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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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Vergeltung über unser Haupt zu bringen?«
    » Ich wollte ja nur…«
    » Nein, Aspin, kein Wort mehr!«, unterbrach ihn Jacob und brachte Tilly und Wuschel ruckartig zum Stehen. » Ich weiß nicht, was Prediger Stixis in Heldenbach so durchgehen lässt, aber dort, wo ich herkomme, gehört es sich nicht, das heilige Wirken des Vertreters der gesegneten Erlöser infrage zu stellen. Ihre Weisheit ist im Vergleich mit unserer eigenen unendlich und übersteigt unser begrenztes Verständnis bei Weitem. Sieh mal, wir sind nicht mehr weit von der Stadt entfernt. Ich schlage vor, du steigst hier ab und gehst den Rest des Weges allein. Es war schön, dich zur Gesellschaft zu haben, aber jetzt muss ich mich um andere Dinge kümmern. Ich wünsche dir viel Glück auf dem Markt und einen guten Tag, Aspin aus Heldenbach.«
    Also hatte er ein Gesprächsthema entdeckt, das Jacob, den Händler, zum Schweigen bringen konnte. Das war womöglich ein zweischneidiges Schwert. Aspin konnte voraussehen, dass Jacob keinem anderen etwas über ihr Gespräch erzählen würde, aber es gab auch nichts, was Aspin jetzt hätte sagen können, um sich zu entschuldigen oder die heikle Lage zu entschärfen. Er beschloss, vorsichtiger zu sein, wenn er es das nächste Mal wagte, mit einem Flachlandbewohner über die Erlöser zu reden, griff nach seiner Waffe und seinem Bündel und stieg vom Wagen. Er winkte, als Jacob davonfuhr, aber der Händler warf keinen Blick zurück und beachtete ihn auch sonst nicht mehr.
    Der Pfad hier– den Jacob als » Straße« bezeichnet hatte– war glatt und eben, sodass Aspin auch allein gut vorankam, obwohl er darauf achtete, nicht so schnell zu gehen, dass er Jacobs Wagen hätte einholen können. Der Himmel war von einem stumpfen Silbergrau, aber er roch keinen drohenden Regen oder Schnee. Für diese Jahreszeit wäre das in den Bergen als sehr gutes Wetter durchgegangen. Außerdem geriet jeder, der in den Bergen eine weite Strecke zurücklegte, unweigerlich außer Atem, wenn er bergauf stieg, oder hielt die Luft an, wenn er sich bergab tastete. Alles in allem ging es im Flachland also einfach und bequem zu, und Jacobs Erzählungen hatten in der Tat das Bild eines entsprechend verweichlichten und verwöhnten Volkes gezeichnet. Kein Wunder, dass die Anderen dieses Land und seine Leute vergleichsweise mühelos erobert hatten. Aspin durfte sich vom bereitwilligen Lächeln und von der Freundlichkeit der Menschen nicht einlullen lassen, wenn er sich nicht vergessen und ihnen zu ähnlich werden wollte.
    Nach kurzer Zeit führte die Straße leicht bergauf, aber die Steigung bereitete ihm keine Schwierigkeiten. In der Ferne sah er allerdings, dass die Straße steiler wurde und die Felder felsigem Boden und Heideland wichen. Er konnte gerade eben die Krone einer Mauer erkennen, die auf einem Höhenrücken verlief. Je näher er herankam, desto besser sah er, wie hoch und lang die Mauer tatsächlich war. Wie groß war dieser Ort, und wie viele Menschen lebten wohl dort? Wie konnte sein Volk je hoffen, gegen die Heerscharen des Reichs zu bestehen, besonders wenn das Reich die Macht hatte, eine Stadt wie diese zu bauen? Er änderte seine Meinung über die Flachländer erneut.
    Er stieg den Hang empor und fand sich auf einer gewaltigen Freifläche vor den Mauern wieder, die sich weiter erstreckten, als er es je im Leben gesehen hatte– vielleicht zwei Meilen weit–, und mindestens sechsmal höher waren als er. Diese Stadt musste von Riesen erbaut worden sein! Ihm stand vor Staunen und Furcht der Mund offen, aber bald blinzelte er und sah sich mit gleichem Staunen die zahllosen Wagen an, die den Boden verdeckten. Die meisten waren mit Säcken, Fässern, Kisten und Käfigen beladen. Ein Teil der Ebene wurde für Viehpferche genutzt. Das waren doch gewiss genug Tiere, um eine Armee zu tragen und zu ernähren! Der Lärm war fürchterlich, da Männer und Frauen sich lautstark begrüßten, Neuigkeiten austauschten und um Preise feilschten; Hühner gackerten, Hunde knurrten und bellten einander an, Pferde wieherten und stampften mit den Hufen, Kinder kreischten, während sie in der Menge Fangen spielten, Esel schrien, und hünenhafte Wachen in braunem Leder schrien Leute an, dass sie eine Handelserlaubnis benötigten, und teilten ihnen mit, dass jedes weitere Vergehen einen eingeschlagenen Schädel nach sich ziehen würde. Der Ort war entsetzlich, aber zugleich erregend.
    » Ein Paradies ist es nicht gerade, was?«, bemerkte ein Passant

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