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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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Versammlungsplatz. Sie fand Samnir wie immer dort sitzen, wie er ausdruckslos den Boden unmittelbar vor seinen Füßen anstarrte.
    Natürlich war niemand sonst da, weil es noch so früh war. Außerdem war die Stadt ohnehin seit dem Zwischenfall, dem Besuch des Heiligen und dem Ausbruch der Pest in gedämpfter und träger Stimmung. Die Leute schienen sich an die Schatten zu halten, wann immer sie die Stadt durchquerten, und weniger Anlass als früher zu haben, ihre Nachbarn zu besuchen. Es gab auch weniger Streitigkeiten als gewöhnlich und kaum einen Grund, den Ältestenrat anzurufen. Allgemein herrschte die unausgesprochene Überzeugung, dass die Jahreszeit so weit fortgeschritten war, dass es nicht mehr viel genützt hätte, Arbeiter auf die Felder hinauszuschicken, und die meisten Leute, die bei Verstand waren, ihre Tage ohnehin lieber zu Hause am Feuer verbringen würden. Hella traf noch nicht einmal mehr ihre Schulkameraden, denn es war noch kein neuer Prediger aus Hyvans Kreuz hergesandt worden.
    » Hallo, Samnir. Ich bin’s mal wieder, Hella«, sagte sie sanft. » Wie geht es dir heute? Ich hoffe, es war gestern Nacht nicht zu kalt. Sind die Decken, die ich dir gebracht habe, warm genug? Hält der Verschlag einen Großteil des Windes ab?«
    Samnir antwortete nicht. Sie wartete. Nach einer Minute begannen seine roten Augen zu tränen, und er brachte ein automatisches Blinzeln zustande.
    » Das ist gut. Mein Vater ist gestern Abend aus Erlöserparadies zurückgekommen. Und nun stell dir mal vor!« Sie senkte die Stimme und flüsterte aufgeregt: » Er hat Jillan gesehen! Mit ihm gesprochen! Die Helden und der Heilige haben Jagd auf ihn gemacht, aber er ist entkommen. Ist das nicht unglaublich?«
    Ein einsamer Vogel zwitscherte ein oder zwei Mal und gab dann auf. Eine kalte Brise zerrte an ihren Haaren. Hella wandte den Blick ab, während Samnir reglos blieb.
    » Jedenfalls schwatze ich hier, obwohl du doch wahrscheinlich Hunger hast. Es ist wieder nur Suppe, so leid es mir tut. Entschuldige, aber es scheint das Einzige zu sein, was du magst.«
    Sie nahm den Deckel von dem kleinen, braun glasierten Topf, den sie mitgebracht hatte, und tauchte einen Holzlöffel in den dickflüssigen Inhalt.
    » Riecht gut, oder? Ich habe etwas Bärlauch gefunden, also sollte sie schmackhaft sein.«
    Sie neigte Samnirs Kopf sanft zurück und zog dann an seinem Kinn, sodass sein Mund sich öffnete. Sie vergewisserte sich, dass die Suppe nicht zu heiß war, und löffelte dann etwas zwischen seine Lippen. Nach mehreren Löffeln zwang der sanfte Druck des Essens seinen Körper zu schlucken.
    » Gut so«, sagte sie wie immer. » Möchtest du noch etwas? Bitte schön.«
    » Wie geht es ihm?«, fragte eine leise Stimme.
    Hella schnappte nach Luft, sprang auf und versteckte den Löffel im Herumwirbeln hinter ihrem Rücken. Haal stand etwa ein Dutzend Schritte entfernt und beobachtete sie. Sein Blick ruhte noch ein paar Momente auf ihr und richtete sich dann auf Samnir, der immer noch mit zurückgeneigtem Kopf dasaß und den Himmel anstarrte.
    » Was willst du denn hier?«, fragte sie verächtlich. » Was machst du, die Leute ausspionieren?«
    Sein Blick wanderte zu seinen Füßen. » Ich wollte nicht spionieren«, murmelte er. » Ich bin nur vorbeigekommen, das ist alles.«
    » Du willst mich wohl verpetzen, Haal Corinsohn?«, fragte sie anklagend und stemmte die Hände in die Hüften. » Du willst deinem Vater und den anderen Ältesten alles erzählen, nicht wahr? Ich habe nichts Böses getan. Ich kümmere mich nur um meinen Nächsten, das ist alles.«
    Haal nickte mit hochroten Wangen. » Du tust es für ihn, nicht wahr?«
    Er sprach von Jillan, aber Hella hatte nicht vor, sich so in Verlegenheit bringen zu lassen, obwohl auch ihr die Röte ins Gesicht stieg. » Tue ich nicht! Und was würde es dich kümmern, selbst wenn ich es täte? Überhaupt: Warum kommst du so früh am Morgen hier vorbei? Weiß der Älteste Corin, dass du dich aus dem Bett geschlichen hast? Du bekommst einen ganzen Haufen Ärger, wenn du so dumm bist, ihm zu verraten, dass du mich hier gesehen hast.«
    Er sah sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an, der sie stutzen ließ.
    » Was ist denn? Was ist los, Haal?«
    » Mein Vater ist krank, Hella. Schrecklich krank! Meine Mutter hat mich losgeschickt, um den Arzt zu holen.«
    » Ist es… die… du weißt schon?«
    Er weigerte sich zu nicken, für den Fall, dass die Bestätigung es wahr machen würde. Seine Augen

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