Das Wispern der Schatten - Roman
sich im Kreis drehen.« Dann lächelte er hämisch und stieß hervor: » Und auch immer dieselbe selbstgerechte und selbstsüchtige Hinterlist! Ihr behauptet, für das Land zu sprechen, und blendet das Volk damit. So wird es versklavt und gefangen gehalten. Niemand sollte so gefangen gehalten werden. Niemand!«
Der Nebel erreichte den Abgesandten, den Dorfvorsteher und den Schamanen. Ihre Hände und Gesichter wurden davon befleckt, aber abgesehen davon fügte er ihnen keinen Schaden zu.
» Ich werde diese Leute befreien«, fuhr der Abgesandte mit vor Bosheit triefender Stimme und hell aufblitzenden Augen fort, » ob es euch nun gefällt oder nicht, und ganz gleich, wer mich davon abzuhalten versucht! Ich werde sie im Namen der Erlöser erlösen, sie aus dem Schlamm erheben und sie vor der niederen Natur und dem Chaos ihrer derzeitigen Existenz beschützen! Ergebt ihr euch?«
Der Nebel waberte auf die Dorfbewohner zu und würde sie bald einhüllen.
Der Dorfvorsteher seufzte und schüttelte den Kopf. » Wir werden uns eurer Sekte niemals ergeben. Das wäre die Vernichtung all dessen, was uns lieb und teuer ist, all dessen, was uns zu dem macht, was wir sind. Ich bitte dich…«
» Dann sieh, wie du deinem Volk Leid zufügst!«, schrie der Abgesandte. » Sieh!«
Der Schamane zischte, als ihm die Bedrohung plötzlich bewusst wurde. Er wirbelte herum und rief Worte der Macht, aber der Nebel hatte die Dorfbewohner schon erreicht. Sie begannen zu husten und zu ersticken, da es ihnen unmöglich war, ihre Lungen freizubekommen. Jillan stellte fest, dass er nicht atmen konnte, und griff sich an die Kehle. Dann hielt er sich den Ärmel vor Nase und Mund, um zu versuchen, den Nebel zu filtern, und das half ein wenig, aber es war zu spät, denn der Nebel war bereits in ihm und hatte zu brennen begonnen. Sein Magen krampfte sich zusammen, und er fiel auf die Knie. Der junge Mann neben ihm krümmte sich mit hervorquellenden Augen auf dem Boden; die Zunge hing ihm geschwollen aus dem Mund. Er trat ein letztes Mal um sich und rührte sich dann nicht mehr. Der Schwarzbart weinte herzzerreißend, während ihm Blut aus Mund, Nase und Ohren und sogar aus den Augenwinkeln strömte. Vor Jillans Augen verfärbten die Gliedmaßen des Mannes sich bläulich und wurden dann schwarz. Der Dorfbewohner stieß ein Krächzen aus und starb.
Verzweifelt blickte Jillan zu dem Schamanen hinüber, nur um mit anzusehen, wie der Abgesandte ihm mit einem langen, leuchtenden Messer, das er irgendwo am Körper verborgen getragen hatte, die Kehle durchschnitt. Der Abgesandte lachte schadenfroh und rammte dann dem Dorfvorsteher das Messer in den Bauch. Aber die Rüstung des Mannes ließ die glänzende Waffe abgleiten und verschaffte ihm Gelegenheit, den Kopf des Abgesandten von beiden Seiten zu packen und zuzudrücken. Der weißhaarige Häuptling rammte dem Abgesandten die Daumen in die Augen, und der Vertreter des Reichs schrie schauerlich auf.
Dann stimmten die Helden ihren ewigen Schlachtruf an– Für die Erlöser! – und gingen zum Angriff über. Jetzt bestand keine Hoffnung mehr für die Dorfbewohner. Jillan weinte Blut, während er zusah, wie der Abgesandte blind auf den Dorfvorsteher einstach. Zweimal glitt die Spitze der Klinge von den gepanzerten Schultern des Dorfvorstehers ab, aber beim dritten Stoß fand die Waffe einen Weg zwischen dem Rand der Rüstung und dem Hals des Mannes hindurch. Der Abgesandte stieß ein Triumphgeheul aus und drückte mit aller Kraft nach unten.
Der Dorfvorsteher zuckte zusammen und krümmte sich vor Schmerz, lockerte seinen Griff aber nicht. Er grinste wild und brüllte: » Möge das Geas mich aufnehmen!«
Jetzt ließ der Abgesandte das Messer los und zwang die Hände zwischen den Armen des Dorfvorstehers hindurch. Statt zu versuchen, den tödlichen Griff des Ältesten zu lösen, legte er ihm die Arme um den Hals und zerdrückte ihm mit übermenschlicher und sicher erlösergesegneter Kraft die Luftröhre.
Jillan verlor die beiden miteinander ringenden Giganten aus dem Blick, als die Helden mit erhobenen Waffen an ihnen vorbeistürmten, um die wenigen Dorfbewohner niederzumetzeln, die noch auf den Beinen waren oder zuckend im Schlamm lagen. Jillan hatte nicht die Kraft, um sein Leben zu betteln.
Er fuhr keuchend aus dem Schlaf hoch, eine todesgleiche Kälte in der Lunge. Sein Brustkorb hob und senkte sich schmerzhaft, während er beinahe panisch nach Luft schnappte. Es war nur ein Traum, nur ein Traum! Du bist
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