Das Yakuza-Mal
Expedition in die Wälder nicht gerade passend angezogen, aber Mulvaney schien für so etwas immer die richtigen Kleider zu tragen.
Osgood stieg aus, schloß den Wagen ab, schaltete die Alarmanlage ein und überquerte die zweispurige Straße. Er betrat die Grasfläche auf der gegenüberliegenden Seite und ging auf den Wald zu. Das Fernglas, das auf seine Anweisung im Auto deponiert worden war, hing ihm um den Hals. In der linken Außentasche seines Ledersakkos steckte ein Tier- und Pflanzenführer Japans. Das Fernglas und das Buch dienten als Requisiten für die Geschichte, die er erzählen wollte, falls er entdeckt würde.
Er bemerkte, daß Mulvaney und Oakwood nicht in den Wald hineingegangen waren, sondern einem Trampelpfad folgten. Osgood zögerte, aber er hatte keine Wahl. Er ging ihnen nach und öffnete sein Sakko, um schneller an die P-38 K herankommen zu können. Er war warm genug angezogen, denn er trug eine leichte Lederjacke und einen Baumwollpullover. Bald nach Sonnenuntergang würde es empfindlich kühler werden. Er hatte für alle Fälle noch einen weiteren Wollpullover im Auto.
Soweit er sich erinnern konnte, standen hier draußen nur ein paar einsam gelegene Häuser reicher Leute und ein alter zen-buddhistischer Schrein. Er hatte die Lehren des Zen immer bewundert. Logik faszinierte ihn.
Osgood glaubte, Stoff rascheln zu hören. Da er annahm, daß Sergeant Oakwoods Rock sich in den Zweigen verfangen hatte, ging er zuerst langsamer und blieb dann stehen. Die Logik sagte ihm, daß sie jetzt etwas hätte sagen müssen, falls seine erste Vermutung stimmte. Und wenn es auch nur eine nebensächliche Bemerkung wäre. Warum sagte sie nichts? fragte er sich.
Er holte die P-38 K heraus und wartete.
Osgood hörte, daß sich vor ihm wieder etwas bewegte. Er folgte ihnen weiter, seine Hand hielt die Pistole umklammert. Er ging jetzt wieder schneller.
Nach ein paar Minuten blieb er abrupt stehen. Er sah die beiden am Waldrand stehen; der Weg war dort zu Ende. Mulvaney hatte den rechten Arm um ihre Schultern gelegt. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund starrten die beiden auf die Mauern des zen-buddhistischen Schreins. Sie unterhielten sich so leise, daß er nur an ihren Kopfbewegungen sehen konnte, daß sie überhaupt miteinander sprachen. Er konnte von den Lippen lesen, und das Fernglas war stark genug, daß er selbst in der Dämmerung ihre Unterhaltung hätte verfolgen können. Aber sie blickten nicht in seine Richtung.
Warum betrachteten sie den Schrein so aufmerksam?
»Äußerst seltsam«, murmelte Osgood vor sich hin. Er würde wohl hierher zurückkommen müssen, um herauszufinden, was daran so seltsam war.
5
Nächtliche Bewegungen
Sergeant Oakwoods Tarnung war vermutlich aufgeflogen; Mulvaney hatte nie eine besessen.
Daher schien es zwecklos, ihre Beziehung zueinander geheim zu halten. Zumindest hoffte er, daß sich eine Beziehung zwischen ihnen entwickeln würde, die sie nicht verstecken müßten.
Sie waren ins Hotel zurückgekehrt, weil er auf amerikanischem Essen bestanden hatte und weil das Hilton-Restaurant sowohl japanisches als auch amerikanisches Essen anbot. Man konnte wählen, ob man auf japanische Art essen wollte, also kniend, oder aber auf westliche Art auf dem Hintern sitzend. Er entschied sich für den Hintern. Sie saßen sich an dem Tisch für zwei Personen gegenüber. Andrea Oakwood nippte an ihrem Wein, rauchte seine Zigaretten und erklärte ihm, was er am Ende des Waldwegs gesehen hatte.
»Ich sagte dir doch, daß es ein zen-buddhistischer Tempel ist. Und das war's auch. Hast du dir schon mal Karate-Filme angesehen, Ed?«
»Dieses Chuck-Norris-Zeug? Ich hatte auch eine Bruce-Lee-Phase wie die meisten Jungs. Warum?«
»Was, meinst du, ist ein Ninja?«
Er lachte.
Sie wiederholte ihre Frage: »Sag mir doch mal, was ein Ninja ist.«
Er nippte an seinem Wein, sehnte sich nach einem weiteren Steak und war froh darüber, nicht sein eigenes Geld ausgeben zu müssen. »Also gut.
Ninjas sind politische Attentäter, die sich schwarz anziehen, gut in allen Kampfsportarten sind und Schwerter oder ähnliches Zeug mit sich rumtragen.
War die Antwort gut?«
»Teilweise. Es gibt Ninja-Clans ...«
»Ich weiß. Sie betreiben Karateschulen und bekämpfen sich auf der Straße und so weiter.«
»Sei bitte einen Moment lang ernst, Ed.«
»Okay.« Er strich sich mit der linken Handfläche übers Gesicht und zog seine Mundwinkel herab.
»Siehst du, wie ernst ich sein kann?«
»Es sind
Weitere Kostenlose Bücher