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Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert

Titel: Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ich – «
    » Und Jungen müssen nachts frieren? « Sie klang völlig ve r ständnislos, und er musste sich wieder ins Gedächtnis rufen, dass sie bis vor ein paar Monaten nie unter Menschen gewesen war. » Ist das immer s o «, fragte sie, » b ei euch auf den Wolken? «
    Er wusste nicht so recht, was er darauf sagen sollte. » Nein … eigentlich nicht. «
    » Dann komm her, oder lass es bleiben. Auf jeden Fall – lieg still. «
    Feiqing verfiel in lautstarkes Schnarchen.
    » Bei allen Drachenkönigen! «, entfuhr es Nugua.
    Lachend kroch Niccolo zu ihr hinüber. Von den Resten des Feuers ging mittlerweile keine Wärme mehr aus. » Du kannst ihn ja fragen, ob er auch mit unter deine Decke kommt. «
    » Er riecht wie ein toter Wolf. «
    Beinahe hätte er ihr gesagt, wonach sie roch, aber das wäre wohl undankbar gewesen. Zögernd kroch er unter die federleic h te Drachenhaut, bemüht, weit genug von ihr entfernt zu liegen, um sie nicht zu berühren. Nicht allein, weil sie streng roch, sondern auch … nun, weil sie eben ein Mädchen war.
    Prompt flüsterte sie: » Drachen legen sich fest aneinander, wenn sie frieren. «
    » Aber wir sind keine Drachen. «
    Sie zuckte die Achseln. » Ich schon. «
    Er ließ sie in dem Glauben und schloss die Augen. Die Dr a chenhaut hielt die kühlen Winde ab, aber die größte Wärme ging von Nugua aus. Er lag mit dem Rücken zu ihr, und nach einer Weile gewöhnte er sich sogar an den Geruch. Jedenfalls beinahe.
    Trotzdem konnte er lange nicht einschlafen und meinte ihren Blick auf seinem Hinterkopf zu spüren, so als ob sie ihn im Dunkeln anstarrte. Doch als er sich umdrehte, waren ihre Augen geschlossen. Kein Mondlicht blitzte. Ihre Brust hob und senkte sich regelmäßig.
    Während er sie ansah – und dabei schuldbewusst dachte: Wer starrt nun wen an? –, wurde ihm klar, dass er zwar ein Fremder unter Chinesen war, sie aber eine Fremde unter allen Menschen. Was ihm neu und sonderbar erschien, musste sie erst recht in völlige Verwirrung stürzen. Sie sah aus wie eine Chinesin, aber in Wahrheit war sie keine. Und er verstand jetzt endlich, was sie gemeint hatte, als sie behauptet hatte, sie sei ein Drache. Das war keine Sache des Aussehens. Es war eine Angelegenheit des Herzens.
    Und wer bist du selbst tief im Herzen?, flüsterte es in ihm. Ein Junge aus dem Volk der Hohen Lüfte? Ein Ausgestoßener? Ein Fremdling hier wie dort, so viel stand fest.
    Fühlte er sich deshalb unter dieser Drachenhaut zum ersten Mal seit langer Zeit geborgen?
     

 
     
    DUELL DER UNSTERBLICHEN
     
    E r erwachte von Stimmen, von hastigen Bewegungen und einer abrupten Rückkehr der Kälte, als die Drachenhaut von ihm fortgerissen wurde. Nugua und Feiqing redeten gleichzeitig, und so verstand er keinen von beiden.
    Als er die Augen aufschlug und nach oben blickte, sah er als Erstes nicht den Nachthimmel oder den Mond, sondern etwas ganz und gar anderes.
    Im ersten Moment glaubte er, es wären Blitze. Silberne Stre i fen zuckten über ihnen durch die Schwärze. Es war noch immer Nacht, die Sterne glänzten, aber das, was er für Blitze gehalten hatte, bewegte sich viel zu gerade und gleichförmig von Osten nach Westen.
    Ein Vogelschwarm, vielleicht. Aber aus Silber?
    » Schwerte r «, sagte Feiqing. » Das sind fliegende Schwerter. Ein ganzer Schwarm. «
    Niccolo hörte es, verstand aber trotzdem kein Wort. Fliegende Schwerter? Einen Augenblick lang überlegte er, ob er womö g lich noch immer träumte.
    Nugua knuffte ihn grob in die Seite. Mit der Fußspitze. Was den Knuff zu einem Tritt machte.
    Er brummte ungehalten.
    » Aufstehen! «, kommandierte sie. » Hier können wir nicht bleiben. «
    » Natürlich bleiben wir! «, keifte Feiqing.
    » Wir müssen nachschauen! «
    » Gar nichts müssen wir. Das geht uns nichts an. «
    » Ich geh dich auch nichts an. Trotzdem bist du hier! «
    » Halt, wartet. « Niccolo taumelte schlaftrunken auf die Füße, was nicht einfach war, weil er dabei den Blick nicht von dem Strom fliegender Schwerter am Himmel nehmen konnte. Es mussten hunderte sein, die da in einem Strang von drei oder vier Klingen nebeneinander durch die Schwärze zischten.
    Schwerter fliegen nicht, dachte er in einem Anflug von Ve r nunft. Aber Menschen leben auch nicht auf Wolken. Und Mädchen halten sich nicht für Drachen.
    Diese Schwerter flogen tatsächlich. Ein ununterbrochener Fluss aus Klingen, der sich wie ein silberner Regenbogen über sie hinwegwölbte.
    » Was ist das? «, presste

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