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Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Titel: Das Wunder von Grauenfels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktoria Benjamin
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seine Stammecke.
    Ruben bestellte Berliner Weiße und berichtete auf Berits Frage hin launig von seiner Zeit in Borunji.
    »Muss ich so bald nicht wieder hin«, meinte er schließlich. »Obwohl es sonst ein schönes Land ist. Müsste man nur befriedenund touristisch ein bisschen erschließen. Aber solange da noch ›Präsident‹ auf den Speisekarten steht, sehe ich schwarz. Was dem Land fehlt, sind ein paar fähige Medienreferentinnen. Jetzt mal raus mit der Sprache, Berit … Diese Marienerscheinung – das war doch eure Idee, oder?«
    Berit runzelte die Stirn unter dem Pony. »Ich weiß nicht, wovon du redest. Klar, wir vermarkten die Angelegenheit. Aber sonst …« Sie schenkte ihm einen rührend unschuldigen Princess-Diana-Blick.
    Ruben verdrehte die Augen gen Himmel und klassifizierte dabei den Baum. »›Under the spreading chestnut-tree, I sold you and you sold me … ‹«, zitierte er mit vorwurfsvollem Grinsen.
    »Dies ist ein Walnussbaum«, stellte Berit richtig. »Und von Verrat redest hier allenfalls du. Komm, lass uns von was anderem sprechen, ich hab die Madonna den ganzen Tag um die Ohren, und du bist hoffentlich nicht gekommen, um mich auszuhorchen …«
    Ruben wollte eben darauf antworten, als Berit auf eine junge Frau aufmerksam wurde, die sich gerade in Richtung ihres Tisches durchkämpfte. Sie war sommergebräunt und sah blendend aus – erst auf den zweiten Blick erkannte Ruben die etwas farblose Sekretärin, die ihm bei seinem ersten Besuch den Weg zu Berits Büro gewiesen hatte. Anstelle der riesigen dunklen Brille, hinter der sie sich damals versteckt hatte, trug sie heute ein schickes Sonnenbrillenmodell, ihr vormals züchtig aufgestecktes blondes Haar fiel offen und lockig über ihre Schultern. Vor allem aber war sie nicht allein. Sie zog einen drahtigen dunkelhäutigen jungen Mann mit Rastafari-Locken und sanften dunklen Augen hinter sich her.
    »Frau Clarsen!«, rief Berit verwundert. »Wie war’s auf Jamaika? Was machen Sie überhaupt schon hier? Ich dachte, Sie kommen heute erst an?«
    Frau Clarsen begrüßte sie strahlend mit einer Umarmungund Küsschen links und rechts. Auch das hätte so gar nicht zu ihrer früheren Erscheinung gepasst. »Wir sind um fünf Uhr früh gelandet – haben dann ein bisschen ausgeruht –, und jetzt führe ich Terry ein wenig rum. Terry, das ist Frau Mohn. Wenn sie und Frau Landruh nicht gewesen wären, hätte ich niemals dieses Preisausschreiben mitgemacht. Und dies ist Terry, mein … mein Wunder«, sagte sie etwas verschämt.
    Ruben blickte skeptisch auf den jungen Jamaikaner, der gar nicht so überirdisch wirkte.
    Terry war eher klein und von zierlichem Körperbau, aber er bewegte sich äußerst graziös und war sicher ein guter Tänzer. Vor allem wirkte er grenzenlos gutmütig und strahlte jetzt über sein ganzes nougatfarbenes Gesicht. »Guten … Tag! Isch nicht viel German … aber lernen.« Terry sah Frau Clarsen dabei immer wieder Beifall heischend an.
    Sybille blickte so begeistert zurück, als habe er nicht nur einen Satz halbwegs richtig herausgebracht, sondern mindestens den Literaturnobelpreis gewonnen.
    »Terry ist Koch. Aber nicht irgendeiner, er war in diesem Fünf-Sterne-Hotel für die einheimische Küche zuständig. Und nun wollen wir hier ein karibisches Restaurant aufmachen«, erklärte Frau Clarsen. »Glauben Sie, dass das läuft, Frau Mohn? Ich dachte, wir nennen es Caribbean Wonder .«
    Berit nickte. »Warum nicht, zurzeit läuft hier alles. Aber … also mir geht das ein bisschen zu schnell. Was, äh, was sagt denn Ihr Mann zu dem karibischen Wunder?«
    Sybille warf selbstbewusst den Kopf zurück und ließ ihre großen, bunten Ohrringe sehen: Goldkreolen, in denen lustige Holzpapageien hockten. »Der wird nicht gefragt! Ich bin es leid, Frau Mohn! Vor zwei Monaten war ich am Ende – ich habe gedacht, ich versuche es jetzt noch mal mit der Madonna, und dann … Ich wollte mich wirklich umbringen. Wenn da nicht der Junge gewesen wäre … Und dann hat mir die Jungfrau diese Reise zugeschanzt! Und Terry!«
    »Moment mal«, unterbrach Ruben inquisitorisch. »Woher wollen Sie wissen, dass Ihnen der Knabe da von der Madonna gesandt wurde? Vielleicht ist der eher Ihre Versuchung!«
    Berit sah ihn strafend an.
    »Ach was! Das war die Jungfrau, keine Frage! Wissen Sie, wo wir uns kennen gelernt haben? Bei einer Wallfahrt! In dem Ort, bei dem das Hotel lag, war ein Riesenfest, sie trugen ein Bild der Madonna durch die Straßen – und

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