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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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nur noch bis morgen Geduld haben müsse. Sie wartete, bis es Zeit war, Alejandro zu treffen, dann warf sie sich einen wollenen Umhang über ihr Nachthemd und ging vorsichtig die steile Hintertreppe hinunter, die von den Dienstbotenzimmern in den Innenhof führte. Sie musste sich am Geländer abstützen. In der Dunkelheit drang aus der großen Eingangshalle lautes Schnarchen an ihr Ohr.
    Sie wartete. Sie fror bis auf die Knochen und fürchtete, dass auch Alejandro eingeschlafen war. Schließlich hörte sie leise Schritte auf den Fliesen. Sie eilte ihm entgegen und warf sich der vermummten Gestalt in die Arme. »Oh Alejandro, wärme mich in deinen Armen. Es ist so kalt.«
    Doch anstatt sie zu umfassen, erstarrte die Gestalt und wich mit einem überraschten Ausruf zurück. Sie stieß sie unsanft von sich und schob die Kapuze zurück. Und Isabela sah nicht Alejandro, sondern – den Priester! Da tauchte eine weitere Gestalt aus dem Schatten auf und flüsterte eindringlich: »Isabela, wir müssen uns beeilen! Der Priester ist noch wach, aber ich hatte Angst, dass Ihr Euch erkältet, wenn Ihr zu lange warten müsst …«
    Erst da wurde Alejandro des Priesters gewahr, der rief: »Du willst die Tochter des Grafen verführen? Schurke, Ungläubiger, die Ehre dieses christlichen Hauses so zu beleidigen! Abtrünniger! Teufel! Falscher Christ!«
    Diener und Mönche erschienen und rieben sich den Schlaf aus den Augen. »Ergreift ihn!«, brüllte der Priester.
    Isabela warf sich ihm zu Füßen und beteuerte, es sei ihre Schuld, doch es war zu spät. Alejandro wurde von vier Männern gepackt und weggeschleppt. Es sei alles seine Schuld, rief er, nicht Isabelas.
    Der Graf wurde sofort benachrichtigt. Zunächst weigerte er sich zu glauben, dass sich seine Tochter zu einem heimlichen Treffen mit einem bedeutungslosen, konvertierten Mönch hatte locken lassen. Hätte er geahnt, wie weit ihr Verhältnis gediehen war, hätte er sein Schwert gezogen und Isabela und Alejandro an Ort und Stelle erschlagen. So ließ er Isabela auspeitschen, bis sie das Bewusstsein verlor, und dann in ihrem Zimmer einschließen. Am nächsten Tag brach er alle Verlobungsverhandlungen ab.
    Isabelas Zofe brachte ihr einmal am Tag Brot und Wasser und Isabela verbrachte die Zeit in Schmerz und Schweigen. Ein Monat verging und Ostern rückte näher. Die Striemen auf ihrem Rücken heilten. Die Übelkeit verschwand und ihre Mitte wurde runder. Die listige Zofe flüsterte ihr zu, dass sich nach dem milden Winter in den Armenvierteln der Stadt eine Fieberepidemie ausbreite. Sie berichtete Isabela auch, dass Alejandro durch eine gigantische Bestechungssumme, die seine Familie gezahlt hatte, mit dem Leben davongekommen sei. Allerdings habe man ihn gezwungen, im Armenhospital zu arbeiten, wo die Pest umging. In den schillerndsten Farben beschrieb sie die Hölle aus Schmutz, Leid und Tod, in der Alejandro ausharren musste, bis Isabela sich die Ohren zuhielt und der Zofe eine Brosche gab, damit sie verschwand.
    Im Spiegel sah Isabela, dass sie sich verändert hatte. Ihre einstmals weichen Wangen waren hohl, sie hatte dunkle Schatten unter den Augen und ihr dunkelgoldenes Haar war matt und leblos. Als das Wetter wärmer wurde, fühlte sie sich wie erstickt von einem üblen, durchdringenden Geruch, der über allem zu liegen schien. Die Pest? Ihre Zofe deutete an, dass es Mittel und Wege gebe, ein Kind nicht zu bekommen; sie murmelte etwas von einem Trunk und Giften und alten Frauen, die sich »darum kümmern« würden. Isabela stellte sich taub. Mit Zaubersprüchen, Hexenkunst und Giften, die das Baby aus ihrem Körper verschwinden lassen würden, wollte sie nichts zu tun haben. Sie erinnerte sich an die Freude auf Alejandros Gesicht, als sie ihm davon erzählte, und spürte eine so innige Liebe zu ihrem Baby, dass es ihr fast den Atem abschnürte. Inzwischen nahm sich die Zofe ungestraft, was immer ihr von Isabelas Sachen gefiel – Schmuck und Kleider, Handschuhe, einen Schal, Bänder. Isabela achtete kaum darauf. Sie konnte nur an eines denken: Wie sollte sie das Baby retten?
    Alejandro schaffte es, Isabela einen Brief zukommen zu lassen, in dem er sie seine liebste Beatrice nannte, sein Licht in der Hölle. Sie solle ihn vergessen und nur an sich und ihr gemeinsames Kind denken. Wenn es ihr gelänge, das Tal der Schwalben zu erreichen, könne sie seine Familie um Hilfe bitten. Isabela küsste das Papier und sah einen schwachen Hoffnungsschimmer. Alejandro lebte. Vielleicht

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