Das Zeichen des Vampirs - The Society of S
es nicht.
»Rosmarin«, sagte sie. »Rosmarin mit einem Spritzer wei ßen Essig.«
»Essig kenne ich«, sagte ich. »Und das Wort Rosmarin habe ich schon mal gelesen, aber noch nie vorher gerochen.«
Sie fuhr sanft mit dem Kamm durch meine Haare. »Hat er dir denn gar nichts beigebracht?«, fragte sie.
»Er hat mir sogar eine ganze Menge beigebracht«, erwiderte ich. »Geschichte, Naturwissenschaften, Literatur, Philosophie. Latein, Französisch, Spanisch. Und ein bisschen Griechisch.«
»Eine klassische Erziehung«, sagte sie. »Aber hat er dir denn nie von der Göttin Epona erzählt oder dir gezeigt, wie Rosmarin duftet?«
»Es gibt schon ein paar Dinge, die er mir nicht beigebracht hat«, sagte ich zögernd. »Ich kann nicht besonders gut Straßenkarten lesen. Und ich weiß kaum etwas über Göttinnen.«
»Er hat den gesamten Bereich der Mythologie einfach weggelassen«, sagte sie mit Entschiedenheit. »Schau, deine Haare fühlen sich wie Seide an. Und jetzt lass uns essen.«
Wie alle Zimmer, die ich bis jetzt im Haus gesehen hatte, war auch die Küche geräumig und hatte hohe Decken. Am Boden lagen Steinfliesen in unterschiedlichen Blautönen und die Wände waren türkisfarben verputzt. Von der Decke hin gen Kupfertöpfe und auf dem blau emaillierten Herd köchelte in einem Kochtopf etwas vor sich hin. Um einen langen, alten Eichentisch standen acht Stühle.
Ich überlegte, wie ich meiner Mutter von meiner »Diät« erzählen sollte. Leider fiel mir kein besseres Wort dafür ein. »Es gibt Sachen, die ich nicht essen kann«, sagte ich. »Das heißt, essen kann ich sie schon, aber sie stärken mich nicht so wie bestimmte andere Lebensmittel.«
Sie schöpfte Suppe in zwei große blaue Schalen und trug sie zum Tisch. »Dann probiere mal davon«, sagte sie.
Ich probierte einen kleinen Löffel von der dunkelrot, zart goldfarben schimmernden Suppe und dann gleich noch einen. »Oh, die schmeckt aber richtig gut «, sagte ich überrascht. In der Brühe schwammen Möhren, Rüben und Kartoffeln, aber die anderen Aromen konnte ich nicht genau bestimmen. Sie war sämig, vollmundig und machte mich glücklich.
»Das ist rote Misosuppe.« Meine Mutter aß selbst einen Löffel. »Mit Bohnen, Linsen, Safran und noch ein paar anderen Zutaten - zum Beispiel Bockshornklee und Luzerne -, die ich für den Geschmack hineingetan habe. Außerdem sind noch ein paar Vitamin- und Mineralzusätze drin. Ist wohl das erste Mal, dass du so etwas isst?«
Ich nickte und schob mir den nächsten Löffel voll Suppe in den Mund.
»Ja, so ist es gut, schön essen«, sagte sie. »Du bist viel zu dünn. Was hat er dir denn gekocht?«
In ihrer Stimme lag keine Kritik, aber es irritierte mich, dass sie die ganze Zeit von »er« sprach. »Mein Vater hat extra für mich eine Köchin eingestellt«, antwortete ich. »Ich sollte mich ausschließlich vegetarisch ernähren. Außerdem haben er und Dennis regelmäßig mein Blut untersucht und mir ein spezielles Tonikum gegeben, als ich anämisch war.«
»Dennis«, sagte sie nachdenklich. »Wie geht es ihm?«
»Es geht ihm gut«, sagte ich verhalten und fügte dann etwas offener hinzu: »Er macht sich Sorgen um sein Gewicht und weil er älter wird.«
»Der Arme.« Sie stand auf und schöpfte eine zweite Portion Suppe in meine Schale. »Und wie geht es Mary Ellis Root?«
Sie ist grässlich , dachte ich, sagte aber: »Wie immer. Sie hat sich nicht verändert.«
Meine Mutter stellte die Schale vor mich hin. »Nein«, sagte sie mit einem amüsierten Unterton. »Die ändert sich wohl auch nie mehr.«
Sie verschränkte die Arme auf dem Tisch und sah mir beim Essen zu. Ich spürte, wie viel Vergnügen es ihr bereitete - vielleicht machte ihr jeder Löffel, den ich von der köstlichen roten Suppe aß, genauso viel Freude wie mir.
»Hat dir jemand das Kochen beigebracht?«, fragte sie.
»Nein.« Ich griff nach dem großen blauen Glas mit Wasser, das sie mir eingeschenkt hatte. Und auch das Wasser war eine Überraschung, es steckte voller Mineralien und hatte einen frischen metallischen Nachgeschmack.
»Es stammt von der Mineralquelle im Garten hinter dem Haus«, sagte sie. »Wenn du mit dem Essen fertig bist, führe ich dich herum.«
»Ein bisschen kochen kann ich schon«, sagte ich und dachte an meine misslungene vegetarische Lasagne. »Außerdem kann ich Fahrrad fahren und schwimmen.«
»Kannst du rudern?«, fragte sie.
»Nein.«
»Weißt du, wie man einen Biogarten anlegt? Kannst du dir
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