Das wunderbarliche Vogel-Nest
Lob dermassen / daß man unschwer darauß abnehmen konte / wie weit seine Wissenschafften und Gaben deß Gemüths die äusserliche Gestalt deß Leibs übertreffen thäten! kurtz gesagt / er war in deß Prælaten Augen und judicio von solcher Achtbarkeit und æstimation , daß er gleich hätte einen Cardinal abgeben müssen / wann der Pabst so viel von ihm gehalten hätte.
Jch merckte wol daß diß Lob von den gedachten Patribus mit unwilligen Ohren gehöret wurde / derowegen sagte der eine / es ist zu wünschen / daß er durchaus so sauber sey / wie von ihm geglaubt wird; ohn ists nicht / er hat unvergleichliche Qualitäten / aber! und damit schwieg er still und liesse vor dißmal dem Gnädigen Herrn ein Nachdencken; Demnach sich aber der Jmbs geendet / berichtet er ferners auff deß Gnädigen Herrn Begehren / was massen ihm etliche Opffer-Pfennig außgefischt worden / an einem Ort da sonst niemand hinkommen als Simplicius ; Jch will ihn / antwortet der Prælat darauff / selbst probieren und außnehmen / somit einem eintzigen Louis geschehen kan / welchen ich ihm in meinem Zimmer legen will; Jch gedachte / und alsdann wird sich deß angegebenen Unschuld wol finden / aber was geschahe? es stunde über ein paar Tag nicht an / da hörete ich / daß der eine von den beyden feindseligen sagte / die Glock ist gegossen! Jch habe den gelegten Thaler selbst beym Kopff kriegt / und heut wird der Gnädig Herr unsern Spürhund fortschaffen; Was ich gedachte kan der Leser gedencken; Jndem zog er den Louis herauß und sagte / was wollen wir mit ihm machen / dann es ist Blutgeld? aber als sie sich so drüber berathschlagten / und ihn kaum aus den Händen gelegt / erwischte ich ihn / so daß er ihnen aus den Augen verschwand / mit ihrer allerhöchsten Bestürtzung.
Jch gieng gleich hin / dem Gnädigen Herrn denselben wiederumb darzulegen / ob ich etwan die Unschuld noch erhalten mögte / konte aber ehender nicht zukommen / als biß der junge Simplex , unterm Vorwant / ob wäre daß Gotteshauß mit gnugsamen Leuten versehen / bereits fortgeschickt worden; da gönnte ich den Thaler dem Closter auch nicht / weil ihm derjenig nit gehört war / der damit verjagt worden; Hierauff verbliebe ich noch wol 8. Tag im Closter / und sahe die Gebräuch / Ordnung und Gewonheiten deß Ordens / Jch sahe die allerandächtigste Personen / die in dem Gottesdienst gleichsam wie die Engel lebten / hingegen sahe ich aber auch / daß sich theils zuviel mit dem Zeitlichen schleppten; die Einfalt hatte daselbst den richtigsten Handel / und die derselben beygethan waren / bedunckten mich die frömbste zu seyn; die schlauhe aber wurden mit weltlichen Geschäfften so überladen / daß mich bedunckt / sie lebten wegen ihrer Seligkeit in gleich so grosser Gefahr als die Welt Menschen; Jm übrigen so hätte ich dasselbe Closter wol vor einen seligen Ort gehalten / und passiren lassen / wofern nur der leidige Neid und Mißgunst nicht auch dorten gewohnet hätte; Von allem was ich sonst sahe / bedunckt mich ein Gnüge und Uberfluß vorhanden zu seyn / auch solche mässige und regulirte Ordnung daß ich mir kein besser Leben hätte wünschen mögen; aber allein diese gedachte heimliche Seuch hielt sich so verborgen / daß sie nicht zu curiren war.
Als ich nun genugsam außgeruhet / und mich eben so wol außgefüttert hatte / versahe ich meinen Rantzen auß der Kuchen mit einem Schuncken und Hammelschlägel der mit Knoblauch gespickt war / weil ich wuste / daß solche kalt nicht übel schmecken / lieferte meinen bißher gehabten Hauptschlüssel dem Groß-Keller wiederumb ohne einige Complimenten / und nahm darauf meinen Weg ferner; hätte mich auch gern vor die empfangene vortreffliche Tractamenten bedanckt / wann ich nur ersinnen mögen / auff was weiß solches täglich beschehen können.
Wol zwo Stund gieng ich / daß mir nichts denckwürdigs begegnet / als ich mich aber zu nechst am Weg bey einem Brunnen nidersetzt und zu mittag asse / kam eben der Küh-Dieb / den ich schon etlichmal auff den Weg angetroffen / nemlich der jenig der seinen eignen Cammeraten in deß Kauffherrn Hauß hingerichtet / er setzte sich zu mir in Schatten / zog ein Stück Brod und Fleisch hervor / und fieng an mit mir in die wett zu essen / und als er sich gesättiget und wieder seines Wegs gieng / wandert ich mit / auff daß / wann er vielleicht wieder etwas übels anstellen wolte / ich ihm darvor seyn könte / aber es stiesse uns nichts auff / daran er sich zu vergreifen unterstanden
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