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Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert

Titel: Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sie ihr langes Haar darunte r schob, wurden die Schwertscheiden auf ihrem Rücken sichtbar. Im Aufstehen ergriff sie die flüsternden Klingen. Jadestachel und Silberdorn.
    » Du? « Er hätte sich freuen müssen, aber aus irgendeinem Grund gelang ihm das nicht. Sie war der erste Mensch gewesen, der ihm am Erdboden begegnet war. Undurchschaubar war sie, gewiss, und vielleicht umschwirrten sie ein paar Rätsel zu viel. Und doch hatte er bedauert, dass sich ihre Wege getrennt hatten.
    Und nun, ein Wiedersehen. Ausgerechnet hier.
    Warum also war er nicht erleichtert?
    » Was für eine Überraschun g «, sagte sie, als sie langsam auf ihn zu kam. Merkwürdigerweise klang sie überhaup t n icht überrascht. » Du musst mir verraten, wie du in so kurzer Zeit hierher gelangt bist. «
    » Und du? «
    » Ich laufe über Baumwipfel. Schon vergessen? Jemand, der aus den Wolken gefallen ist, sollte wissen, wie viel Zeit man spart, wenn man durch die Lüfte eilt. « Jetzt legte sich endlich ein Lächeln um ihre vernarbten Mundwinkel. Die winzigen, silbrig verheilten Schnitte in ihrem Gesicht glänzten im Schein der Lavaglut wie Eissplitter.
    » Jemand hat mir geholfe n «, sagte er vage.
    » Natürlich. « Sie hob Jadestachel und schob es über die Schu l ter in eine der überkreuzten Scheiden auf ihrem Rücken. Silberdorn aber lag weiter in ihrer Hand. Ihr grünbrauner Mantel wurde von einem Windstoß geöffnet; darunter blitzte der Gürtel mit Wurfnadeln. » Ich vermute, das war derselbe geheimnisvolle Jemand, der dir verraten hat, wie man über Lava geht. «
    Er nickte, fast ein wenig widerwillig. Noch immer forschte er in seinem Inneren nach dem Grund für sein Misstrauen. Es musste dieser Ort sein, die Leere der domartigen Hallen, das geheimnisvolle Verschwinden der Götterschmiede und ihrer Waffen.
    » Und du? «, fragte er in dem Bemühen, gelöst zu kli n gen. » Versuchst du noch immer, das Rätsel deiner beiden Schwerter zu lösen? «
    » Deshalb bin ich hier. «
    » Schon lange? «
    » Fast drei Tage. Meine Vorräte gehen allmählich zur Neige. Ich habe dich unten in den Türmen gehört. Aber erkannt habe ich dich erst, als ich dich auf einer der Brücken gesehen habe. «
    » Warum hast du mich nicht gerufen? «
    Sie lächelte wieder. » Was hättest du getan, wenn du mich entdeckt hättest, ohne dass ich es bemerkt hätte? Hättest du nach mir gerufen? An solch einem Ort? «
    Die Frage traf ins Schwarze seines schlechten Gewissens. Sie spürte sehr wohl, dass er ihr misstraute, und vielleicht war deshalb diese merkwürdige, unausgesprochene Kluft zwischen ihnen.
    Nein, dachte er, die Schuld liegt nicht allein bei mir. Und warum steckte sie das Schwert nicht weg? Falls sie ihn damit angreifen würde – aber warum?. –, dann hätte er keine Chance. Sie war zu flink. Zu gefährlich. Sie konnte fliegen.
    » Ich … «, begann er, setzte aber dann von neuem an. » Da unten gibt es niemanden mehr. Alles ist leer. Wie ausgestorben. Wahrscheinlich ist es das Beste, dass keiner von uns allzu viel Lärm gemacht hat, oder? «
    » Glaubst du, in den Türmen könnte noch immer etwas heru m schleichen? Der Grund, weshalb all diese Menschen verschwunden sind? « Sie sah ihn einen Augenblick wortlos an, dann lachte sie plötzlich, als sie sein Misstrauen richtig deut e te. » Du denkst – ich? « Sie setzte das Schwert mit der Spitze auf den Boden, hielt den Knauf nur mit zwei Fingern und drehte die Waffe wie einen Kreisel. Ein leises Scharren stieg auf, als der Stahl einen winzigen Krater in das Lavagestein fräste. » Sieh dir das an. Jedes andere Schwert würde nach kurzer Zeit schartig und stumpf. Aber dieses hier, alle beide … das sind wunderbare Arbeiten. « Sie blickte wieder auf, jetzt eindringlicher. » Warum, bei allen Göttern, sollte ich einen Schmied umbringen, der solch ein Kunstwerk erschaffen kann? «
    Ja, dachte er, warum? » So habe ich das nicht gemeint. « Aber natürlich hatte er das doch.
    Sie riss die Klinge hoch und schob sie in die zweite Rücke n scheide. Dann kam sie näher. » Die meisten dieser Türme stehen seit langer Zeit leer. Du hast dich doch umgesehen, dann musst du das bemerkt haben. Wie es aussieht, haben nur noch in diesem hier Menschen gelebt. Obwohl ich bezweifle, dass man sie noch Menschen hätte nennen können. «
    Er dachte an die kargen Quartiere, vor allem aber an das pechschwarze Blut, und nickte.
    » Die Götter haben sie zu ihren Sklaven gemach t «, sagte Wisperwind. » Ich denke

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