Das Wort des Hastur - 12
hinten entging Donato dem ersten Angriff; fluchend versuchte er, seinen Eispickel als Waffe einzusetzen, und Lian verwünschte das Gesetz, das sie zwang, ihr großes Schwert verborgen zu halten. Statt dessen zückte sie nun ihr Langmesser.
Sara, von Wandirr schützend gegen die Felswand gedrückt, schrie auf, als sich Tee mit den glucksenden Lauten, die bei seiner Gattung Vergnügen ausdrückten, nach vorne schnellte. Dann schlug Tee seine Kiefer mit den scharfen Zähnen tief in das Fleisch des Banshee, das vor Schmerz aufbrüllte, sich krampfartig schüttelte und den kleinen Saurier durch die Luft schleuderte. Donato hieb von der Seite auf das Ungetüm ein, aber die stählerne Klinge traf nur unzureichend, drang kaum durch das dicke Federkleid und ritzte lediglich an der Oberfläche der Haut. Das Banshee richtete sich auf und schlug wild mit den Flügeln, als Donato erneut mit dem Pickel ausholte.
Lian bewegte sich geschickt und jeden unbedachten Schritt vermeidend vorwärts. Sie konzentrierte sich ganz auf den über ihr wütenden Schrecken und wog dabei kühl die Gefahren von Schnabel und Krallen ab, während sie innerlich jenen energetischen Zustand zu erreichen suchte, der ihre Handlungen zu fließender Harmonie verwandelte, wie es den geheimen Lehren der Schwertschwesternschaft entsprach.
Donato sprang schreiend nach vorn; sein Schwert schimmerte matt, als es auf den Hals des Banshees niedersauste. Benommen stierte das Untier auf die beiden menschlichen Gestalten, und in diesem Augenblick schlich sich Lian vorwärts, Schwertarm und Körper zu einer fließenden Bewegung aufeinander abgestimmt. Geschickt wich sie den nach allen Seiten schlagenden Klauen aus, packte Donatos Schwert beim Griff, zog die Klinge wieder heraus und schwang sie so geschickt, daß sie mit einem einzigen Hieb dem Banshee die Kehle durchschnitt und seinen rechten Flügel abtrennte.
Lian hielt ihr Messer weiterhin gezückt, jederzeit zum Zustechen bereit, während Donato dem Banshee erneut den Pickel in den Nacken rammte. Endlich stürzte es mit einem wuchtigen Schlag zu Boden, richtete sich noch einmal im Todeskampf auf, fiel erneut hin und verendete unter stets schwächer werdenden Zuckungen, während sein übelriechendes Blut hervorquoll und die Erde tränkte.
»Was seid Ihr? Man hat mir gesagt, Ihr wäret eine Darkovanerin, aber die Frauen auf diesem Planeten lernen nicht, so das Schwert zu führen!« Wandirr blickte Lian verwundert an; in seinen Augen war etwas von dem strahlenden Glanz zurückgekehrt.
»Die Entsagenden sind die einzigen Frauen in unserer Welt, denen es gestattet ist, Waffen zu tragen – und dann auch nur solche, von denen die Männer meinen, es würde ihre Vorherrschaft nicht bedrohen«, erklärte Lian. Vor langer Zeit hatten sich die Schwertschwesternschaft und die Priesterinnen der Avarra zur Gilde der Entsagenden zusammengeschlossen und so die besonderen Fähigkeiten beider Gruppen bewahrt, auch wenn man sie nicht gerade ermunterte, diese Fähigkeiten öffentlich zu zeigen.
»Mir scheint, Ihr führt Euer Langmesser genauso gut wie ein Schwert«, sagte Wandirr lächelnd.
Lian zuckte verlegen mit den Achseln. Die wohlgemeinten Komplimente rührten an zu vielen alten Wunden. Es war nicht einzusehen, daß sie ihre Fähigkeiten verbergen sollte, nur um dem Stolz einiger Männer zu genügen!
Bei der ersten Gelegenheit nach der Felsenge, wo sie mit dem Banshee gekämpft hatten, errichteten sie ein improvisiertes Lager. Donato und Sara hoben für Tee ein Grab aus. Während Sara sich ihre rotgeweinten Augen wischte, blickte der Schwertmann mit einer Mischung aus Feindseligkeit und Neugierde zu Lian hinüber. Dann wandte er sich wieder seiner Arbeit zu.
Auch ohne Laran konnte Lian erraten, was er dachte. Einige Leute bewunderten jene Amazonen, die auch Kämpferinnen waren, oder hielten sie doch zumindest für romantisch; andere fürchteten sie; für wieder andere, und Lian vermutete, daß Donato zu ihnen gehörte, war ihre bloße Existenz eine Herausforderung.
Wandirr zog Lians Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Mich beschäftigt noch immer die Frage, warum man mir Eure Fähigkeiten nicht mitgeteilt hat.«
»Spielt das denn eine Rolle?« fragte sie und fühlte sich plötzlich nicht wohl in ihrer Haut. Ein einmal gegebener Eid mußte gehalten werden, bis der Vertrag beendet war – und sie konnte nur beten, daß sie dabei nicht mit ihren anderen Treuepflichten in Konflikt geriet. »Mein Wort verpflichtet mich,
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