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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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sich, einer aus ihrer Reisegesellschaft hätte das Wettergespür, doch dem war nicht so. Von den Vieren besaß nur sie selbst überhaupt ein bißchen Laran, das aber kaum der Rede wert war. Das jedenfalls hatte ihr die Leronis Mahari vom Turm zu Tramontana attestiert. Für Melitta stand fest, an diesem Tag würde alles schiefgehen, was nur schief gehen konnte: mit dem falschen Fuß aufgestanden, Porridge verbrannt, und zu allem Überfluß ein wunderliches Kalb. Andererseits hätte es auch viel schlimmer kommen können. Statt ein paar Zentimeter Neuschnee hätte er auch hüfthoch liegen können.
    Sie seufzte erneut. Für eine weitere Portion Porridge fehlte ihr jetzt die Zeit. Aber da das Wasser noch immer heiß war, mischte sie Nußmehl mit getrockneten Früchten darunter. Dieser Brei war fertig, als Rafael und Lerrys ans Feuer zurückkehrten, nachdem sie das Kalb am Halfter seiner Mutter festgezurrt hatten, um so weiteres Unheil zu verhüten.
    Nach dem Essen sattelten die vier ihre Pferde und beluden die Lasttiere. Lerrys auf seiner schwarzen Stute ritt an der Spitze ostwärts, gefolgt von Stefan und Melitta auf ihren Braunen. Rafael auf dem Wallach bildete das Schlußlicht, wobei die Führungsleine für die Lasttiere fest an seinem Sattel verknotet war. Es war jetzt nicht mehr ganz so kalt wie am frühen Morgen, und Melitta hoffte, sie würden das Gut noch vor dem morgigen Abend erreichen. Nur noch einmal campieren, bitte, Evanda, laß es damit genug sein. Die Zeit drängt, Ysabet steht kurz vor der Niederkunft …
     
    Sie waren schon mehrere Stunden unterwegs, als Melitta plötzlich Lerrys schallend lachen hörte. Seine herzliche Art war unverkennbar. Stefan, der auf dem breiten Pfad zu ihm aufgeschlossen hatte und an seiner Seite ritt, zügelte sein Pferd so abrupt, daß es sich kurz aufbäumte. Während Lerrys kichernd weiterritt, wendete der Junge sein Pferd und trabte zurück, bis er auf gleicher Höhe mit seiner Schwester war. Seine buschigen Augenbrauen zornig zusammengezogen, murmelte er vor sich hin.
    »Möchtest du mit mir darüber reden?« fragte Melitta.
    »Meine Schuld war’s jedenfalls nicht, daß das dämliche Chervine das Porridge verschüttet hat.«
    »Das habe ich auch nie behauptet. Solche Sachen passieren schon mal, wenn sich die Schwellenkrankheit bei uns einstellt.« Er murrte nur, und sie fragte ihn: »Was hat denn Lerrys gemeint?«
    »Wo nimmt er sich eigentlich das Recht her, so mit mir zu reden?«
    »Was genau hat er gesagt?«
    »Daß ich mich wohl wie Ysabet oder Raynald entwickele. Aber das paßt mir ganz und gar nicht, daß mir irgendwelche Rabbithorns aus dem Wald hinterhergelaufen kommen oder ein Fohlen mich bis ins Haus hinein verfolgt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Mutter Raynald gewarnt hat, er müsse in den Stallungen schlafen, falls es sein Laran nicht besser in den Griff bekomme. Melitta, ich möchte aber nicht in einer Scheune leben!«
    Melitta mußte ein Lächeln unterdrücken. Ihre Familie war mit den MacArans verwandt, und genau wie jener Clan besaßen sie die Gabe, mit allem, was da kreuchte und fleuchte, in Rapport zu treten. »Immerhin scheint es dich nicht so schlimm wie Edric erwischt zu haben. Das hätte uns auch gerade noch gefehlt – Skorpionameisen, die über unsere Bettlaken marschieren!« Aber als Stefan bei dieser Bemerkung erschauderte und ihr einen solch verzweifelten Blick zuwarf, da fühlte sie sich für sein Elend mitverantwortlich.
    Am späten Nachmittag erreichten die vier den Kamm eines Höhenzuges, den sie seit Mittag hinaufgeritten waren. Vor ihnen türmte sich im Norden Mount Kimbi über den Baumkronen auf. Unter ihnen schlängelte sich der Pfad einen steilen Abhang hinab, bis er sich im tiefen, bewaldeten Talgrund verlor. Hier und da blitzte Sonnenlicht herauf, das sich in einem kleinen Fluß spiegelte.
    Die Tiere schienen den Abstieg kaum erwarten zu können. Die Pferde stellten die Ohren auf und tänzelten unruhig; die Chervines muhten und blökten aufgeregt durcheinander. Der Pfad führte sie nach Norden direkt auf den Fuß von Mount Kimbi zu.
    Als Lerrys sein Pferd zügelte und um die erste Kehre führen wollte, scheute die Stute. Mit weit geblähten Nüstern schnaubte sie unwillig und schielte zu ihrem Reiter, so als wolle sie sagen: »Willst du wirklich, daß ich hier kehrt mache?« Lerrys zerrte an den Zügeln und riß damit den Kopf seines Reittiers nach rechts herum. Das Pferd tänzelte seitwärts auf das nicht gerodete

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