Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
den wenigen, die blieben. Sie war wie festgenagelt.
Den Prozess des eigentlichen Einpflanzens zu verfolgen war atemberaubend. Es war wie ein primitiver Kampf zwischen den Menschen und einem Ungeheuer, einem riesigen Tier, das gegen die Jäger kämpfte, die versuchten, es einzufangen. Als der Laster den gigantischen Wurzelballen, der mit Sackleinen und Draht umwickelt war, langsam herabließ, packten die Männer die Seile, die an den Ästen hingen. Sie schrien, und der Baum stöhnte. Er schien sich gegen seine Fesseln zu wehren. Die Männer an den Seilen bewegten sich im Einklang, rannten erst in die eine und dann in die andere Richtung. Sie kannten dieses Tier und seine Gewohnheiten. Sie wussten, wie man es zähmte.
Endlich stand der Baum an seinem neuen Platz.
Es war eines der bewegendsten Ereignisse, die Willa je erlebt hatte.
Sie ging davon aus, dass Colin sie nicht bemerkt hatte, denn er hatte kein einziges Mal den Blick gehoben. Erst als das Werk vollbracht war, richtete er sich auf. Sein Gesicht war vor Aufregung hochrot, seine Kleidung verschwitzt. Er atmete heftig und wirkte regelrecht euphorisch.
Endlich ließ er seine Blicke schweifen, als suchte er jemanden, und entdeckte Willa in der kleinen Menge, die noch ausgeharrt hatte. Er lächelte unmerklich. Und wumms!, da war sie wieder, die Lust, die sie letzte Nacht verspürt hatte. Das heftige Gefühl war so intensiv, dass Willa tatsächlich einen Schritt zurückwich.
Woher wusste er von dieser Wirkung auf sie, wo sie selbst nicht die geringste Ahnung davon gehabt hatte?
Es war zu viel, dieses Gefühl, sie kannte sich selbst und ihre Wurzeln nicht mehr.
Sie drehte sich um und ging.
Den Rest des Tages war Willa unruhig und angespannt. Zurück in ihrem Laden zuckte sie jedes Mal zusammen, wenn die Türglocke bimmelte. Als sie heimkam, erwartete sie ständig, dass jemand an die Tür klopfte. Sie duschte, weil ihre Haut sich so heiß anfühlte, als hätte sie einen Sonnenbrand, als wäre an diesem Tag etwas geschehen, das einen bleibenden Effekt auf sie hatte. Sie konnte es einfach nicht loswerden.
Als sie aus der Dusche trat, klingelte das Telefon. Sie rannte ins Schlafzimmer und hob den Hörer ab. »Hallo?«
»Ich finde, das ist heute ziemlich gut gelaufen«, sagte Colin mit leiser Stimme.
Genau darauf hatte sie den ganzen Tag gewartet. »Ja«, sagte sie und schluckte, weil ihr Mund auf einmal ganz trocken war. »Ich glaube, du hast geschafft, was du dir vorgenommen hast.«
»Nimm dir den Samstag frei und verbring ihn mit mir.«
Vielleicht war das Gute daran, dass er nur einen Monat hier war, die Tatsache, dass sie sich von der Lust, die er in ihr geweckt hatte, rasch befreien konnte. Dann würde sie wieder ihren normalen Alltag aufnehmen. Das war die Rechtfertigung dafür, dass sie der Versuchung erlag und Ja sagte.
Beim Abendessen spielte Paxtons Vater mit seinem Smartphone herum, das er seit einiger Zeit anstelle der Zeitung mit an den Tisch brachte. Ihre Mutter plapperte munter über die guten Kommentare, die die Baumpflanzaktion in den Medien bekommen hatte. Dies mache all die negative öffentliche Aufmerksamkeit über den Skelettfund wett.
»Ich bin so froh, dass diese grässliche Sache nun vorbei ist«, erklärte Sophia. »Es hat kein gutes Licht auf uns geworfen, auf keinen von uns. Paxton, du solltest eine außerordentliche Sitzung einberufen und dem Klub mitteilen, dass jetzt wieder alles in Ordnung ist mit dem Madam. Mir ist zu Ohren gekommen, dass einige Mitglieder die Gala an einen anderen Ort verlegen wollten. Stell dir das nur vor! Nachdem all die Einladungen verschickt worden sind.«
»Ja«, sagte Paxton. »Das habe ich auch gehört.« Sobald ihr dieser Satz entschlüpft war, wusste sie, dass sie sich die Bemerkung besser hätte verkneifen sollen.
»Und du hast mir nichts davon gesagt? Ich musste es von Shane Easton erfahren!« Vor fünfundzwanzig Jahren war Sophia die Vorsitzende des Klubs gewesen, und sie hatte Paxton auf ihre Nachfolge gewissenhaft vorbereitet. Als es für Sophia Zeit wurde, den Klub zu verlassen, war es Paxton schwergefallen, ihre Mutter davon abzuhalten, ständig noch alles über sie kontrollieren zu wollen. Sie war unendlich erleichtert gewesen, als Sophia aufgehört hatte, sie nach den Treffen über jedes noch so kleine Detail auszufragen. Das hieß aber nicht, dass sie nicht nach wie vor erwartete, auf dem Laufenden gehalten zu werden.
Colin räusperte sich. »Ich würde gern etwas verkünden«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher