Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
denken, und daran, ob Melisande wohl schwanger werden würde, als er das unvermittelte, zischende Geräusch eines abgeschossenen Armbrustbolzens vernahm. Das Geräusch kam ganz aus der Nähe. Hook ging in die Hocke, kroch ein Stück vorwärts, und plötzlich hatte er den Schützen vor sich. Es war ein Junge von vielleicht zwölf oder dreizehn Jahren, und er keuchte leise, während er seine Waffe mit Hilfe einer Kurbel spannte. Am Kopf des Bogens war ein Bügel angebracht, in den der Junge seinen Fuß gestellt hatte, und an seinem Ende sah man die Ausbuchtung, in die er die zwei Kurbelgriffe gesteckt hatte, mit deren Hilfe er die Sehne nach hinten zog. Es war ein schweres Stück Arbeit, und der Junge verzog vor Anstrengung das Gesicht, während er die dicke Sehne Stück für Stück am Mittelschaft der Waffe emporbewegte. Er war so konzentriert, dass er Hook nicht bemerkte, bis der Bogenschütze ihn am Kragen packte. Der Junge versuchte Hook einen Faustschlag zu versetzen und jaulte auf, als er einen Schlag auf den Kopf erhielt.
    «Du bist reich, was?», sagte Hook. Die Jacke des Jungen, deren Kragen Hook immer noch festhielt, war aus feingesponnener Wolle. Seine Kniehosen und Schuhe wirkten kostspielig, und die Armbrust, die Hook mit der rechten Hand griff, sah aus, als sei sie speziell für den Jungen angefertigt worden, denn sie war viel kleiner als eine Männerarmbrust. Der Bolzenschaft war aus Nussholz und mit einer wundervollen Einlegearbeit aus Silber und Elfenbein geschmückt, die eine Hirschjagd in einem Wald zeigte. «Sie werden dich vermutlich hängen», sagte Hook heiter und ging auf den Weg hinaus. Den Jungen hatte er sich unter den linken Arm geklemmt, während er in der rechten Hand seinen eigenen Bogen und die kostbare Armbrust hielt. Er stieg die Anhöhe hinauf und wurde auf dem Kamm des Hügels von grinsenden Bogenschützen und den berittenen Feldkämpfern empfangen. «Hier ist der Feind, Sir John!», sagte Hook fröhlich und ließ den Jungen neben Sir Johns Pferd fallen.
    «Ein tapferer Feind», sagte einer der Reiter bewundernd, und als Hook aufsah, hatte er den König vor sich. Henry trug eine Rüstung und einen Wappenrock in den königlichen Farben. Um seinen Helm war eine Goldkrone gelegt, doch das Visier war hochgeklappt, sodass sein Gesicht mit der langen Nase und der tief gefurchten Narbe zu erkennen war. Hook fiel auf die Knie und zog den Jungen mit sich zu Boden.
    « Votre nom ?», verlangte der König von dem Jungen zu wissen, der nicht antwortete, sondern nur zornig zu Henry emporstarrte. Hook versetzte ihm einen weiteren Schlag auf den Kopf.
    «Philippe», sagte der Junge verdrossen.
    «Philippe?», fragte Henry. «Philippe und nichts weiter?»
    «Philippe de Rouelles», antwortete der Junge trotzig.
    «Wie es scheint, ist Master Philippe der einzige Mann Frankreichs, der es wagt, uns entgegenzutreten!», sagte der König laut genug, dass es alle auf der Hügelkuppe hören konnten. «Er hat zwei Armbrustbolzen auf uns geschossen! Du hast versucht, deinen eigenen König zu töten, Junge», fuhr Henry fort. Er sprach jetzt wieder französisch. «Und dieser König bin ich. Ich bin König der Normandie, König von Aquitanien, König der Picardie und König von Frankreich. Ich bin dein König.»Er schwang ein Bein über den Sattel und sprang vom Pferd. Ein Knappe eilte heran, um die Zügel des königlichen Pferdes zu halten, während Henry mit zwei Schritten bei Philippe de Rouelles war und auf ihn niederbückte. «Du hast versucht, deinen König zu töten», sagte er und zog sein Schwert. Die Klinge fuhr mit einem zischenden Geräusch aus der Scheide. «Was tut man mit einem Jungen, der versucht, einen König zu töten?», fragte Henry mit erhobener Stimme.
    «Man tötet ihn, Sire», knurrte ein Reiter.
    Die Klinge des Königs hob sich. Philippe zitterte, und in seinen Augen standen Tränen, doch aus seiner Miene sprach immer noch starrsinniger Trotz. Er blinzelte, als die Klinge niederfuhr.
    Sie hielt einen Fingerbreit über seiner Schulter inne. Henry lächelte. Er tippte mit der Klinge zuerst auf die eine, dann auf die andere Schulter des Jungen. «Du bist ein tapferer Untertan», sagte er wohlgemut. «Erhebt Euch, Sir Philippe.»Die Reiter lachten, als Hook den Jungen, der die Augen weit aufgerissen hatte, auf die Füße zog.
    Henry trug eine goldene Kette um den Hals, an der ein mächtiger Elfenbeinanhänger hing, in den wiederum eine Antilope aus Jettstein eingelassen war. Die Antilope

Weitere Kostenlose Bücher