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Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert

Titel: Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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von oben gekommen wie all jene, die den Boden in einem Umkreis von fünfzig Schritt bedeckten. Vielmehr waren sie aus dem Zentrum der Lichtung geschleudert worden, wie von einer Explosion, die dort im Herzen dieses stählernen Nadelkissens einen freien Kern geschaffen hatte. So als wären sie von einer unsichtbaren Schutzglocke abgeprallt und mit ungeheurer Wucht ringsum zum Rand der Lichtung gewirbelt worden.
    Die Schwerter im Boden steckten zu eng beieinander, als dass man zwischen ihnen hätte hindurchgehen können. Weißes Mondlicht reflektierte auf rasiermesserscharfen Schneiden, die unweigerlich jeden Fuß und jedes Bein aufschlitzen würden. Die meisten Waffen waren nicht einmal zur Hälfte ins Erdreich gerammt, sie reichten Niccolo fast bis zum Knie. Nicht hoch genug, um den Blick auf das zu verwehren, was sich in der Mitte der Lichtung befand.
    Dort kauerte eine Gestalt in weißen Gewändern, das linke Knie am Boden, das andere angewinkelt. Sie hatte das Gesicht nach vorn gesenkt, bis es fast auf dem rechten Oberschenkel lag. Langes schwarzes Haar war wie ein Tuch darüber gebreitet, verbarg ihre Züge und Teile ihres zarten Körpers. Die Frau hielt den Rücken gebeugt und hatte die Arme rechts und links abgespreizt, die Handflächen fest auf den Boden gedrückt.
    » Was tut sie da? «, röchelte Feiqing.
    Nugua sagte nichts. Auch Niccolo schwieg.
    Auf unbegreifliche Weise hatte die weißgewandete Fremde den prasselnden Schwerterregen in einem Umkreis von mehr e ren Metern von sich fern gehalten. Selbst aus der Entfernung war deutlich das dunkle Rund zu ihren Füßen zu erkennen wie der Mittelpunkt einer Zielscheibe. Dort kniete sie wie in einer Geste der Demut, als wollte sie sich vor etwas verbeugen, das sich weiter rechts von den drei Gefährten befinden musste.
    Niccolo ging widerstrebend ein paar Schritte weiter, bis ihn der Rand der tödlichen Schwerterwiese zum Stehenbleiben zwang. Von dort aus sah er an der klingengespickten Reihe der Baumstämme entlang. Aber da war niemand, vor dem sich die Frau auf der Lichtung hätte verneigen können.
    Er begriff seinen Irrtum. Was sie da tat, war keine Ehrenb e zeugung. Kein Zeichen von Demut.
    Es war ein Luftholen. Ein Kräftesammeln.
    Ein letzter Augenblick der Ruhe vor einem neuerlichen Sturm.
    » Niccolo! « Nuguas Stimme gellte schrill durch die Nacht. » Runter! «
    Im selben Moment prallte sie von hinten gegen ihn, und fast wären sie vorwärts in die Schwerter gestürzt. Aber Nugua riss sie beide im letzten Moment herum, dann fielen sie übereina n der zu Boden. Als Niccolos Wange das Erdreich berührte, sah er unmittelbar vor sich eine Schwertschneide, so nah, dass der Stahl von seinem Atem beschlug. Wäre er nur einen Fingerbreit weiter nach vorn gefallen, hätte sie sein Gesicht in zwei Hälften geschnitten.
    » Was – «, entfuhr es ihm noch, als Nugua auch schon zurüc k federte, in einer blitzschnellen Bewegung gegen den verdutzten Feiqing prallte und ihn hinterrücks zu Boden schleuderte.
    Im selben Moment stieß die Gestalt auf der Lichtung einen hohen, wimmernden Ton aus, kein Schrei, auch kein neuerlicher Gesang, sondern ein Laut wie von zerspringendem Glas, zu klar und kristallen für eine menschliche Kehle.
    Eine unsichtbare Druckwelle fegte über die drei Gefährten am Boden hinweg. Nugua wurde von Feiqings Leib weggeschle u dert und verschwand schreiend im Unterholz, während eine Woge von Schwertern über sie alle hinwegjagte, kreisförmig gestreut, mit den Klingen voran. Niccolo presste sich flach an den Boden, während der Ring aus tödlichem Silber die umst e henden Stämme zerfetzte. Kaskaden aus Holzsplittern gingen auf ihn nieder, bedeckten ihn wie ein Regen aus Sägemehl. Die nachfolgende Stille wurde vom Knirschen und Brechen weiterer Bäume zerrissen, die dem zweiten Klingenansturm nicht standhielten und umknickten.
    Als Niccolo sich mit einem Ruck aufsetzte, kam Nugu a a us dem Dickicht gestolpert, blickte von ihm zu Feiqing, dann wieder zu der Gestalt im Zentrum der Lichtung.
    Niccolo rappelte sich hoch und folgte ihrem Blick.
    Die Frau in dem bodenlangen weißen Kleid hatte sich aufg e richtet. Ihr Kopf lag im Nacken, die schwarze Haarflut war nach hinten gefallen. Sie konnten jetzt ihr Gesicht erkennen, schmal und hell, aber zu weit entfernt, um Einzelheiten auszumachen. Ihre Arme hingen kraftlos an den Seiten herab, die weiten weißen Ärmel reichten bis zu den Knien und verdeckten ihre Hände. Eine wabernde Spirale aus

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