Das Yakuza-Mal
Mulvaney sagte: »Nimm nur eine. Ich benutze die Schrotflinte. Ich hab eine Schachtel Munition im Wagen gefunden.«
»Von mir aus. Los geht's.« Osgood wußte, daß er es zu weit trieb, aber er konnte nicht anders: Er ging auf die Fahrertür zu.
»Laß mich fahren«, bot Mulvaney an. »Nichts gegen deine Fahrkünste, aber im Vergleich mit dir sieht jede Leiche auf dem Seziertisch rosig aus.«
»Gegen solche tiefschürfenden Einsichten gibt es keine Argumente. Also los, Mulvaney.« Osgood sank in den Beifahrersitz, seinen Aktenkoffer warf er auf den Rücksitz. Er begann sofort, die Uzi zu überprüfen. Mulvaney legte den Gang ein und fuhr los.
Mulvaney schaltete in den zweiten Gang zurück und riß das Lenkrad scharf nach links. Der Wagen raste in die Auffahrt zu Gonrokus Haus, das auf einer Anhöhe lag. Kies spritzte hoch und kratzte unüberhörbar am Fahrgestell. Er schaltete in den dritten Gang und beschleunigte, um die maximale Kombination aus Geschwindigkeit und Drehmoment zu erreichen, die er für die Steigung benötigte.
»Du beherrscht die Handschaltung ganz gut, Mulvaney. Welche Marke fährst du?«
»Einen Porsche. Badewannenform. Den hab ich mir gekauft, als ich aus Vietnam zurückkam.«
»Ah - das sind wirklich wunderbare Autos.«
»Und du, Osgood, was fährst du?« Mulvaney war es lieber, sich mit Osgood zu unterhalten, als darüber nachzudenken, was sie in Gonrokus Haus erwartete.
»Ich besitze einen sorgfältig ausgewählten Fahrzeugpark. Einen Ferrari, ungefähr so alt wie dein Porsche. Rot, selbstverständlich.« Mulvaney lachte, Osgood auch. »Er fiel mir sozusagen bei meiner Arbeit in den Schoß.«
»Bei deinem Beruf kann ich mir das gut vorstellen.« Osgood lachte wieder, aber das Lachen klang hohl. »Dann habe ich noch ein relativ neues Allradfahrzeug, einen Jeep, um genau zu sein. Und ein Motorrad.«
»Du bist Motorradfahrer?«
»So würde ich es nicht gerade nennen. Aber ich besitze ein ziemlich aufregendes ...« Osgood beendete seinen Satz nicht. Er zog den Bolzen der Uzi zurück. Mulvaney schaltete rasch herunter. Die Auffahrt war völlig verwüstet. Mulvaney bremste scharf, und der Volvo schlitterte über den Kiesweg.
»Was ist denn hier los?«
»Das frag ich dich. Schau dir die Wand auf der anderen Seite des Gartens an.«
Mulvaney hatte sie bereits gesehen, noch bevor er den Wagen zum Stillstand gebracht hatte. Die eine Hauswand war verschwunden, als sei ein Panzer hindurchgedonnert. »Die Wand wurde gesprengt. Raus aus dem Wagen!« Osgood setzte sich in
Bewegung. Mulvaney stieg aus und langte nach der Schrotflinte, die zwischen den beiden Vordersitzen gelegen hatte. Mit der linken Hand packte er die Flinte, mit der rechten seine Pistole am Lauf.
»Einer rechts, einer links?« schlug Mulvaney vor.
»Ich nehm die rechte Seite«, antwortete Osgood.
Seine Stimme klang kalt.
Mulvaney sah ihn nicht an, ging zuerst langsam voraus, trabte dann los. Als er sich dem Garten näherte, hielt er die Mündung der Schrotflinte nach oben. Im Garten angekommen, ging er in Angriffsposition.
Die Steinbank war umgeworfen worden.
Mulvaney entdeckte einen dunklen Fleck darauf und ließ sich auf ein Knie fallen. Er nahm die Flinte in die rechte Hand und berührte den Fleck mit den Fingern seiner linken Hand - Blut. »Mulvaney!
Hierher! Schnell!«
Mulvaney fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, stand auf und rannte durch die aufgerissene Wand ins Haus. Er folgte der Stimme Osgoods, den Gang entlang und in ein mit Reismatten ausgelegtes Zimmer.
Osgood stand über eine Gestalt gebeugt, die Mulvaney einen Moment lang für Gonroku hielt.
Aber es war der Hausdiener, oder besser gesagt, Teile von ihm. Der linke Arm und die rechte Hand waren abgetrennt.
»Tsukiyama Koji«, zischte Mulvaney.
»Ja, das ist seine Handschrift.«
Mulvaney rannte durchs Zimmer und
durchschlug mit dem Kolben der Flinte die Wand zum nächsten Zimmer. Das Zimmer, in dem Andy Oakwood gelegen hatte, das Zimmer ... Er blieb stehen. Die Geräusche der hinter ihm abbröckelnden Wand dröhnten in seinen Ohren.
Sein Herzschlag stockte.
Kein kopfloser Rumpf. Überhaupt nichts.
»Dieser Scheißkerl hat sie gekidnappt. Ich will jetzt wissen, was hier eigentlich gespielt wird, Osgood. Und zwar auf der Stelle, verdammt noch mal!«
Osgood nickte. »Ja, du hast ein Recht, es zu erfahren.«
Mulvaney starrte ihn an.
Mulvaney hatte die Schrotflinte gereinigt; Osgood füllte die Magazine für seine Pistolen. Zum Glück hatte
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