Das Wunder von Grauenfels (German Edition)
aufgebracht von Bernies Befragung durch die Priester berichten konnte.
»Die Kerle haben sich aufgeführt wie die Inquisition – unhöflich bis zum Gehtnichtmehr, mir haben sie sich nicht mal vorgestellt. Und Bernie hat ihre Fragen überhaupt nicht verstanden. Ich zum Teil auch nicht, ich glaube, es ging um irgendwelche Inhalte früherer Marienerscheinungen. Bernie konnte dazu nichts Zusammenhängendes sagen, das hat er ja noch nie getan, war immer nur dran mit seiner ›ssönen Dame‹. Und dann wollte er was über Blumen erzählen, aber als er was von Rosen sagte, haben sie ihm einen Rosenkranz vorgelegt und wieder absolut unverständliche Fragen gestellt. Bernie wusste natürlich nichts damit anzufangen, freute sich nur an den Perlen und wollte seinen Stoffhasen damit behängen. Das hat den Ton dann noch schärfer gemacht, und immer, wenn ich irgendwie vermitteln wollte, fuhren sie mich an, ich sollte das Kind nicht beeinflussen. Als sie ihm die Kette wegnahmen, hat Bernie dann angefangen zu weinen und nach ihnen zu treten, woraufhin der Große ihn auch noch angebrüllt hat – die haben überhaupt keine Ahnung von Kindern, diese Leute!«
»Also hat er die Typen nicht überzeugt«, stellte Gina fest.
Frau Becker schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Als sie ihn fragten, wer ihm die Sache mit der Muttergottes erzählt hätte, sagte er ›die Tante im Wald‹. Ich nehme an, da hat ihn eine Pilgerin belatschert. Das Wort ›Muttergottes‹ ist sonst doch nie gefallen. Nach der Informantin werden sie jetzt fahnden. Die Mädchen machen da drin vermutlich die Hölle durch. Das ist überhaupt alles ein Albtraum! Keine Ahnung, was Claudias Mutter daran so toll findet.«
»Ach, die Mädchen sind robust«, setzte Gina gerade an, als Claudia und Sophie ins BeGin- Büro stürmten.
Claudia stürzte sich als Erstes auf das kleine Waschbecken, das sich in einer Ecke des Raums befand, und schrubbte sich gründlich das Gesicht.
»Ich komm um vor Ekel, der Typ hat mich angefasst!«, schnaubte sie.
Gina warf einen Blick zum Flur hinaus. Frau Martens belästigte gerade wieder die Bischofsvertreter, wobei Braunkutte genervt wirkte, während der Asket ein geradezu schmerzverzerrtes Gesicht zeigte. Er ging auch etwas gebückt, als versuche er, den verbalen Schlägen der fanatischen Eislaufmutti, wie Gina sie heimlich nannte, zu entkommen. Gina schloss rasch die Tür.
»Der Typ hat was?«, erregte sich Frau Becker. »Das geht zu weit, Sophie, wenn die euch irgendwas getan haben, gehen wir direkt zur Polizei.«
Sophie schlug die Augen gen Himmel. »Tu mir einen Gefallen und dreh du jetzt nicht auch noch durch, ja?« Beruhigend setzte sie hinzu: »Mir ist gar nichts passiert und Claudia auch nicht. Aber der Dünne ist schon ein schmieriger Typ. Mich hatte der andere in der Mangel, was nicht gerade angenehm war, aber auch nicht dramatisch. Er wollte ständig etwas von einer Frau im Wald wissen, die uns angeblich was über die Muttergottes erzählt haben soll, was weiß ich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, wir reden pausenlos aneinander vorbei. Aber die wollten uns sowieso kein Wort glauben, deren Meinung stand von vornherein fest. Sag mal, musst du Bernie jetzt nicht nach Hause bringen?«
Frau Becker sah ihre Tochter prüfend an. »Du willst mich los werden, ja?«, fragte sie streng. »Sophie, ich weiß nicht, was ihr hier abzieht, aber es gefällt mir nicht. Es gefällt mir ganz und gar nicht, und wenn ich dich schon nicht hindern kann, so kann ich doch zumindest Bernie da raushalten. Das hier war der letzte Auftritt vom ›Kleinen Engel von Grauenfels‹. So ein Quatsch, wenn ich das schon höre! Bernie bleibt in Zukunft zu Hause. Wenn irgendeine Dame gleich welchen Ursprungs ihn sehen will, soll sie sich zuerst bei mir anmelden!«
Frau Becker rauschte hinaus. Bernie heulte sofort erneut los, als er den Hund verlassen musste, und Rex jaulte zur Gesellschaft kurz mit. Seine Sangesfreude hatte dem Köter bereits ein kategorisches Quellenverbot eingebracht. Rex pflegte jedes Mal begeistert einzufallen, wenn die Pilger mit ihren Marienliedern begannen.
»Tja, das war deutlich«, meinte Berit.
»Aber nicht unsere Schuld«, erklärte Gina und durchsuchte hektisch ihre Schreibtischschublade. »Ich finde es sogar ganz gut, wenn Bernie in Zukunft außen vor bleibt, er war von Beginn an die Schwachstelle des Ganzen. Und wenn ihm die Eltern als Reaktion auf diese inquisitorische Befragung verbieten, noch mal zur Quelle zu gehen, sind
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