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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
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rasselnd in ihren Ohren, der Gazestoff schirmte die Sinne ab. »Ich könnte genauso gut unter Wasser laufen«, murmelte sie und sah mit einem Mal eine Wand vor sich aufragen. Sollte ich doch auf dem richtigen Weg sein?, dachte sie hoffnungsvoll und zog sich an einem Felsvorsprung hoch, ließ sich da hinter auf den Boden fallen und versuchte zu Atem zu kommen. Was hatte sie geritten, ausgerechnet hierher zu laufen? War es Covingtons seltsame Bitte wert, dass man sich sehenden Auges ins Unglück stürzte? Mary schüttelte den Kopf. »Eine schöne Wissenschaftlerin bist du«, brummte sie.
    Doch in ihrem Inneren arbeitete es, und immer öfter erwischte sie sich bei dem Gedanken, ob Covington nicht recht hatte. Würde sie es bereuen, nicht gesucht zu haben? Wieder zurück in England würde es womöglich keine weitere Gelegenheit mehr geben. Also suchte sie. Und sei es in dieser trostlosen Einöde, durch die der Sandsturm tobte.
    Vor ihr wurde es seltsamerweise dunkler. Der Boden war leicht abfallend, und sie kroch auf allen vieren weiter, voller Angst, in eine Spalte oder ein Loch zu fallen. Das wäre ihr sicherer Tod. Nach einigen Augenblicken fiel ihr auf, dass es um sie herum stiller geworden war. Der Wind schien hinter ihr vorbeizubrausen, die Sicht wurde mit jedem Meter besser, den sie zurücklegte. Mary stöhnte vor Erleichterung und richtete sich auf, sobald sie besser sehen konnte.
    Sie hatte die Höhlen tatsächlich erreicht.
    In der Dunkelheit war es schwer zu erkennen, wie groß die Kaverne tatsächlich war. So bückte sie sich, ergriff einen Stein und warf ihn nach einigem Zögern vor sich ins Dunkel. Dann lauschte sie atemlos. Er traf auf harten Boden, sprang weiter, das Geräusch verlor sich nach und nach. Kein wütendes Brül len eines wilden, vierbeinigen Höhlenbewohners. Mary atmete auf und ließ den Rucksack von den Schultern gleiten. Dann trank sie gierig ein paar Schlucke Wasser auf ihr Glück und breitete das braunweiß gewebte Plaid, die letzte Erinnerung an ihre Mutter, auf dem Boden aus, während der Rucksack als Kopfkissen dienen musste. Kein Bett im Grand Hotel, aber es würde gehen. Mit einem Seufzer streckte sie sich auf dem Boden aus und schloss die Augen. Ein Karussell von Gedanken drehte sich in ihrem Kopf. Wie es den anderen wohl ging? Ob der Sturm auch durch das Lager tobte und die Zelte mitgerissen hatte?
    Endlich übermannte sie die Müdigkeit, und sie glitt erschöpft in einen unruhigen Dämmerschlaf.
    Sie erwachte am nächsten Morgen, als ihr etwas übers Gesicht krabbelte. Noch im Halbschlaf schüttelte sie heftig den Kopf, wischte sich übers Gesicht, richtete sich dann auf und sah im Dämmerlicht der Höhle eine handtellergroße Spinne eilig ins Dunkel verschwinden.
    »Ihh«, machte Mary und verzog angeekelt das Gesicht. Sie hatte sich im Laufe der letzten Monate an die achtbeinigen Wüstenbewohner gewöhnt, aber dennoch hasste sie Spinnen und Skorpione wie die Pest. Sie mochte sie weder als Vorspeise noch als Reisebegleiter – und auch nicht als Wecker am Morgen.
    Verwirrt sah sie sich einen Moment lang um, vermisste die morgendliche Geräuschkulisse der Karawane, den fröhlichen Gesang des Kochs, das Flattern des Zelttuchs über ihr. Dann fiel es ihr wieder ein: der Sandsturm, die Felsen, die Berge mit den Höhlen. Durstig griff sie nach dem Lederbeutel. Das Wasser schmeckte abgestanden, aber es erfrischte sie und vertrieb die letzten Reste eines Albtraumes, in dem sie immer wieder im Kreis durch einen Sandsturm marschiert war. Immer und immer wieder …
    Sie stand auf und streckte sich. Die Knochen taten ihr weh, aber sie lebte noch. Langsam trat sie vor die Höhle und blickte ungläubig auf das Bild, das sich ihr bot. Es musste gegen fünf Uhr morgens sein, die Sonne stand bereits zwei Handbreit über dem Horizont. Der Wind hatte sich gelegt, war weitergezogen. Ein feiner Tauschleier lag über allem und ließ Steine und Felsen glitzern. Die Ebene nach Süden erstreckte sich kilometerweit vor ihr, und sie meinte sogar, das Lager der Expedition ausmachen zu können.
    Sie ließ die Szenerie mit einem unwirklichen Gefühl der Glückseligkeit auf sich wirken, atmete tief durch. Sie hatte die Nacht überlebt, ein neuer Tag lag vor ihr.
    In diesem Moment tauchte etwas in ihrem Sichtfeld auf. Mary blieb fast das Herz stehen, sie riss reflexartig das Gewehr hoch, legte aber nicht an, als sie eine schmale Gestalt erblickte, die den Hang heraufstieg. Den grazilen Bewegungen nach musste

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