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Das Wirken der Unendlichkeit

Das Wirken der Unendlichkeit

Titel: Das Wirken der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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brauchte. Alles, was zwischen uns geschehen war, seien jugendliche Dummheiten gewesen, die zwar niemals rückgängig gemacht werden könnten, aber unter den Teppich gekehrt werden mussten.
    Als ich sie fragte, welches Geschenk ich ihr als Zeichen meiner Dankbarkeit und Zuneigung machen könnte, lachte sie und wiederholte das, was Patricia Turner erklärt hatte - ich hätte keinen Penny und würde nie Geld haben, denn das sei einfach mein Wesen. Doch ich bestand darauf, daß sie einen Wunsch äußerte. »Kannst du mir einen Kombi kaufen, in dem alle meine Kinder Platz haben?« fragte sie lachend. »Ich wünsche mir einen Pontiac oder ein Oldmobile mit allem Drum und Dran.«
    Sie sagte das, weil sie fest davon überzeugt war, daß ich ihr unmöglich einen so teuren Wagen schenken konnte. Aber genau das tat ich.
    Der Autoverkäufer gab mir seinen Wagen, als er Sandra am nächsten Tag den Kombi übergab. Ich saß ohne ihr Wissen in dem geparkten Wagen und hörte ihre Überraschung. Doch für sie als sinnesbetonten Menschen war es kein Ausdruck des Entzückens. Es war eine körperliche Reaktion, ein gequältes, verwirrtes Schluchzen. Sie weinte, aber ich wusste, sie weinte nicht über das Geschenk. Ihre Tränen waren das Zeichen eines Verlangens, das in mir seinen Widerhall fand. Ich sank betroffen auf dem Sitz des Wagens in mich zusammen. Auf der Zugfahrt nach New York und dem Rückflug nach Los Angeles hielt sich bei mir hartnäckig das Gefühl, mein Leben gehe zu Ende. Das Leben schien mir wie Sand durch die Finger zu rinnen. Ich fühlte mich keineswegs dadurch befreit oder verändert, daß ich mich bedankt und verabschiedet hatte. Im Gegenteil, die Last der verrückten Liebe schien noch schwerer als zuvor zu sein. Mir war nach Weinen zumute. Ich dachte unaufhörlich an die Titel, die mein Freund Rodrigo Cummings für Bücher erfunden hatte, die nie geschrieben werden würden. Seine Spezialität war das Schreiben von Titeln. Sein Lieblingstitel hieß: Wir werden alle in Hollywood sterben. Ein anderer war: Wir verändern uns nie, und mein Lieblingstitel, den ich ihm für zehn Dollar abgekauft hatte, lautete: Das Leben und die Sünden des Rodrigo Cummings. Alle diese Titel gingen mir durch den Kopf. Ich war Rodrigo Cummings und war von der Zeit und dem Raum in eine Sackgasse getrieben worden. Ich liebte zwei Frauen mehr als mein Leben, und daran würde sich nie etwas ändern. Und wie alle meine Freunde, so würde auch ich in Hollywood sterben. All das erzählte ich Don Juan in meinem Bericht über das, was ich für meinen Pseudo-Erfolg hielt. Er wischte meine Gedanken ungerührt beiseite und erklärte, meine Gefühle seien lediglich das Ergebnis von Übertreibungen und Selbstmitleid. Wenn ein Zauberer sich verabschieden und sich bedanken wolle, und wenn er es aufrichtig meine und seinen Entschluß auch durchführen werde, so meinte Don Juan, dann müsse er sich neu erschaffen.
    »Distanziere dich auf der Stelle von deinem Selbstmitleid«, befahl er mir. »Hör auf, dir einzureden, du seist verletzt, und dann frage dich, was wirklich als Rest bleibt.«
    Als Rest blieb mir das Gefühl, daß ich beiden Frauen mein schönstes Geschenk gemacht hatte, aber nicht in der Absicht, etwas zu erneuern oder jemanden zu verletzen, einschließlich meiner selbst, sondern in der aufrichtigen Haltung, die mir Don Juan gezeigt hatte - in der Haltung eines Krieger-Wanderers, dessen einzige Tugend es ist, die Erinnerung an das lebendig zu erhalten, was ihn berührt hat, und dessen einzige Art eines Danks und eines Abschieds die magische Handlung war, in seiner Stille das zu bewahren, was er geliebt hat.

 
Jenseits der Sprache

 
Das Öffnen
    Ich lag in Don Juans Haus in Sonora im Bett und schlief tief und fest, als mich Don Juan weckte. Ich war praktisch die ganze Nacht wach gewesen und hatte über Ideen nachgegrübelt, die er mir erklärt hatte. »Du hast dich lange genug ausgeruht«, sagte er beinahe unfreundlich, während er mich an den Schultern schüttelte. »Überlaß dich nicht dem Gefühl, erschöpft zu sein. Es ist weniger Erschöpfung als dein Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden. In dir lehnt sich etwas dagegen auf, gestört zu werden. Aber es ist sehr wichtig, daß du dich so lange zur Wehr setzt, bis der Widerstand gebrochen ist. Komm, wir wollen eine Wanderung machen.« Don Juan hatte recht. Es gab etwas in mir, das sich heftig dagegen auflehnte, nicht in Ruhe gelassen zu werden. Ich wollte tagelang schlafen und nicht mehr an

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