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Das Zeichen des fremden Ritters

Das Zeichen des fremden Ritters

Titel: Das Zeichen des fremden Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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an die Türen malt. Dann können sie nicht in die Häuser oder in die Ställe. Sehr wirkungsvoll gegen Geister ist auch der fünfzackige Stern. Oder eben Apfelscheiben mit dem Stern in der Mitte.«
    »Pah! Dummheiten!«, empörte sich Anselm. »Seit Hunderten von Jahren versucht die Kirche nun, diese Hirngespinste aus der Welt zu schaffen. Aber sie sind hartnäckig. Es gibt immer wieder Narren, die fest daran glauben und andere damit in Angst und Schrecken versetzen. Dieser Pierre scheint auch so einer zu sein. Was für ein Unsinn!«
    »Ja, aber vielleicht glaubt der Kranke das auch!«, sagte |77| Jakob plötzlich. »Er wollte sich einfach vor den Geistern schützen, während er unterwegs war!«
    »Genau«, rief Agnes aufgeregt. »Geoffrey hat vielleicht seinen Stern aus dem gleichen Grund und es hat gar nichts mit Rittern oder Engländern zu tun!«
    Hannes seufzte. »Dann hilft der Stern uns mit dem Fremden nicht weiter. Und wir müssen warten, bis er endlich spricht.«
    »Wir müssen auf die Burg!«, drängte Jakob die anderen. »Heute ist schon der dritte Tag, seit du ihn gefunden hast, Hannes. Vielleicht redet er ja inzwischen!«
    Bruder Anselm schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Nach dem, was ihr erzählt habt, reagiert er mit Schlaf und Benommenheit auf die Fieberkräuter. Das wird noch dauern!«
    »Aber wir können es doch versuchen!«, rief Agnes und sprang auf. »Kommt!«
    Großvater Bertram stand auf und drückte seinen Enkel fest zum Abschied. Dann öffnete er die Tür und ließ die Kinder hinaus.
    »Viel Glück!«, rief er ihnen nach. »Und erzählt uns, was ihr herausfindet!«
    Er schloss die Tür und sie hörten, wie er wieder den Riegel vorschob. Die Klosterkinder! Die hatten sie ja völlig vergessen. Vorsichtig blickten sie sich um und horchten auf die Geräusche. Um die Kirche herum war es jetzt still, der Lärm kam von der Stadtpforte.
    »Ausgerechnet!«, schimpfte Jakob. »Wie kommen wir jetzt zur Burg?«
    |78| »Sie machen bestimmt ihren Umzug durch die Stadt«, vermutete Hannes. »Wir laufen einfach ein Stück mit!«
    Er trabte sofort los, die anderen beiden folgten ihm. Sie hatten Glück und konnten sich an den Kindern vorbei durch die Pforte drücken und am ganzen Zug entlanglaufen.
    Der Kinderabt saß hoch zu Ross und vor ihm trug ein Junge das Kreuz, das sonst immer bei der Prozession am Fronleichnamstag im Sommer benutzt wurde. Die restlichen Kinder hüpften und sprangen ausgelassen hinter ihm her. Das war ein sehr ungewöhnlicher Anblick, denn bei einer Prozession gingen die Mönche und Klosterkinder normalerweise mit langsamen Schritten in Zweierreihen.
    Unter den frierenden Neugierigen am Straßenrand waren viele Bettler, die sich sonst nur an den Stadttoren aufhalten durften. Ganzvorne in der Reihe standen ihre Kinder. Kaum hatte der Kinderabt sie entdeckt, griff er in ein gut gefülltes Geldsäckchen aus der Klosterkasse und warf ihnen Pfennige zu. So etwas passierte sonst nur, wenn Adelige durch die Stadt ritten, aber auch dann nicht unbedingt jedes Mal. Die Kinder in den zerlumpten Kleidern balgten sich um die Münzen und gruben danach, wenn eine im Schnee verschwunden war, aber niemand ging leer aus.
    »Gut!«, rief Hannes über den Lärm. »Das könnten sie ruhig öfter machen!«
    »Stimmt! Aber ich kann Paul gar nicht entdecken!« Agnes suchte die Prozession nach ihrem Cousin ab.
    |79| »Da hinten ist er!«, sagte Hannes und zeigte in das Getümmel hinter dem Pferd des Kinderabtes. »An den kommen wir jetzt nicht ran.«
    »Wir wollen ja auch zur Burg!«, meinte Jakob. »Kommt!«
    Sie drängten sich durch die Schaulustigen auf dem Marktplatzund kamen atemlos im Burghof an. Sie hatten erwartet, dass der Graf mit seinen Gästen einen Ausritt unternahm und der Hof leer sein würde. Aber auch hier war heute die Welt verkehrt. Verblüfft blieben sie stehen und sahen zu, wie sich die adelige Gesellschaft bei einer Schneeballschlacht amüsierte.
    Gelächter und Musik erfüllte den Burghof. Gottfried sang und spielte auf seiner Laute. Und als seine Finger zu kalt wurden, übernahm Geoffrey und fiedelte eine schnelle Melodie, die die Kinder so noch nie gehört hatten. Sie musste aus England kommen. Ihre Füße fingen fast von allein an zu tanzen und zu stampfen. Und das war bei der Kälte genau das Richtige.
    Sie schoben sich zu Gottfried und versuchten dabei, den Schneebällen auszuweichen.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Hannes.
    Gottfried blies auf seine klammen Finger und

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