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Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Titel: Das Wunder von Grauenfels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktoria Benjamin
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konnten sich das Lachen kaum verbeißen.
    »Die Frau ist so dumm wie ein Türgriff«, brummte Barhaupt.
    »Ich gehe jetzt jedenfalls!«, sagte Claudia.
    »Du gehst nirgendwohin!«, gab Herr Martens zurück.
    »Na schön, dann schließ mich doch ein! Aber das steht dann morgen auch in der Zeitung!«, trumpfte Claudia auf.
    »Ich seh schon die Schlagzeile«, grinste Berit draußen. »›Madonna ausgebremst. Grauenfelser Gesamtschulrektor verhindert Marienerscheinung‹.«
    »Wird sich der Himmel rächen?«, fügte Gina kichernd hinzu.
    Das charakteristische Aufleuchten in Berits Augen kündigte einen Geistesblitz an.
    »Es ginge auch ›Affront! Linker Lehrer schockt Gläubige. Gesamtschulen – Brutstätten des Atheismus?‹.«
    »Wir sollten jetzt abhauen«, wandte sich Gina an Barhaupt. »Claudia kommt. Machen Sie sich da bloß keine Sorgen.«
    Im Wäldchen war der Bär los, als Gina und Berit eintrafen. Barhaupt hatte sich an der Zufahrt zum Steinbruch verabschiedet,um sein Glück bei Sophie zu versuchen. BeGin kletterten derweil zum Wäldchen hinauf.
    Ein Pappschild wies den Weg als »Prozessionspfad« aus. Berit fragte sich, wem das eingefallen war.
    »Hier brauchen wir einen Hilfsdienst«, überlegte Gina hingegen pragmatisch. Es gab jetzt schon reichlich Pilger, die nicht allzu gut zu Fuß waren. Später würden das sicher noch mehr werden. »Dankbare Aufgabe für Kalle und Konsorten. Erinnere mich übrigens dran, in der Angelegenheit noch mit Jaeger zu sprechen. Es geht nicht an, dass die Jungs den Erscheinungsverkehr in Bomberjacke und Springerstiefeln regeln …«
    Am Erscheinungsort selbst sammelte sich die Menge vor dem Wagen des Malteser Hilfsdienstes. Anscheinend hatte man die Frischgeheilte erst mal darin in Sicherheit gebracht. Nach wie vor erklangen Kirchenlieder, wobei man sich leider nicht auf eine gemeinsame Melodie einigen konnte. Mindestens vier verschiedene Hymnen vereinigten sich zu einer Kakofonie, die normalerweise das Ordnungsamt auf den Platz gerufen hätte. Laut Barhaupt hatte es im Ort auch schon Beschwerden gehagelt, aber die schmetterte der Bürgermeister genauso konsequent ab wie die Knöllchenverteilung.
    »Wegeborn verteilt zurzeit Ohropax statt Strafmandaten«, erklärte Pastor Jaeger. »Möchten Sie welche? Ich hab ein paar von den Maltesern bekommen, bei denen gehört das zur Standardausrüstung. Wegen Rockkonzerten und so.«
    Gina griff dankend zu, Berit schlug die Augen gen Himmel. »Macht Ihnen das keine Angst?«, fragte sie den Pfarrer. »Ich meine, als Pastor erwartet man doch, irgendwann in den Himmel zu kommen und den ganzen Tag die Englein singen zu hören. Wenn das so klingt, gehe ich freiwillig in den Keller.«
    »Das erklärt jedenfalls den ungesunden Lebenswandel vieler erfolgreicher Musiker«, bemerkte Gina. »Pure Prophylaxe! Man möchte nach dem Tode unter sich sein.«
    »Sie müssen das mehr metaphysisch sehen.« Jaeger grinste. »Ich denke, auch im Himmel gibt es ruhige Eckchen. Mal abgesehen davon, dass mir Ihre Marienerscheinung zunächst ein paar Jahrhunderte Fegefeuer einbringen dürfte. Mein Gewissen fühlt sich langsam an wie ein Bungeeseil. Im Übrigen haben wir noch drei Heilungen zu verzeichnen. Einmal Migräne, einmal Zahnschmerzen, einmal Hörsturz …«
    »Normale Folge von Schocktherapie«, kommentierte Gina mit Blick auf die Sänger. »Aber nicht schlecht für einen Wallfahrtsort ohne Quelle. Was erst passieren wird, wenn die –«
    »Da sind sie! Da sind die Seherkinder!« Ein Aufschrei aus der Menschenmenge unterbrach die Unterhaltung mit dem Pastor. Die Gesänge brachen plötzlich ab, als Igor Barhaupt und ein magerer, besorgt wirkender Mann mit vollem, dunklem Haar Sophie und Bernie durch die Menge zu ihnen führten.
    Der Mann begrüßte Pastor Jaeger schüchtern.
    »Ich hoffe, Sie nehmen uns das nicht übel, Herr Pastor. Ich meine … wenn schon Kirche, dann wollten wir eigentlich lieber bei Ihnen eintreten. Das alles hier ist mir fürchterlich peinlich.«
    Pastor Jaeger schüttelte gelassen den Kopf.
    »Pfarrer Herberger und ich betreiben keine Konkurrenzorganisationen zum Seelenfang«, meinte er freundlich. »Wenn Sophie sich eher zum Katholizismus hingezogen fühlt, sollten Sie das auf keinen Fall beeinflussen. Bis jetzt sehe ich da allerdings noch gar keine Ansätze. Darf ich übrigens vorstellen: Herr Becker, Sophies und Bernhards Vater. Gina Landruh und Berit Mohn, die künftigen Medienreferentinnen von Grauenfels.«
    Gina zuckte zusammen.

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