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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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dass ich diesen Pfad einschlagen würde? Wie ist er so schnell hierhergekommen? Finstere, heimtückische Magie!
    » Gehst du mir aus dem Weg, Flachländer?«
    » Natürlich. Du stinkst schließlich nach Ziegen und bist ungewaschen. Ich könnte mich bei dir mit irgendeiner Krankheit anstecken.«
    » Oder ist es dein Gewissen, dem du aus dem Weg gehst? Was hast du getan, Flachländer?«
    » Nach allem, was ich gehört habe, nichts, was Torpeth der Große seinerzeit nicht auch getan hätte. Ich habe Opfer für meinen Glauben gebracht. Mein Gewissen ist rein. Wie kannst du es wagen, mich auf diese Weise zu überfallen, du Emporkömmling! Wenn dir irgendetwas missfällt, dann nur infolge der Dinge, die du vor so langer Zeit begonnen zu haben behauptest. Du zahlst einfach den Preis für deine Verbrechen und Verderbtheit, das ist alles. Jetzt mach mir den Weg frei!«
    Torpeth steckte sich gedankenverloren die Zungenspitze ins linke Nasenloch, aus dem ihm Rotz lief. » Es tut mir leid, dass ich dir keine bessere Freundschaft erwiesen habe, Flachländer. Es tut mir leid, dass ich dir keine Liebe entgegengebracht habe. Bist du deshalb so abartig und mordlüstern?«
    Der Prediger zog seinen langen schwarzen Mantel enger um sich und knöpfte den hohen Kragen unter dem Kinn zu. » Die einzige Liebe, die ich verlange, ist die meines Glaubens und die göttliche Liebe der gesegneten Erlöser zum Volk. Du stehst außerhalb dieser Liebe, Heide. Du weißt noch nicht einmal, was das Wort bedeutet. Ich handle aus Liebe, du hingegen nicht. Ich habe gehandelt, während dir das Verständnis und der Mut gefehlt haben. Ich habe deinem Volk einen größeren Dienst erwiesen, als du ermessen kannst, denn jetzt ist der Weg zur Erlösung beschritten.«
    » Und was soll ich deiner Meinung nach tun, Flachländer? Gibt es auch für jemanden wie mich Erlösung?«
    Die langgestreckten Nasenlöcher des Predigers blähten sich, und er schürzte für einen Augenblick die Lippen. » Für dich? Für jemanden, der so unwissend und im Chaos verhaftet ist? Du scherzt doch sicher?« Dann kniff er argwöhnisch die Augen zusammen. » Oder du versuchst, mir Steine in den Weg zu legen oder einen Vorteil gegen mich zu erlangen? Was du meiner Meinung nach tun sollst, Heide? Du solltest deinem Leben ein Ende setzen… oder, wenn das nicht infrage kommt, baden und Kleider anziehen. Wie ein vernachlässigtes Schaf hast du eine Schur sehr nötig. Du musst die grundlegenden Verhaltensregeln der Zivilisation lernen. Das wird deinen Verstand nach und nach schulen. Du musst Disziplin und Selbstaufopferung kennenlernen, wenn du jemals Hoffnung auf Erlösung haben willst.«
    » Kleider?« Torpeth kratzte sich am Kopf und zog eine Maus hervor, die sich in seinem Haar eingenistet hatte. » Kleider sind gefährlich, Flachländer.«
    Der Prediger blinzelte langsam. » In welcher Hinsicht sind Kleider gefährlich, du Wiesel?«
    » Als ich Krieger war, war meine Kleidung meine Rüstung. Sie hat mich vor Schaden bewahrt, aber auch meine Gefühle abgetötet. Es stand mir frei, größere Untaten zu begehen, wann immer ich diese Rüstung trug. Ein Mensch ist ehrlicher, wenn er nackt ist, Flachländer. Die Kleider, die andere tragen, bestimmen sie zu sehr– sie sind ihre Arbeitsausrüstung, entscheiden über ihren Beitrag zum großen Ganzen und bezeichnen, wer sie sind. Wenn die Leute also nicht gut aufpassen, werden sie von ihren Kleidern gegängelt und verlieren ihr wahres Selbst. Das wunderbare Potenzial und die Magie, die das Geas ihnen zugesteht, entfalten sich nie. Die Kleider haben die ermordet, die sie hätten sein können.«
    Der Prediger schüttelte den Kopf und sagte, als würde er mit einem Kind sprechen: » Kleider ermorden keine Menschen, Heide. Sie lehren einen Menschen Disziplin. Sie helfen einem Menschen, Höherstehenden zu dienen. Sie ordnen die Gesellschaft. Sie unterscheiden uns von nackten Tieren. Ja, wir sollten darauf achten, uns nicht zu sehr von unseren Kleidern einschränken zu lassen, denn wir sollten stets danach streben zu werden, was wir nur sein können, um den Erlösern besser zu dienen – und darum haben uns die gesegneten Erlöser die Heilige Schrift gegeben, damit wir uns unsere Pflicht ins Gedächtnis rufen können. Deshalb hat das Reich seine Prediger, Helden und geweihten Heiligen: damit das Volk vor seiner eigenen Gleichgültigkeit, Trägheit und Disziplinlosigkeit geschützt wird.«
    Torpeth zog an seinem Bart, um sich beim Nicken zu helfen.

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