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Das Wirken der Unendlichkeit

Das Wirken der Unendlichkeit

Titel: Das Wirken der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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als Führer an und werde für dich ein Schlüssel sein, der viele geheime Türen bei den Yaqui öffnen kann. Wie du an meiner Erscheinung sehen kannst, bin ich ein Mann mit Geschmack und Vermögen.«
    »O ja, du hast eindeutig einen guten Geschmack«, versicherte ich ihm.
    »Ich will damit sagen«, fuhr er fort, »für eine kleine Summe, die du höchst angemessen finden wirst, bringe ich dich zu den richtigen Leuten. Das sind Leute, denen du jede Frage stellen kannst. Und für ein klein wenig mehr werde ich ihre Antworten für dich wörtlich ins Spanische oder Englische übersetzen. Ich spreche auch französisch und deutsch, aber ich habe den Eindruck, diese Sprachen interessieren dich nicht.« »Da hast du recht. Du hast völlig recht«, sagte ich. »Diese Sprachen interessieren mich überhaupt nicht. Aber wie viel verlangst du dafür?«
    »Ah! Mein Honorar?« Er zog ein in Leder gebundenes Notizbuch aus der Gesäßtasche, schlug es auf und machte sich schnell ein paar Notizen. Dann schloß er das Notizbuch wieder und schob es geschickt und ebenso schnell in die Tasche zurück. Ich wusste, er wollte den Eindruck von Effizienz und Schnelligkeit im Umgang mit Zahlen vermitteln.
    »Ich werde dir fünfzig Dollar am Tag berechnen, mit Transport und zuzüglich Mahlzeiten. Ich meine, wenn du etwas isst, dann esse auch ich. Was sagst du dazu?« In diesem Augenblick beugte er sich vor und erklärte beinahe flüsternd, wir sollten ab jetzt lieber englisch sprechen, denn er wolle nicht, daß die Leute etwas über die Art unserer Geschäfte erfahren würden. Dann redete er zu mir in einer Sprache, die alles andere als englisch war. Ich war hilflos. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich wurde immer unruhiger, während der Mann völligen Unsinn redete, als sei es die natürlichste Sache von der Welt. Er ließ sich nichts anmerken. Er gestikulierte angeregt mit den Händen und deutete in verschiedene Richtungen, als erkläre er mir etwas. Ich hatte nicht den Eindruck, daß er eine richtige Sprache sprach, aber vielleicht war es die Sprache der Yaqui. Wenn Leute an unserem Tisch vorbeigingen und uns ansahen, nickte ich und sagte: »Ja, ja... richtig.« Einmal sagte ich: »Das kann man wohl sagen.« Das fand ich so komisch, daß ich lachen musste. Er lachte auch, als hätte ich wirklich etwas sehr Komisches gesagt. Er musste gemerkt haben, daß ich schließlich mit meinem Latein am Ende war. Aber bevor ich aufstehen und ihn davon schicken konnte, redete er wieder spanisch. »Ich möchte dich nicht mit meinem albernen Gerede langweilen«, sagte er. »Aber wenn ich dein Führer sein soll, wie ich doch annehme, werden wir viele Stunden miteinander reden. Ich habe dich auf die Probe gestellt, um zu sehen, ob man sich gut mit dir unterhalten kann. Wenn ich mit dir durch die Gegend fahre, dann brauche ich jemanden, der ein gutes Aufnahmevermögen hat und etwas in Gang setzen kann. Ich bin froh, dir sagen zu können, daß du zu beidem in der Lage bist.«
    Dann stand er auf, schüttelte mir die Hand und ging. Wie auf ein Stichwort trat der Besitzer des Restaurants an meinen Tisch, lächelte und legte wie ein kleiner Bär den Kopf von einer Seite auf die andere. »Ist er nicht großartig?« fragte er. Ich wollte mich nicht festlegen, und Senor Reyes berichtete mir unaufgefordert, daß Jörge Campos im Augenblick Vermittler bei einer äußerst heiklen und gewinnträchtigen Transaktion sei. Er sagte, einige amerikanische Minengesellschaften seien an den Eisen- und Kupfervorkommen auf dem Gebiet der Yaqui-Indianer interessiert und Jörge Campos stehe kurz davor, etwa fünf Millionen Dollar für seine Vermittlung zu kassieren. Da wusste ich, daß Jörge Campos ein Betrüger war. Es gab keine Eisenoder Kupfervorkommen auf dem Gebiet der Yaqui. Wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätten private Gesellschaften die Yaqui umgesiedelt. »Er ist großartig«, sagte ich. »Ich habe noch nie so einen unglaublichen Typen kennengelernt. Wie kann ich ihn wieder treffen?«
    »Keine Sorge«, erklärte Senor Reyes, »Jörge hat sich bei mir ausführlich nach Ihnen erkundigt. Er hat Sie beobachtet, seit Sie hier sind. Vermutlich wird er noch heute oder morgen an Ihre Tür klopfen.« Senor Reyes hatte recht. Ein paar Stunden später weckte mich jemand aus meinem Mittagsschlaf. Vor der Tür stand Jörge Campos. Ich hatte vor, Guaymas am frühen Abend zu verlassen, und wollte die ganze Nacht hindurch bis nach Kalifornien fahren. Ich sagte ihm,

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