es keine Geheimnisse. Helen errötete.
»Ich schneidere ein bißchen. Dazu brauche ich das alles.« Sie wies auf die Päckchen in ihrem Korb.
Sie hatten das Tor zum Pfarrhaus erreicht, und Adam übergab Helen den Korb.
»Besser als diese fertig gekauften Sachen, nicht wahr, Miss Helen?« sagte er, berührte kurz seine Mütze und ging davon.
Sie sperrte die Haustür auf. Es war mitten am Nachmittag, doch da es der erste Donnerstag des Monats war, befand sich Julius Ferguson in Ely, zu Besuch beim Bischof. Helen ging zuerst in die Küche, wo Betty dabei war, Gemüse und Fleisch für einen Eintopf zu schneiden, und Ivy, das Küchenmädchen, die Speisekammer ausräumte.
Danach setzte sie sich ins Speisezimmer an den Tisch und beantwortete die Korrespondenz ihres Vaters. Pastor Ferguson pflegte jeden Brief mit einigen kurzen Notizen zu versehen; Helen brachte die Antworten dann in die angemessene Form. Auf der Kredenz stand eine große Sepia-Fotografie von Florence Ferguson, umrahmt mit einem Kränzchen aus gepreßten Schneeglöckchen. Unter der Fotografie stand in geschwungener Schrift der Satz: »Die weiße Blume eines reinen Lebens«. Helen hatte eine Decke um die Schultern – Betty machte im Speisezimmer niemals vor sieben Uhr Feuer –, und Percy, ihr Kater, lag auf ihrem Schoß zusammengerollt. Als sie die Korrespondenz erledigt hatte, schnitt sie die drei Blusen aus, die die Frau des Archidiakons bei ihr bestellt hatte. Sie hatte sie ihr bis zum Ende der Woche versprochen und wollte sie unbedingt rechtzeitig fertig haben. Sie hatte die Fahrt nach Ely, um den Stoff zu kaufen, mehrmals verschieben müssen, weil immer wieder etwas dazwischengekommen war – der Weihnachtsmarkt, das Protokoll der Gemeindeversammlung und natürlich die täglichen Haushaltsarbeiten.
Die zugeschnittenen Stücke faltete Helen sorgfältig und legte sie in ihren Nähkorb. Das Speisezimmer erschien ihr sehr groß und dunkel und still. Betty und Ivy waren nach Hause gegangen, zu ihren Familien im Dorf. Die Fergusons hatten keine Dienstboten, die im Haus lebten. Helen zündete zwei Petroleumlampen an, aber ihr Licht riß nur kleine Löcher in die Dunkelheit. Sie wünschte, sie hätten ein Radio, aber ihr Vater hielt nichts von Radioapparaten. Die Katze war gelangweilt hinausgelaufen. Helen nahm das kleine Buch aus ihrem Nähkorb und schrieb auf, was sie in Ely für den Stoff ausgegeben hatte. Das war immer das Schlimmste. Das Nähen machte ihr Freude, aber mit dem Geld kam sie überhaupt
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