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Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Titel: Das Wunder von Grauenfels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktoria Benjamin
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noch mit seiner Petzerei, freut sich wie blöde auf seine fünf Minuten Berühmtheit, wenn dein Artikel erscheint. Es ist übrigens nicht wahr, dass er in der engeren Auswahl für die Erscheinung war. Kannst du ihm mal stecken. Wir haben seinen jämmerlichen Posa rein durch Zufall über uns ergehen lassen. Der hätte das nie gepackt. Nicht die Auftritte und nicht den Umgang mit der Berühmtheit. Die Mädchen dagegen …«
    »Sophie wäre fast daran kaputtgegangen!«
    Berit verdrehte die Augen. »Jetzt fang nicht damit an. Sophie geht es ganz gut. Und nach dem Outing von diesem Marvin gab es weltweit sechsundvierzig Selbstmordversuche enttäuschter Teenies. Die hatten alle vorher keine Erscheinung, und die hat er alle nicht ermutigt. Außerdem muss sich Sophie an Publicity gewöhnen. In Paris sagen sie ihr eine glänzende Zukunft voraus.«
    Ruben ging ein Licht auf. »Du warst mit Sophie in Paris?«
    »Warum wohl sonst? Du hast nicht im Ernst gedacht, ich betrüge dich! Nee, Ruben, wenn ich mit einem Mann ins Bett gehe, dann ist mir das ziemlich wichtig. Aber Berufsgeheimnisseplaudere ich deshalb trotzdem nicht aus. Tätest du doch auch nicht, oder?« Berit wirbelte zu ihm herum. Dafür, dass sie nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wollte, hatte sie sich ausgesprochen schön für ihn gemacht. Sie trug einen hellen Pulli zu ihren knallengen Designerjeans und war sorgfältig geschminkt. Ruben konnte sich kaum bezähmen, sie in den Arm zu nehmen und ihr vor Ärger leicht gerötetes Gesicht zu küssen.
    »Berit, können wir nicht einfach von vorn anfangen?«
    Berit schnaubte verächtlich. »Komm mit, du hast noch nicht alles gesehen.«
    Der Weg durch Grauenfels war gesäumt von Restaurants, Cafés und Andenkenläden. Das Restaurant  Caribbean Wonder stach dabei besonders heraus. Der Eingang zum Innenhof war mit Palmen geschmückt, die Hauswand mit Szenen aus der Karibik bemalt, wobei die naiv-farbenfrohe Darstellung einer Prozession am Meer entlang den Blickfang bildete. Die fröhlichen, braunhäutigen Menschen trugen eine mit exotischen Blumen geschmückte Marienstatue durch ihr Dorf. Ein Schild warb mit Livemusik einer Reggaeband. Sybille Clarsen trat eben aus dem Tor. Sie sah glücklich aus und wirkte in ihren bunten Flatterkleidern wie dem Wandbild entstiegen.
    »Herr Lennart und Berit! Habt ihr euch wieder vertragen? Ihr müsst nachher zum Essen kommen. Es gibt Rindfleisch und Gemüse in der Grube gegart, das ist ganz typisch karibisch, es brutzelt seit Stunden. Gina und Merl kommen auch, Merl macht heute Abend eine Show bei uns. Ihr kommt doch, nicht wahr? Ihr seid eingeladen.«
    Ruben wollte hoffnungsvoll zusagen, aber Berit schaffte es, Frau Clarsen einigermaßen höflich abzuwimmeln.
    »Der Laden dürfte überleben«, meinte sie im Weitergehen düster. »Das Konzept ist genial, das Essen eine Wucht, einfach besonders. Die Leute kommen bis aus Erfurt, um bei Terry zu essen. Und Sybille erzählt jedem von ihrem Wunder … Das muss sie demnächst natürlich lassen …«
    Ruben wurde es langsam zu viel.
    »Berit, was soll ich denn machen?«
    Berit antwortete nicht. Inzwischen waren sie an Mary’s Corner vorbei und schlenderten den inzwischen perfekt befestigten Weg zur Quelle hinauf. Kurz vorher war eine Prozession gestartet. Etwa dreißig Menschen wanderten singend und Kerzen schwenkend Richtung Erscheinungsplatz. Die Gitarrenklänge der diversen christlichen Jugend- und Frauengruppen, die ihre Stände am Weg etabliert hatten, vermischten sich mit alten Marienliedern zur üblichen Kakofonie. Erst am Erscheinungsplatz erwartete Ruben eine Überraschung. Ein etwas griesgrämiger, rundlicher Priester mit Hängebacken hielt, schnaufend vom Aufstieg, eine Andacht.
    »Ist das nicht …«
    »Pfarrer Herberger, ganz richtig«, bestätigte Berit und lachte Ruben zum ersten Mal am heutigen Tag an. »Letztendlich wollte er den Frauen diese Pfründe doch nicht allein überlassen. Der Bischof hat es sogar genehmigt. Natürlich mit dem Zusatz, dass die Marienerscheinung dadurch keineswegs anerkannt würde. Aber Andacht wäre immer gut, egal wo. Hauptsache professionell gestaltet und um Himmels willen nicht von einer feministischen Theologin. Die planten hier übrigens schon die erste Priesterinnen-Weihe an der Quelle.«
    »Wenn ich das mit der Erscheinung jetzt aufdecke, kriegt Herberger einen Schlaganfall«, bemerkte Ruben.
    »Das ist das einzig Gute an der Sache! Ach, Ruben, musst du diesen blöden Artikel wirklich

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