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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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hatten. «Bogenschützen an die Flanken!», rief ein Mann. «An die Flanken!»
    Ein französischer Trompeter spielte eine kurze, abgehackte Melodie. Es waren drei Noten, die sich hoben und wieder fielen, und er wiederholte sie ohne Unterlass. Es lag etwas Herausforderndes in diesen Klängen.
    «Tötet den Bastard!», schrie Sir John, doch der Bastard stand hinter der neuen Mauer.
    «Los!», rief der König.
    Hook atmete tief ein, dann rannte er nach rechts. Es schnellten keine Armbrustbolzen mehr aus der Verteidigungsanlage. Sie warten, dachte er. Vielleicht gingen ihnen bald die Bolzen aus, und sie sparten für den nächsten Angriff auf, was sie noch hatten. Er duckte sich hinter einem Mauerstumpf, und dann sah er den französischen Trompeter auf der neuen Mauer stehen und sein Instrument an die Lippen heben. Hook richtete sich auf, schon lag die Bogensehne an seinem rechten Ohr, er gab sie frei, die Sehne fuhr an seinem Armschutz entlang, und der weißbefiederte Pfeil schnellte in sein Ziel. Die Ahlspitze traf den Trompeter in die Kehle, bohrte sich durch seinen Hals und trat im Genick wieder aus. Der letzte Ton aus der Trompete klang wie ein Eselsschrei und brach dann unvermittelt ab, als der Mann von der Mauer stürzte. Noch mehr englische Pfeile zischten über ihn hinweg, als er endgültig hinter der Mauer verschwand und der Ton seiner Trompete über dem Platz nachhallte.
    «Gut gemacht, Bogenschütze!», rief Sir John.
    Hook wartete. Der Tag wurde immer wärmer. Die Sonne rollte wie ein Feuerball über einen Himmel, an dem nur die Rauchwolken der belagerten Stadt standen. Die Franzosen hatten den Beschuss vollständig eingestellt, was Hook nur in der Vermutung bestärkte, dass sie ihre Geschosse für einen neuen Angriff der Engländer aufsparten. Priester gingen langsam an den Trümmern der alten Stadtmauer entlang, segneten die Toten und nahmen den Sterbenden die Beichte ab, während sich vor der alten Stadtmauer, auf der Fläche zwischen dem zerschossenen Leure-Tor und der zusammengefallenen Barbakane, die Feldkämpfer unter den Bannern ihrer Lords sammelten. Diese Angriffstruppe, mindestens vierhundert Mann stark, war für die Verteidiger leicht zu sehen, doch sie schossen immer noch nicht.
    Einer von Sir Johns Knappen, ein Junge von zehn oder elf Jahren mit einem dichten Schopf hellblonden Haares und riesigen blauen Augen, brachte den Bogenschützen zwei Schläuche mit Wasser. «Wir brauchen Pfeile, Junge», erklärte ihm Hook.
    «Ich bringe welche», sagte der Junge.
    Hook setzte den Schlauch an den Mund. «Warum setzen sich die Feldkämpfer nicht in Marsch?», fragte er darauf, an niemand im Besonderen gewandt. Der König hatte seine Angriffstruppe versammelt, und die Bogenschützen waren in Stellung, dennoch hatte eine merkwürdige Trägheit von ihnen Besitz ergriffen.
    «Ein Bote ist gekommen», sagte der Knappe angespannt. Er war ein Knabe hoher Herkunft, der in Sir Johns Hausstand das Kriegshandwerk lernen sollte, und eines Tages würde aus ihm sicherlich ein großer Herr mit schimmernder Rüstung auf einem gepanzerten Pferd werden, doch noch beunruhigten ihn die hartgesottenen Bogenschützen, die er eines Tages befehligen würde.
    «Ein Bote?»
    «Vom Duke of Clarence», sagte der Knappe und nahm den leeren Wasserschlauch wieder entgegen.
    Der Duke hatte sein Lager auf der anderen Seite Harfleurs aufgeschlagen und griff die Stadt von dort an. Doch kein Laut aus dieser Richtung verriet, dass dort gekämpft wurde. «Und was hat uns der Bote mitgeteilt?», fragte Hook den Knappen.
    «Dass der Angriff gescheitert ist», sagte der Junge.
    «Mein Gott», sagte Hook ärgerlich. Das bedeutete, so vermutete er, dass der König wartete, bis sein Bruder einen neuen Angriff vorbereitet hatte, und dann würden die Engländer gleichzeitig von Osten und von Westen aus einen letzten Versuch unternehmen, um die hartnäckigen Verteidiger zu bezwingen. Also warteten Hook und seine Bogenschützen weiter. Wenn der König neue Befehle an seinen Bruder geschickt hatte, würden sie mindestens zwei Stunden brauchen, um ihn zu erreichen, denn der Bote musste in weitem Bogen nördlich um die Stadt reiten und mit einem Boot über den Fluss setzen.
    «Was geht vor?», fragte Sclate, der einfältige Feldarbeiter mit den Kräften eines Riesen.
    «Ich weiß es nicht», gab Hook zu. Der Schweiß lief ihm übers Gesicht und brannte in seinen Augen. Staub hing in der Luft, kratze ihn in der Kehle und ließ ihn sofort wieder durstig

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