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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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werden. Das Licht, das von den zerbrochenen Kalksteintrümmern der Stadtmauer zurückgeworfen wurde, blendete ihn. Er war müde. Er nahm die Sehne vom Bogen, um den Schaft zu entspannen.
    «Greifen wir wieder an?», fragte Sclate.
    «Ich vermute, dass wir angreifen, wenn der Duke von der anderen Seite aus vorrückt», sagte Hook. «Dauert aber vielleicht noch ein paar Stunden.»
    «Bis dahin sind sie auf uns vorbereitet», gab Sclate finster zurück.
    Denn dann wäre die Garnison bereit zum Kampf. Ihre Kanonen wären bereit und ihre Armbrüste und Springarden und ihr kochendes Öl. Das war es, was die Männer mit dem roten Kreuz erwartete. Die Feldkämpfer saßen inzwischen auf dem Boden, um sich auszuruhen, bis sie in die Schlacht gerufen wurden. Die leuchtenden Banner hingen schlaff von den Stangen herab, und eine merkwürdige Stille hüllte Harfleur ein.
    Warten. Warten.
    «Wenn wir angreifen», unterbrach Sir Johns Stimme die Stille. Er lief mit langen Schritten an den Trümmern der alten Stadtmauer entlang, hinter denen seine Bogenschützen in Deckung gegangen waren. Es schien ihn nicht zu kümmern, dass er sich schutzlos und in voller Sicht des Feindes bewegte. Doch die französischen Armbrustschützen, die zweifellos den Befehl erhalten hatten, ihre Bolzen aufzusparen, taten nichts. «Wenn wir angreifen», rief er erneut, «dann rückt ihr vor! Und ihr schießt ohne Pause! Aber dabei rückt ihr immer weiter vor! Wenn wir über die neue Mauer gehen, will ich Bogenschützen bei mir haben! Wir werden diese Bastarde in ihren gottverdammten Straßen jagen müssen! Ich will euch alle dort haben. Und viel Erfolg bei der Jagd! Heute ist der rechte Tag, um die Feinde unseres Königs zu töten, also tötet sie!»
    Und wenn das Töten vorbei wäre, fragte sich Hook, wie viele Engländer wären dann wohl noch übrig? Schon die Armee, die von Southampton Water losgesegelt war, hätte größer sein können, aber jetzt? Jetzt, so schätzte er, war die ursprüngliche Armee auf die Hälfte geschrumpft, und von diesen Männern waren viele krank. Und diese halbe Armee wurde nun in die Ruinen von Harfleur geschickt, während sich die französische Armee schließlich doch noch sammelte, um zum Kampf um die Stadt zu kommen. Den Gerüchten zufolge war die feindliche Armee riesig. Eine enorme Masse von Kriegern, die nichts lieber wollten, als die dreisten englischen Eindringlinge niederzumachen. Auch wenn ihnen Gott diese Mühe offenkundig ersparen wollte, indem er den Engländern die Krankheit geschickt hatte.
    «Lasst es uns endlich hinter uns bringen», brummte Will of the Dale.
    «Oder wir lassen ihnen die verdammte Stadt einfach», schlug Tom Scarlet vor. «Sie ist ohnehin nur noch ein Trümmerhaufen.»
    Was, wenn der Angriff scheiterte? Was, wenn Harfleur nicht fiel? Dann würden die Reste von Henrys Armee nach England zurücksegeln. Sie wären geschlagen. Der Kriegszug hatte so gut begonnen, mit diesem Meer aus flatternden Bannern und all den hochfliegenden Erwartungen, und nun gab es nur noch Blut und Exkremente und Verzweiflung.
    Ein anderer Trompeter in der Stadt spielte wieder dieselbe höhnische Weise. Sir John, der sich gerade wieder von seinen Bogenschützen entfernen wollte, wandte sich um und schnauzte in Richtung der Verteidiger. «Ich will diesen schwanzlutschenden Bastard tot sehen! Ich will ihn tot sehen!»Die letzten vier Worte hatte er so laut geschrien, dass ihn jeder Franzose hinter der neuen Mauer hören konnte.
    Dann, ganz unerwartet, kletterte ein Mann auf die neue Mauer. Es war nicht der Trompeter, der immer noch hinter der Mauer spielte. Der Mann auf der Mauer war unbewaffnet. Er richtete sich auf und winkte den Engländern mit beiden Händen zu.
    Einige Bogenschützen standen auf und spannten die Sehnen.
    «Nein!», brüllte Sir John. «Nein! Nein! Nein! Bögen runter! Bögen runter!»
    Der Trompetenton zitterte etwas und verklang dann vollständig.
    Der Mann auf der Mauer streckte seine leeren Hände weit über den Kopf.
    Und wunderbarerweise, unerwarteterweise, erstaunlicherweise war alles vorbei.
    Die Soldaten der Garnison von Harfleur wollten sich nicht ergeben, doch die Stadtbevölkerung hatte genug gelitten. Die Leute hungerten, ihre Häuser waren nach dem Beschuss der Engländer eingestürzt oder verbrannt, Krankheiten verbreiteten sich, sie sahen die Niederlage unvermeidlich kommen und wussten, dass rachlustige Feinde ihre Töchter schänden würden. Deshalb beharrte der Rat der Stadt auf der

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