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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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seinem teutschen Maul so gar nichts verschweigen kan / sondern jederman ohne scheu die Wahrheit trucken herauß zu sagen / gewohnet ist / verderbet ihn / welches uns künfftig viel Ungelegenheit bringen dörffte; doch ich habe einen Anschlag / vermittels dessen er auß dem Sattel zu heben; den will ich probiren / gehet er an wol und gut / wo nicht / so müssen wir wol auff einen andern bedacht seyn.
    Weil diese so untereinander redeten / wurde ich gewahr / daß neben dem einen Pater ein Nastüchel / ein Täschen-Messer / ein Schnupff-Taback-Bixel und ein Schlüssel lag / so er auß seinem Sack gethan / als er ein Misiv darinn suchte; Jch sahe den Schlüssel stracks vor den Haupt-Schlüssel an / weil er mit vielerhand krümmen und gestirten Zügen durchbrochen / und sonst zimlich ausgearbeitet war / nahm ihn derowegen zu mir / als das bequemste Instrument / vermittelst dessen ich zu den verlangten Schuhen kommen mögte; fande mich auch nicht betrogen.
    Darauff hin gieng ich auß dem Garten in das Gebäu / und durchschliche alle Zimmer und Winckel deß gantzen Clostets; wo eine Thür beschlossen war / da öffnet ich sie mit dem Hauptschlüssel / ich fande die Bibliothec / sondere Zimmer darinn man studirte / sondere darinn man sich recrei rte / sondere darinn man täglich und ordinari : und auch sondere darinn man extraordinari mit frembden Gästen speisete / sondere Zimmer / Cellen oder Cämmerlein darinn die Ordens-Leut wohneten / und sonderbare so vor die Frembde Ankömmling und Gäste accommodirt waren; auch fande ich die Badstub / die Pfisterey / die Speck-Cammer / und was mich zum höchsten erfreut / nicht allein auch die vorräthige neue Schuh und Stiefel / alte und neue Sättel und andere Pferdsgezeuge / sondern auch einen grossen Vorrath von allerhand leinen Geräth / Hembdern / Leilachen / Tischtüchern / Handzwehlen / Servieten / Fatzinetlein / Strümpf / Uberschläg und dergleichen; davon das neugewaschen schön in Ordnung lag / das schwartze aber über etliche Stangen auffgehenckt war; daselbst vertauschte ich mein schwartz Hembd umb zwey weisse / und dorffte sonst nichts aufgeben als die Läuse / die sich in dem meinigen in unzahlbarer Menge befanden; wie ich dann auch eben zuvor solcher gestalt meine Schuh umb ein paar neuer hingeben / die mir so glat anstunden / als wann sie mir angemessen worden wären / sie gefielen mir auch so wol / daß ich kein andere als selbige genommen hätte / wann ich sie gleich mit baar Geld bezahlen müssen.
    Auff diese Ausstaffirung hatte ich denselben Tag sonst keine Verrichtung als meinen Magen zu füllen / und mein Nachtläger zubeziehen; Jenes thäte ich in der Pfisterey bey einer guten Stütze voll abgelegenen Mertzenbier / die ich daselbst ungefehr antraff und auff Gesundheit Pfisters in seiner Abwesenheit außläerte / und den Rest meines Wildbräds vollends auffzehrte / und dieses gleich darauff in einer Cellen / darinn allem Ansehen und meinen eigenen Beduncken nach ein Bett vor Frembde auffgerüstet war; welches mir so trefflich zuschlug / daß ich ohn alle Sorg darinn schlieff / biß jederman im Closter den folgenden Morgen seine bestimmte Zeit allerdings in der Kirchen zugebracht hatte; ich machte das Bett wieder wie sichs gebührt / und kam noch in die letzte Meß / die denselben Tag vor eine Herrenstands-Person verzogen und aufgehalten worden / welche kommen war / den Prælaten zu besuchen / und ihre Andacht daselbst zu verrichten.
    Man hatte auff denselben Herrn ansehnlich zugerichtet / und thät ihm als einem Gutthätern und lieben Nachbarn deß Gottshauses alle Ehr an; Er speisete mit dem gnädigen Herrn an seiner Tafel / worbey ich mich unter die Auffwärter mischete / und mich mit schmorotzen von den Bißlein auff den abgehobenen Dellern und Schüsseln behalffe; Da sahe ich nun den jungen Simplicium mit auffwarten / und die zwey Patres die ihm so übel wolten / an der Tafel sitzen; er war eine schöne junge Person / ja so wol gebildet und zart / auch von wohlständigen Geberden so anmüthig / als ich jemals ein Manns-Mensch gesehen; massen er dem frembden Herrn solche Verwunderung brachte / daß er in seiner Abwesenheit den Prælaten fragte / woher ihm dieser mundere Kerl zukommen wäre? Er antwortet ihm / daß er deß Weltberuffenen Simplicissimi Sohn sey / den ihm sein Vatter vor einen Cämmerling recommendirt , daß er beneben mehrers studire / und außgeholet werden solte / ob er sich nicht in den geistlichen Stand schickte; und damit erhub er ihn mit

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