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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Bruder Auster wäre es gewesen. In der Nähe von Bitenose Peak hatte ihn eine alte Frau öffentlich beschimpft, er mißachte seine Vorfahren. Und am Mulekick Pass hatte eine Zwischenruferin, nachdem sie sich heiser geschrien hatte, einfach den Rock gehoben und ihren Allerwertesten präsentiert, um ihm so zu zeigen, was sie von seiner Predigt hielt. Ja, so waren seine Leute!
    Aber fast noch mehr ärgerte ihn, daß sie so bereitwillig seine Botschaft vom Höllenfeuer annahmen. Schließlich schrie er sie an: »Glaubt ihr, ich wüßte nicht, warum ihre diese Lehre so begrüßt? Ihr hofft wohl, eurer Leben lang weiter zu sündigen und es danach hübsch warm zu haben! Aber täuscht euch nicht!«
    »Mach du dir mal keine Sorgen, von wegen warm haben und so«, gab ihm eine stämmige Bauersfrau zurück. »Mit deinem Gequatsche produzierst du so viel heiße Luft, damit könnte man glatt die ganzen Hellers heizen! Was gehen uns die Comyn-Lords an? Sollen sie doch im Tiefland bleiben und tun, was sie wollen, solange sie uns in Ruhe lassen!«
    Plötzlich verdunkelte sich der Himmel und der Boden ächzte und stöhnte. Die Hügel erzitterten und im Süden verfärbte der Himmel sich glühendrot, als ob die ganze Welt in Flammen stünde. Bruder Auster schwang sich von seinem Maultier, fand auf dem wankenden Boden keinen Halt und fiel, mit dem Gesicht voran, der Länge nach in den Matsch. Die Hügelketten schwankten hin und her, als ob die Berge über ihnen zusammenstürzen wollten. Ein bläulich-weißes Blitzlicht loderte auf, das so grell war, daß Bruder Auster jeden Knochen seiner Hand einzeln sehen konnte, als er sie schützend vor die Augen hielt. Er wagte kaum zu atmen, als rings um ihn die Welt erbebte und unter einem Krachen, das lauter als tausend Donner war, neue Formen hervorbrachte.
    Das ist der Tod, dachte er, und das ist die Verdammnis, die ich so lange gepredigt und doch so sehr gefürchtet habe! In Gedanken konnte er millionenfach die panischen Entsetzensschreie hören: »Oh Herr, ich glaube! Heiliger Lastenträger, ich hab’ Dein Feuer geschaut und jetzt glaube ich!«
    Ihr Narren, zürnte Auster. Nicht aus Furcht sollt ihr glauben, sondern um des gerechten Zornes willen über die verübten Verbrechen!
    Die Berge erbebten erneut und stürzten zu neuen Formationen übereinander, bis schließlich das Zittern ganz allmählich erstarb. Bruder Auster erhob sich, auch er zitternd, und blickte sich um. Der Wald stand hier, Gott sei es gepriesen, noch nicht in Flammen, aber im Süden und Osten loderte der Himmel von einem übernatürlichen Feuer. Bruder Auster mußte mit ansehen, wie die Höllenfeuer, die er gepredigt hatte, auf das Land herabregneten, und er klagte um all die Menschen, die darin umkamen. Es waren seine Leute.
    Eine dunkle Wolke hing über ihnen und regnete Ruß herab, der Austers Habit und Tonsur schwarz bedeckte. Aus dem Dorf wagten sich verängstigte Männer auf die Straße; einige waren mit Mistgabeln bewaffnet, andere versuchten, ihre Habseligkeiten zu retten. »Jetzt glaube ich dir, Prediger«, sagte der Älteste von ihnen und hielt drohend ein langes Schlachtmesser, »aber mußtest du es uns so aufs Fell brennen?«
    Bruder Auster sah den alten Mann unerschrocken an. »Ich war es nicht, der das über euch gebracht hat, sondern die Lords der Tieflande. Aber wenn ihr unbedingt einen Sündenbock braucht, bitte, dann haltet euch an mir schadlos. Oder sollte ich euch nicht vielleicht doch besser helfen, das Feuer dort drüben zu bekämpfen?«
    Während der alte Mann sich noch verlegen und verdutzt den Kopf kratzte, schaute Bruder Auster zu der Wolke hinauf, die jetzt den gesamten Himmel bedeckte. Schon breitete sich über das Land Winterkälte, obwohl es gerade erst Mittsommer war. Ungefragt würde Bruder Auster nie mehr predigen, denn die Übel, gegen die er gewettert hatte, waren verschwunden – gerichtet durch ihr eigenes Verschulden. Was die Welt jetzt brauchte, war ein Wunder. Bruder Varzil! Er dachte an den jungen Adligen aus dem Konvent, während er noch darauf wartete, ob der alte Mann sein Messer gegen ihn richten würde oder nicht. Ich bereue es, wenn ich dich in die Irre geführt habe. Aber ich glaube nicht, daß du dieses Wunder erleben wirst. Oh Gott, vergib mir meinen Unglauben.
    Aber ich glaube daran! Der Geist – oder war es die lebendige Seele? – des jungen Ridenow antwortete ihm. Und glaube ich auch nicht an deinen Gott, so glaube ich doch an deine gerechte Sache. Und Wunder können

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