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Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Titel: Das Wunder von Grauenfels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktoria Benjamin
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Sie fand diese Einführung etwas früh, aber Julius Becker schien Ginas und Berits Berufung in keiner Weise befremdlich zu finden. Mit schüchternem Lächeln gab er den beiden die Hand und versicherte nochmals, wie unangenehm ihm die ganze Angelegenheit sei.
    »Aber man kann die Kinder ja nicht hindern …«, meinte er entschuldigend. »Und all die Leute … die kann man auch nicht enttäuschen. Es ist unglaublich … so viele Menschen, und sie sind nur wegen der Kinder gekommen.«
    Sophie schenkte ihrem Vater ihr süßes Lächeln. »Papa, wenn ich mal in der Met tanze, werden noch viel mehr Leute kommen, um mich zu sehen …«
    Herr Becker schüttelte nur den Kopf.
    Bernie lachte. »Ich komm dann auch!«, verkündete er strahlend. »Und ssöne Dame!«
    »Deren Auftritt in der Met wäre natürlich ein wirkliches Novum«, bemerkte Gina. »Allerdings sehe ich da keine Chance. Wenn sie auch nur einigermaßen musikalisch wäre, hätten wir hier schon ein Erdbeben.«
    Igor Barhaupt und Wachtmeister Wegeborn waren inzwischen voll damit beschäftigt, die begeisterte Menge von Sophie und Bernie fern zu halten. Sophie schaute darüber fast ängstlich drein, während Bernie die Zuwendung genoss. Als ein paar Leute wieder zu singen begannen, fiel er überraschend ein und lieferte eine erstaunlich richtige Lalala-Variante des »Ave Maria«.
    »Woher kennt er das denn?«, erkundigte sich Gina.
    Sophie zuckte die Achseln.
    »Von Claudias Handy. Die hat das neuerdings als Klingelton.«
    Bevor Berit und Gina sich dazu noch äußern konnten, traf Claudia ein. Sie war außer Atem. Sicher war sie einen großen Teil des Weges gelaufen. Ihrer Erscheinung tat das allerdings keinen Abbruch, im Gegenteil: Erregt und aufgedreht wie sie war, passte sie hervorragend ins Bild der erwartungsbewegten Seherin. Sie schaffte es zudem hervorragend, sich die begeisterten Besucher vom Leibe zu halten.
    »Bitte, wir brauchen Ruhe …«, erklärte sie mit brechender Stimme. »Wir sollen beten, hat die Dame gesagt, und hier …es ist so laut hier …« Claudia griff sich an die Stirn, so als könnte sie den Krach damit abschirmen.
    Die Menschen wichen sofort respektvoll zurück. Natürlich dauerte es ein wenig, bis sich Claudias Bemerkung bis nach hinten herumgesprochen hatte, aber schließlich verstummten die Leute bis auf ein verhaltenes Murmeln.
    Sophie und Claudia knieten am Erscheinungsplatz nieder.
    »Wie bist du rausgekommen?«, fragte Sophie Claudia leise. Die kleine Tänzerin trug ihr Haar heute offen. Wie ein Schleier verdeckte es den Blick der Menge auf ihr Gesicht.
    »Ach, ganz leicht«, meinte Claudia. Sie sprach dabei wie ins Leere, so als bete sie laut. »Erst haben wir uns ziemlich gezankt, aber dann war an der Vordertür so ein Zeitungsmensch, und auf den sind meine Eltern dann richtig los. Ich bin in der Zeit einfach durch den Garten weg. Sollen wir bald mal anfangen? Bevor mein Daddy womöglich hier auftaucht und eine Szene macht?«
    »Da iss die Dame!«, rief Bernie plötzlich erfreut.
    Alarmiert schauten Gina und Berit in die von ihm angegebene Richtung. Tatsächlich schwenkte da jemand ein Banner mit einem Marienbild.
    Auch Claudia und Sophie hoben den Blick – und entschieden sich spontan, die Anregung aufzugreifen. Claudia wankte der vorgeblichen Erscheinung ein paar Schritte entgegen, bevor sie in verzückte Trance versank. Sophie streckte nur die Arme aus. Bernie hüpfte fröhlich hin und her.
    Als Gina die Augen über die versammelte Menge schweifen ließ, erkannte sie Pfarrer Herberger unter den Zuschauern. Der Priester guckte, als hätte er eine Zitrone verschluckt. Allerdings spiegelte sich auch eine gewisse Faszination in seinem Blick.
    Claudias und Sophies Part belief sich heute hauptsächlich auf gespanntes Lauschen – und anschließende Erdarbeiten. Igor Barhaupt hatte ihnen die Lage der Quelle genau beschrieben.
    »Höchstens vierzig Zentimeter tief und ihr stoßt auf Wasser«, hatte er erklärt. »Wahrscheinlich ist überall Wasser zu finden, aber nehmt sicherheitshalber den Platz, auf dem die Untersuchungskommission auch schon gebuddelt hat. Das ist auch gleich beim Wäldchen, da haben die Leute im Sommer Schatten, wenn sie um Wasser anstehen.« So hatte seine Begründung gelautet.
    In der Praxis erwies sich allerdings, dass das Buddeln im zurzeit eher trockenen Wald- und Sandsteinbodens nicht einfach war – zumal die Mädchen mit bloßen Händen gruben, und das vierzig Zentimeter tief. Claudia und Sophie bemühten

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