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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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und sah, dass er Sir Roger Pallaire getötet hatte. Sir Roger, angeblich aufsehen der Burgunder, war am Leben gelassen worden, um rauben und vergewaltigen zu können, was bedeutete, dass er heimlich mit den Franzosen verbündet gewesen war. Während Hook diesen unglaublichen Verrat noch zu fassen versuchte, starrte ihn das nackte Mädchen mit weit aufgerissenen Augen an. Sie schien außer sich vor Schrecken, und Hook befürchtete, dass sie anfangen würde zu schreien. Also legte er den Zeigefinger auf seine Lippen, doch sie schüttelte den Kopf und begann, leise, verzweifelte Töne auszustoßen, halb war es Stöhnen, halb Keuchen. Hook runzelte zuerst böse die Stirn, doch dann verstand er, dass Stille verdächtiger wäre als Laute der Qual. Das war klug von ihr, dachte Hook. Er nickte ihr zu und schnitt den blutgetränkten Beutel von Sir Rogers Gürtel. Dann zog er Sir Rogers Wappenrock vom Kettenhemd herunter und warf ihn zusammen mit dem Beutel in den Speicher hinauf. Er griff über sich und fasste nach einem der Balken. Er zog sich nach oben und streckte dem Mädchen seinen rechten Arm entgegen.
    Doch die junge Frau wandte sich ab, und Hook zischte ihr zu, sie solle mit ihm kommen. Aber das Mädchen hatte etwas anderes im Sinn: Es spuckte Sir Rogers Leiche einmal an, und dann noch ein zweites Mal, bevor es Hook seine Hand reichte. Er zog es mit derselben Leichtigkeit zu sich hinauf, mit der er die Bogensehne spannte. Er deutete zu dem Wappenrock und dem Beutel hinüber, und die Nonne raffte beides zusammen, bevor sie ihm durch den Speicher folgte. Hook drückte die dünne Flechtwand ein, die den Speicher von dem des Nachbarhauses trennte, und sie stiegen durch die Öffnung hinüber. Der Schein der Laterne erreichte sie schon lange nicht mehr, und Hook tastete sich vorsichtig weiter. Er ging bis zum Ende der Speicherreihe und war nun drei Häuser von dem Haus entfernt, in dem er Sir Roger getötet hatte. Er winkte das Mädchen zu sich und bedeutete ihm, sich an die Giebelwand zu setzen. Und dann, langsam und so leise wie möglich, zog er das Dachstroh herunter.
    Dafür brauchte er etwa eine Stunde. Er zog nicht nur das Stroh herunter, sondern löste auch ein paar der Dachsparren, die an den Firstbalken genagelt waren. Als er fertig war, fand er, dass es aussah, als sei das Dach eingestürzt. Zusammen mit dem Mädchen kroch er unter das Stroh und kauerte sich darin zusammen. Er hatte ihnen ein Versteck gebaut.
    Nun konnte er nur noch warten. Manchmal sagte das Mädchen etwas, doch Hook hatte während seiner Zeit in Soissons nur wenig Französisch gelernt und verstand die Worte kaum. Nach einer Weile lehnte sich die junge Frau an ihn und schlief ein, wenn auch ihr Schlaf manchmal von einem Wimmern unterbrochen wurde, worauf Hook unbeholfen versuchte, sie zu beruhigen. Sie trug Sir Rogers Wappenrock, der immer noch feucht von Blut war. Hook schnürte den Beutel auf und fand Münzen, goldene und silberne, vermutlich der Lohn des Verrats.
    Grau kam die Morgendämmerung. Sir Rogers ausgeweideter Körper wurde erst vor Sonnenaufgang entdeckt. Schreiend und zeternd hörte Hook Männer die Häuserreihe unter ihm durchsuchen, doch sein Versteck war gut, und niemand dachte daran, in dem Haufen aus Stroh und Holz herumzustöbern. Das Mädchen wachte auf, und Hook legte ihm einen Finger auf die Lippen. Zitternd schmiegte es sich an ihn. Hook hatte immer noch Angst, doch diese Angst hatte sich mit Ergebung vermischt, und irgendwie hatte ihm die Anwesenheit des Mädchens auch Hoffnung gegeben, die er in der Nacht zuvor nicht gehabt hatte. Aber vielleicht, so dachte er, beschützten ihn auch die Zwillingsheiligen von Soissons. Er bekreuzigte sich und sandte ein Dankgebet an Crispin und Crispinian. Sie schwiegen jetzt, doch er hatte getan, was sie ihm befohlen hatten. Hook überlegte, ob es Crispinian gewesen war, der in London zu ihm gesprochen hatte. Das war nicht sehr wahrscheinlich, aber wer sollte es sonst gewesen sein? Gott? Doch dann schien ihm diese Frage plötzlich nicht mehr so wichtig, denn es wurde ihm bewusst, dass er in Soissons getan hatte, was ihm in London nicht gelungen war. Hoffnung flackerte in ihm auf, die Hoffnung auf Erlösung und das Überleben. Es war nur eine schwache Hoffnung, so kraftlos wie eine Kerzenflamme im Wind, aber sie war da.
    Vor dem Morgengrauen war es in der Stadt leiser geworden, doch als die Sonne über der Kathedrale aufging, hob der Lärm wieder an. Schreie waren zu hören und Stöhnen

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