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Das Zeichen des fremden Ritters

Das Zeichen des fremden Ritters

Titel: Das Zeichen des fremden Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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muss wissen, wieso er hier ist. Er verhält sich seltsam.«
    »Was meint Ihr damit?«, fragte Jakob.
    »Er ist freundlich und höflich«, versuchte Konrad sein ungutes Gefühl in Worte zu fassen. »Aber er gibt keine klare Antwort, wenn man ihn fragt, warum er hier ist. Er weicht aus. Und mein Vater wollte ihn heute Mittag nicht vor allen Gästen ausfragen. Das fand er unhöflich.«
    Gespannt klopften sie an die Tür und traten ein. Geoffrey saß auf dem Schemel und unterhielt sich angeregt mit Sir Thomas. Der lag an ein paar Kissen gelehnt auf der Strohmatratze und sah blass aus, aber schon viel besser als noch vor ein paar Tagen.
    |89| Als Geoffrey die Kinder sah, stand er auf und verbeugte sich vor Sir Thomas.
    »Good day, Sir!«, sagte er zum Abschied.
    Konrad blickte die Kinder verblüfft an. Was war in Geoffrey gefahren? Vor drei Tagen hatte er sich auf dem Burghof doch noch vor dem Ritter versteckt, als wollte er nicht von ihm entdeckt werden!
    »Und auch euch guten Tag!«, wandte Geoffrey sich lächelnd an die Kinder. »Ich suche Gottfried jetzt. Wir müssen sprechen über die Musik für diesen Abend.«
    Damit verschwand er vergnügt durch die Tür.
    Die Kinder kamen aus dem Staunen nicht heraus, aber jetzt konnten sie nicht über Geoffreys seltsames Verhalten reden.
    »Oh! Hannes!«, begrüßte Sir Thomas den Jungen lächelnd. »Mein Lebensretter! Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich jetzt tot und erfroren.«
    Hannes wurde rot wegen des Lobs. »Ihr habt Euch doch schon bei mir bedankt!«, sagte er verlegen.
    »Das kann ich nicht oft genug tun. Und wen hast du mitgebracht?«
    »Konrad kennt Ihr ja. Und das sind meine Freunde Agnes und Jakob«, stellte Hannes die beiden vor.
    »Das freut mich!« Der Ritter nickte den beiden zu. »Habt ihr mich auch gerettet?«
    »Irgendwie schon«, antwortete Konrad für sie. »Sie haben in den letzten Tagen mit aufgepasst, dass mein Onkel Euch in Ruhe lässt.«
    »Das war nett von euch!«
    |90| Agnes spürte, dass Sir Thomas zwar höflich war, aber sehr angespannt. Seine Hände krampften sich ineinander, als wollte er sich selbst festhalten. Konrad hatte recht! Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. »Wieso habt Ihr französisch gesprochen?«, platzte sie heraus.
    »Habe ich das? Wann denn?«
    »An dem Tag, als Gisbert die Beule an Eurem Hinterkopf verbunden hat«, erwiderte Hannes. »Und ich war froh, weil ich dachte, Ihr wärt Franzose. Wegen Graf Guy.«
    »Es war so was wie ›mong diö‹ oder so ähnlich«, fügte Jakob hinzu.
    »Wahrscheinlich habe ich ›Mein Gott‹ gesagt, weil die Beule wehtat.« Sir Thomas betastete seinen Kopf. »Das tut sie immer noch ein bisschen.«
    »Aber warum auf Französisch?«, beharrte Agnes. »Ihr seid doch Engländer?«
    »Ja, das bin ich. Aber es ist nichts Besonderes für englische Ritter, französisch zu sprechen. Die meisten von uns kommen ursprünglich aus Frankreich und haben immer noch französische Verwandte. Meine Mutter ist Französin und ich bin sogar in Frankreich auf der Burg meines Großvaters geboren. Wir können beide Sprachen, manchmal sogar nur Französisch.«
    »Aha«, sagte Agnes etwas verwirrt.
    England musste ein seltsames Land sein. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es wohl wäre, wenn Graf Wilhelm nur Französisch könnte, aber trotzdem mit den Erlenburgern zurechtkommen wollte. Das musste ziemlich schwierig sein.
    |91| »Und Ihr sprecht gut Deutsch«, fügte sie noch hinzu.
    »Das ist für Engländer nicht schwer zu lernen«, erklärte Sir Thomas.
    »Und was bedeutet der Stern auf Eurem Wams?«, stellte nun Jakob die Frage, die die Kinder seit Tagen beschäftigt hatte.
    »Er ist das Wappen unserer Familie«, antwortete Sir Thomas knapp.
    Die Kinder blickten sich verstohlen an. Das konnte nicht stimmen. Der Herold hatte gesagt, so ein Wappen gäbe es nicht, und er kannte sich aus.
    »Und was macht Ihr hier in Erlenburg?«, stellte Konrad seine wichtigste Frage.
    »Hoho, das ist ja ein richtiges Verhör!«, rief der Ritter. »Aber ich will es euch gerne sagen.«
    Er blickte eine Weile nachdenklich vor sich hin, dann begann er zu erzählen.
    »Es war fast genau vor einem Jahr. Da kam ein Ritter zur Burg meines Herrn geritten und forderte ihn auf, einen seiner Getreuen auf ritterliche Abenteuersuche zu schicken, um seine Ehre unter Beweis zu stellen. Wir saßen alle wie versteinert um den großen runden Tisch in der Halle. Der fremde Ritter sah zum Fürchten aus. Groß und ganzin das dunkle Grün des Waldes

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