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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Bogenschützen zu.
    «Schlingen!», befahl Sir John.
    Hook und die anderen Bogenschützen knüpften Schlingen in die Stricke. Sir John winkte einen Junker herbei, gab ihm seine Zügel und glitt vom Sattel. Er tätschelte Lucifers Hals, und dann ging er den Franzosen entgegen.
    Er wandte sich an einen großgewachsenen Mann mit Hakennase und einem kurzen schwarzen Bart. Der Mann war blass, und Hook hielt ihn für krank, aber dennoch zwang er sich dazu, an der Spitze der Franzosen aus der Stadt zu gehen und sich so an Stolz zu bewahren, was ihm geblieben war. Der bärtige Mann hieß seine Gefährten mit einer Geste zu warten, während er allein weiter auf Sir John zuging. Die beiden Männer blieben einen Schritt voneinander entfernt stehen, der Engländer in großartigem Aufzug und mit allen Zeichen seines Standes, das Heft seines Schwertes poliert, seine Rüstung schimmernd, der Franzose dagegen in der schlechtsitzenden Kleidung der gewöhnlichen Leute, die König Henry ihm befohlen hatte. Sir John, der sein Helmvisier hochgeklappt hatte, sagte etwas, das Hook nicht hören konnte. Dann umarmten sich die beiden Männer.
    Sir John ließ seinen rechten Arm um die Schultern des Franzosen liegen, während er ihn zu den Bogenschützen führte. «Hier vor euch steht Seigneur de Gaucourt», verkündete er, «der Befehlshaber unserer Feinde während der letzten fünf Wochen. Er hat tapfer gekämpft! Er verdient etwas Besseres als dies, doch unser König befiehlt, und wir müssen gehorchen. Hook, gib mir die Schlinge!»
    Hook streckte ihm das Halfter entgegen. Der Franzose warf ihm einen abschätzenden Blick zu, und Hook fühlte sich versucht, respektvoll den Kopf zu senken.
    «Es tut mir leid», sagte Sir John auf Französisch.
    «Es ist notwendig», gab Raoul de Gaucourt rau zurück.
    «Ist es das?», fragte Sir John.
    «Wir müssen gedemütigt werden, damit das übrige Frankreich weiß, was es zu erwarten hat, wenn es Eurem König Widerstand leistet», sagte de Gaucourt. Er lächelte schwach und ließ seinen Blick dann über die englische Armee schweifen, die darauf wartete, seinen erniedrigenden Gang zum Thron des Königs mit ansehen zu können. «Ich bezweifle, dass Euer König jetzt noch die Macht besitzt, Frankreich in Schrecken zu versetzen», fuhr er fort. «Nennt Ihr dies einen Sieg, Sir John?», fragte er und deutete auf die zertrümmerte Stadtmauer, die er so tapfer verteidigt hatte. Sir John antwortete nicht. Stattdessen hob er die Schlinge, um sie de Gaucourt über den Kopf zu ziehen, doch der Franzose nahm sie ihm aus der Hand. «Gestattet», sagte er und legte sich die Schlinge selbst um den Hals.
    Den anderen Franzosen legten die Bogenschützen die Schlingen um den Hals. Danach zog sich Sir John wieder auf Lucifers Sattel hinauf. Er nickte de Gaucourt zu und galoppierte die Gasse entlang, die die englischen Soldaten gebildet hatten.
    Die Franzosen gingen in vollkommenem Schweigen durch diese Gasse. Manche waren ältere Männer, während andere, zumeist Soldaten, jung und stark waren. Es waren Ritter und Bürger, die Männer, die dem König von England getrotzt hatten, und die Schlingen um ihre Hälse zeigten, dass ihr Leben nun von Henrys Gnade abhing. Sie gingen den Abhang hinauf und knieten sich bescheiden vor den mit goldfarbenem Tuch verhüllten Thron. Henry betrachtete sie lange. Der Wind spielte mit den seidenen Bannern und trieb den letzten Rauch von den Ruinen der Stadt. Die versammelten englischen Edelleute schwiegen. Sie erwarteten, dass der König das Todesurteil über die knienden Männer fällte. «Ich bin der rechtmäßige König über dieses Reich», sagte Henry, «und euer Widerstand war Verrat.»
    Ein schmerzlicher Ausdruck flog über de Gaucourts Miene. Aber er ging auf die Anschuldigung nicht ein und hielt stattdessen einen schweren Schlüsselbund hoch. «Die Schlüssel von Harfleur, Sire», sagte er. «Sie sind Euer.»
    Der König nahm die Schlüssel nicht. «Eure Auflehnung», sagte er eindringlich, «war gegen das irdische und das göttliche Gesetz.»Einige der älteren Händler schüttelten die Köpfe. Einem von ihnen liefen Tränen über die Wangen. «Aber Gott», fuhr Henry gemessen fort, «ist gnädig.»Er nahm die Schlüssel. «Und auch Wir werden gnädig sein. Ihr habt euer Leben nicht verwirkt.»
    Jubel stieg aus der englischen Armee auf, als das Sankt-Georgs-Kreuz über der Stadt aufgezogen wurde. Am nächsten Tag ging Henry von England barfuß zur Kirche Saint-Martin, um Gott für

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