Das Wispern der Schatten - Roman
ich euch alle bitten, eure Becher auf ihn zu erheben. Das Bier ist mein bestes und so belebend, wie das Essen meiner Frau Sabella herzhaft ist. Auf Jillan und auf neue Freunde!«
Alle wiederholten den Trinkspruch und tranken aus ihren Bechern. Ash leerte seinen in einem Zug und bemerkte erst dann, dass alle anderen an ihren nur genippt hatten. » Tut mir leid«, sagte er mit einem verschmitzten Lächeln. » Ich glaube, in meinem war weniger als in allen anderen.«
Die Mädchen kicherten, und Thomas zapfte ihm noch eine großzügige Portion ab. Dann sah der Schmied Jillan erwartungsvoll an.
Jillan wand sich ein bisschen und errötete. » Ich… Nun ja, weißt du, es war nichts… Ich weiß wirklich nicht, was ich sonst sagen soll.«
Stara, die neben ihm saß, strahlte Jillan stolz an, als hätte er mit berückender Eleganz etwas ganz Wunderbares zum Ausdruck gebracht. » Können wir jetzt essen, Papa?«, fragte sie und rettete einen unendlich dankbaren Jillan vor noch größerer Verlegenheit.
Thomas lachte voller Zuneigung. » Natürlich, Tochter.«
Und alles andere, was er sonst vielleicht noch sagte, ging im Gewirr der Stimmen, dem Klappern der Becher und der allgemeinen Aufregung unter. Aspin verschwendete keine Zeit: Er riss sich ein großes Stück Brot ab, häufte Eintopf darauf und schob sich zu viel auf einmal in den Mund.
» Er frisst ja noch gieriger als mein Wolf!«, verkündete Ash und zog so die Aufmerksamkeit aller drei Mädchen zugleich auf sich, die nach Luft schnappten, glucksten und darum baten, mehr über das Tier zu hören.
Aspin machte das gar nichts aus; er grinste Jillan mit ausgebeulten Wangen an, während ihm Bratensaft am Kinn hinunterlief. Jillan musste lächeln, als er seinen Freund so glücklich sah. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf seine eigene Schüssel und erkannte, dass er unglaublich und unbeschreiblich hungrig war. Er schaufelte sich Essen in den Mund, schluckte und fühlte sich eine Sekunde lang schwindlig. Er hatte im Magen Leere und Übelkeit verspürt, seit er Gottesgabe verlassen hatte, aber der gut gewürzte Eintopf half sehr, dem ein Ende zu setzen. Im Laufe des Essens begann sich Jillans Laune zu heben, und er empfand eine seltsame Mischung von Gefühlen: übersprudelnde Erleichterung, schuldbewusstes Vergnügen, glückliches Unbehagen und unterdrückte Furcht. Er trank sein Bier aus, und Stara füllte ihm den Becher erneut.
» Es macht mir nichts aus, euch zu gestehen, dass wir in den Bergen nie so etwas Gutes hatten«, sagte Aspin, während er einen bröckeligen weißen Käse anschnitt.
» Du stammst aus den Bergen!«, seufzte Betha und hing förmlich an seinen Lippen. » Ich wusste ja, dass du etwas Besonderes an dir hast. Die Berge müssen schön sein. Ich würde sie gern eines Tages sehen.«
So unterhielt Aspin sie mit Geschichten über die Berge und einen wunderlichen heiligen Mann namens Torpeth, der nackt durch die Gegend lief und die Ziegen scheu machte. Der Bergkrieger genoss es, eine Weile im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, und niemand missgönnte es ihm. Thomas lauschte aufmerksam allem, was gesagt wurde, und lächelte und nickte wie die anderen. Jillan erinnerte sich, dass Aspin es auf der Fahrt durch den Wald vermieden hatte zu sagen, dass er aus den Bergen stammte, aber jetzt schien das keine Rolle mehr zu spielen. Welchen Unterschied sollte es auch schon machen?
Jillan lächelte gewinnend, als Stara ihm noch einen Becher einschenkte. Er verspürte leichte Gewissensbisse, als ihm Hella zum ersten Mal, seit sie in Linderfall eingetroffen waren, in den Sinn kam, aber er unterdrückte alle Schuldgefühle. Ich habe nichts Falsches getan, sagte er sich, und ihre Augen sind ja auch ganz anders als Hellas.
In der Dunkelheit leuchtete sein Helm so hell, dass es ihr schwerfiel, ihn anzusehen. Er beleuchtete das Wasser in der Nähe, das er einen Bach nannte, und die Senke zwischen den Bäumen, in der sie haltgemacht hatten, um für den Zeitraum zu rasten, den er als Nacht bezeichnete. Hoch oben sah sie weiße, funkelnde Gegenstände, die sie für große Diamanten hielt und die in die Decke der Himmelshöhle eingelassen waren, und einen silbernen Bogen, der wie eine Art Haken wirkte. Vielleicht führten die Hohen Herrscher Ketten über diesen Haken, um schwere Gegenstände zu heben. Vielleicht war das silberne Metall besonders widerstandsfähig, aber sie konnte nichts davon spüren.
» Anupal, tut das Sonnenmetall deinem Kopf nicht weh? Es
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