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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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darüber, in was für Verhältnissen sie leben. Ich weiß nicht immer, ob die Familien Arbeit haben oder nicht. Es ist dringend eine genaue Studie nötig, Robin, die die Verbindung zwischen Armut und Krankheit untersucht. Die Politiker versuchen ja dauernd zu leugnen, daß eine solche Verbindung überhaupt besteht. Es müssen Aufsätze geschrieben werden – vielleicht auch ein oder zwei Bücher –, es muß Material her, mit dem die Öffentlichkeit sich auseinandersetzen kann. Aber ich brauche eine Assistentin. Ich habe nicht die Zeit, das alles selbst zu tun.«
    Sie konnte nicht anders als lächeln. »Und ich soll Ihnen helfen?«
    »Was halten Sie davon?«
    »Ich würde es liebend gern tun. Wirklich, Neil.«
    »Das hatte ich gehofft. Und Sie haben einen klaren, methodischen Verstand, Robin, wenn Sie sich die Mühe machen, ihn zu gebrauchen. Also, wie ist es? Wollen wir Partner werden?«
    Zum erstenmal hatte sie das Gefühl, daß ihr eine Arbeit angeboten wurde, die ihr selbst wirklich wichtig war. Nützliche Arbeit, durch die sich vielleicht etwas verändern würde. »Ja«, antwortete sie. »Mit Freuden.«
    »Aber es wird harte Arbeit werden«, warnte er sie. »Ich kann Ihnen ein Eckchen in der Krankenhausapotheke für Ihre Unterlagen abtreten, aber die meiste Zeit werden Sie allein fertig werden müssen. Sie werden viel auf Achse sein und viele schlimme Dinge zu sehen bekommen. Und es wird noch schlimmer werden, Robin – ich weiß es. Bis jetzt haben uns nur die Ausläufer des Zusammenbruchs der amerikanischen Wirtschaft berührt.«
    Er begann Akten in Schubladen zu werfen, packte sein Stethoskop und seine Thermometer weg. Als er sah, daß sie immer noch dasaß, sagte er: »Sie sagten vorhin, daß zwei Dinge Ihnen im Kopf herumgehen. Das eine hätten wir erledigt. Was ist das andere?«
    Robin wollte auf keinen Fall rot werden. »Ich habe einen Liebhaber, Dr. Mackenzie«, erklärte sie stolz. »Und ich möchte ihn nicht heiraten und ich möchte auf keinen Fall jetzt ein Kind. Deshalb wollte ich fragen, ob mir vielleicht jemand ein Diaphragma einsetzen kann.«
    Robin war froh, daß sie während des amtlichen Leichenschauverfahrens Daisy an ihrer Seite hatte, auch wenn die Kluft zwischen ihr und ihren Eltern sich vergrößert hatte. Das Mitgefühl Richards und Daisys mit Maia, die sie beide sehr gern hatten, war ungetrübt. Robins war es nicht.
    Nüchtern und sachlich wurde bei dem Verfahren berichtet, wie Vernon Merchant auf der Treppe seines Hauses gestürzt war und an den Folgen eines Schädelbruchs durch den Aufprall auf den Marmorfußboden der Eingangshalle gestorben war. Seine Frau war zur Zeit des Todes allein mit ihm gewesen; die Dienstboten waren entweder nach Hause gegangen oder hatten sich in ihre Zimmer in der Mansarde des Hauses zurückgezogen. Mr. Merchant, der an diesem Abend eine Weihnachtsfeier für sein Personal gegeben hatte, hatte den ganzen Abend stark getrunken.
    Eine Prozession von Zeugen – Arzte, Polizeibeamte, Hausangestellte der Merchants – marschierte auf. Als Maia schließlich in den Zeugenstand trat und ihren Schleier zurückschlug, sah Robin, daß ihr Gesicht bleich war und ihre großen blauen Augen dunkel umschattet. Maia nannte dem Coroner das Datum ihrer Eheschließung und gab an, wie lange sie ihren Mann vor ihrer Heirat gekannt hatte. Als der Coroner sie fragte, ob die Ehe glücklich gewesen sei, hielt Robin gespannt den Atem an.
    »Wir waren sehr glücklich, Euer Ehren. Sehr glücklich.«
    Robin erinnerte sich jener anderen Untersuchung, als es um den Tod Jordan Reads gegangen war. Auch damals hatte Maia gelogen.
    Maias Gesicht hatte den starren, gemeißelten Ausdruck einer Renaissance-Pieta, als sie dem Gericht die Ereignisse am Todestag ihres Mannes schilderte. Sie sei nach London gereist, um eine Freundin zu besuchen, Miss Summerhayes, habe diese jedoch nicht angetroffen, da sie im Ausland gewesen sei. Danach habe sie ihren Zug verpaßt und sei mit Verspätung nach Hause gekommen. Sie habe sich mit ihrem Mann zusammen um die Gäste gekümmert und sei später, als die Gäste alle gegangen waren, nach oben gegangen, um sich schlafen zu legen. Ihr Mann sei ihr nachgelaufen, um sie einzuholen, und war auf der Treppe gestolpert. Maias Stimme zitterte, als sie beschrieb, wie sie versucht hatte, ihn zu halten, aber ihn nicht hatte erreichen können. Der Coroner ließ ihr ein Glas Wasser bringen und entließ sie dann aus dem Zeugenstand.
    Das Urteil, daß der Coroner wenig

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