Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
Eingangshalle umsah. Die Luft war kühl und feucht, und irgendein kleines Tier – eine Maus, hoffte Joe – huschte schnell in die Küche, als Francis die schweren Vorhänge aufzog.
    Sie plünderten Kisten und Truhen, Schränke und Kleiderkammern. Selena nahm das Haus mit ihrem Künstlerblick in Augenschein, machte Vorschläge und gab Anweisungen, während Francis und Joe schwankend auf Leitern und Geländern balancierten, um Wandbehänge festzumachen und die Möbel mit schwarzem Musselin, den Selena aus London mitgebracht hatte, zu verhüllen. Robin schnitt aus Seidenpapier Spinnweben, und Guy schnitt die Brotlaibe in der Küche in dicke Scheiben, wobei er in tragischem Ton Byron und Shelly deklamierte.
    Um fünf Uhr fuhr draußen im Hof Angus' Rolls vor. Angus lud Wein aus, während Vivien sie alle unter Freudengekreisch umarmte. »Das Essen ist bestellt«, sagte Angus. »Es müßte jeden Moment kommen.«
    Es kam um sieben, da der Fahrer der Lieferfirma sich in der Wildnis von Suffolk hoffnungslos verfahren hatte. Francis begann wieder in den Schränken zu stöbern und warf Joe, Robin, Selena und Guy muffig riechende, mottenzerfressene Gewänder aus schwarzer Seide und karminrotem Samt zu. Robin, die sich für ein langes schwarzes, schlauchenges Kleid entschieden hatte, mußte den Saum mit Sicherheitsnadeln hochstecken. Zu dem Kleid gehörte ein halblanger Umhang aus gazeartigem graumeliertem Stoff. Sie sah aus wie eine Fledermaus, dachte sie, eine kleine, düstere schwarze Fledermaus. Sie puderte sich das Gesicht, um ihm die angemessene interessante Blässe zu verleihen, umrandete ihre Lippen mit dem dunkelsten Rot, das sie finden konnte, und freute sich darauf, einen ganzen Abend mit Francis zu verbringen. Francis' immer verzweifelter werdendes Bemühen, einen Geldgeber für seine Zeitschrift zu finden, hatte in den letzten Wochen den größten Teil seiner Zeit in Anspruch genommen. Und auch ihr eigenes Leben war in letzter Zeit in einen Wirbel geraten, der sie ständig zwischen Arbeit und Vergnügen hin- und hertrieb. Sie hatte manchmal den Eindruck, sie vollführte eine schwierige Zirkusnummer und müßte höllisch aufpassen, damit nicht all die zerbrechlichen Glaskugeln klirrend zu Boden fallen würden. Die Tür öffnete sich, und Francis kam herein. Er legte seine Hände auf ihre Schultern, und sie betrachtete sein Bild im Spiegel des Toilettentischs. Sein Haar wirkte im dämmrigen Licht, das durch das kleine Fenster hereindrang, sehr hell, und sein Gesicht war blaß und beschattet. Sie neigte ihren Kopf zur Seite und legte ihre Wange auf seine Hand und atmete mit geschlossenen Augen den Duft seiner Haut ein. Er küßte ihr Haar und begann ihren Busen zu streicheln. Sie merkte, daß er die Haken öffnete, die sie gerade erst zugemacht hatte.
    »Francis, das Fest –«
    »Das Fest kann warten.« Francis stieß mit dem Fuß die Tür zu. Sie liebten sich in dem großen Himmelbett, hitzig und leidenschaftlich, zu ungeduldig, um sich ganz zu entkleiden. Draußen fuhren die Wagen vor, und Gäste rannten einander zurufend durch die Gänge. Doch für Robin gab es nur Francis und das beiderseitige Verlangen, das unersättlich zu sein schien.
    Zum Abendessen gab es ein Buffet, bei dem es chaotisch zuging: sechzig Gäste drängten sich im großen Saal, während Bedienungen mit Tabletts voller vertrockneter Canapés und zusammengefallener Vol-au-vents zwischen ihnen herumschwirrten. Francis sprach mit Vivien und Angus über Kaos. Vivien lächelte dankbar, als Angus ihr Weinglas auffüllte.
    »Soviel harte Arbeit, Darling. Mit der Rechtschreibung und der Interpunktion und solchen Dingen habe ich es leider gar nicht.«
    Angus tätschelte Vivien die Hand. »Wer braucht Intelligenz, wenn man so schön ist wie du, Vivi, Darling.«
    »Ich mußte mich ein Leben lang auf meinen Witz verlassen.«
    Francis zog leicht die Augenbrauen hoch. »Aber ich fürchte, daß die Zeitschrift eingeht. Ich bin wahnsinnig knapp bei Kasse.« Er wirkte niedergeschlagen.
    »Und wie«, fragte Angus, während er seinen Teller mit einem Brötchen abwischte, »willst du dich dann über Wasser halten, alter Junge, wenn ich fragen darf?«
    »Guy hat ein Stück geschrieben. Mit einer ganz phantastischen Rolle. Wir suchen jemanden, der es herausbringt. Damit könnte man etwas Geld aufbringen.«
    »Da mußt du mit Freddy sprechen.« Vivien berührte Francis' Hand. »Er hat irgend etwas mit Theater zu tun. Er ist ein schrecklicher alter Sauertopf, aber er

Weitere Kostenlose Bücher