Das wunderbarliche Vogel-Nest
/ sondern wir kamen nach dreyen Stunden in eine Stadt / darin eine Universität war / allwo er in eines Schneiders Hauß einkehrte / und fragte / ob sein Rock fertig wär? Der Schneider antwortet ihm zwar mit nein / sagte aber doch / es mangle nur noch die Knöpffe anzusetzen / wann er sich nur ein halbe Stunde gedulden wolle / so solte ihm vollends geholffen werden; der Kerl war dessen zu frieden / aber ehe die halbe Stund verfloß / kamen die Buttel und Schürgen der Stadt mit etlichen bewehrten Mannen / und führten den Herrn Urian in Diebs-Thurn; dann die Meißner / denen neulich etliche Ballen Tuch in der Nachbarschafft auff einem Jahrmarck gestohlen worden war / hatten hin und wider so wol bey ihren Bekandten Tuchhändlern als Schneidern die Anstalten gemacht / durch welche auff die Spuhr ihres verlohrnen Guts zu kommen seyn mögte; Weil dann nun dieser Mauskopff einen Rock von zweyerley Farb / nemlich Fürstenfarb und blau schneiden lassen / und dem Schneider angedingt hatte / daß er ihn also nähen solte / daß man ihn umbkehren und auff beyderley Manier tragen könte; und dem Schneider solches verdächtig vorkommen / daß ers seiner Obrigkeit (wie allen seines Handwercks bey ihren Ayden auferlegt worden) anzeigte / zumaln auch die Meißner diese beyde Tücher von ihrem Gut zu seyn erkannten; als ist der Dieb hierdurch verrathen und erdappt: folgends auch gehenckt: das folgende Jahr aber am heiligen Charfreytag selbst mit samt der Ketten und den Kleidungen vom Galgen gestohlen worden.
Nachdem die Büttel diesen nun hingeführt / gieng ich in ein Wirthshauß / daran ein Schild hieng / auff welchem ein schwartzes Pferd gemahlet stunde / der Hoffnung es werde mir ein Trünckel Wein oder Bier darinn gedeyen; aber es waren so gar keine Gäste darinn vorhanden / daß ich daselbst meinen Durst zu leschen verzweifelte; Jch ward mit einem Mühlartzt in die Stuben kommen / der einen Sack Mehl hinein trug / und auff die Banck stellete / dem gab die Wirthin so allein vorhanden / ein Stück Brod und einen Schmarren stinckenden Schmir-Käs darauff und gieng / und holete ihm ein Quartglaß voll Wein; Jn dessen diese herumb aus war / legte der Müller den Schmier-Käs auff den Sack den er gebracht hatte / entweder weil er keinen Käs asse / oder weil der Käs in seinem natürlichen Geruch gar zu starck war; hernach tranck er den Wein / bedanckte sich und empfieng von der Wirthin Befelch / er solte ihr ein andermal das Gut genau zusammen halten / so solte es jeweils an einem Trunck und vielleicht zu zeiten auch an einem Trinckgeld nicht mangeln / je nach dem er gut Bossen machen würde.
Als der Mühlartzt hinauß tratte / kam der junge Simplicius hingegen hinein / und begehrte ein halbs / welches ihm die Wirthin alsobald holete; Er setzte sich darzu nieder / die Wirthin aber holete die Bachmulte / stellte sie zum Stuben-Ofen und machte Bereitschafft den Täig anzumängen; Als sie aber den Sack Meel nicht hin zum Bachtrog tragen konte / denselben außzulären / unangesehen sie sich daran abmergelte / daß sie auch den darauff liegenden Schmier-Käß überall mit dem Hälsigen zerknettet / und sich ohne ihr Wissen damit besudelte / stunde der ehrliche Simplicius auff / und wolte die Wirthin sich nicht mehr so abnöthigen lassen / sondern nahm den Sack (unangesehen seiner saubern Bekleidung / die er gantz mehligt machte) trug ihn zur Bachmulden und läerte ihn auß; und als er so wol als die Wirthin an die Kleider schlugen / solche wieder abzustäuben / da kam der Wirth selbsten in die Stub / und erblaste gleich im ersten Anblick / als er so einen schönen jungen Kerl / mit seinem gleichfalls nicht häßlichen jungen Weib in solcher Arbeit sahe; in summa es war ihm so ums Hertz / daß er anfänglich kein Wort reden konnte; Sobald er aber auch an eines jeden Brust einen Particul von dem stinckenden Käß sahe / welcher daran zerrieben seyn schiene / die gantze Stub auch voll dessen Geruch war / da konte er sich nicht mehr enthalten / wegen vermindlicher so gewisser und unfehlbarer Zeugnüß sein Weib eine ehebrecherische Hur und leichtfertige Vettel: den Simplicium aber einen ehebrecherischen Hurenhengst / Schelm und Ehrendieb zu schelten.
Er liesse nicht Zeit / weder Simplici noch seines Weibes Entschuldigung zu hören / sondern erwischte in seinem vermeintlichen gerechten Zorn und wütenden Eyffer Stühl und Bänck / beydes den unschuldigen Ehebrecher und die Ehebrecherin hinzurichten; der junge Simplex gieng zwar
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