Das Zeit-Tippen
Kind, das von Giraffen im Feuer träumte.
Tränen furchten seine Backen, Akrosticha der Liebe und Anbetung.
Er konnte nicht bleiben; andere sollten sie enträtseln. John sprang in die Menge, war wieder in dem Glastunnel und drängte zur U-Bahn-Station. Hände des Schicksals, dachte er. 72 nd Street.
Denk an deine Lochkarte. Sie müssen hinter mir her sein. Sie müssen mich erwischen. Noch nicht. Die Treppen hinunter, am Entwerter vorbei. Er steckte die Lochkarte in den Apparat, ging durch das Drehkreuz und rannte die Treppen hinunter.
Auf der Station herrschte kein Gedränge. Er brauchte sie nicht zu überzeugen, daß er Richard war. Ein Zug. Der auf ihn wartete. Einige Leute im Wagen. Steig in einen leeren. John schlüpfte durch eine der sich schließenden Türen.
Er wurde in den Tunnel katapultiert und war eine Sekunde oder eine Minute oder eine Stunde lang sicher. Während John es sich in seinem Plastiksitz bequem machte, bemerkte er, daß das Mädchen ihm gegenüber zu schreien schien. Kein Wunder, dachte er; er hatte noch immer die Pistole in der Hand. Er zielte sorgfältig und drückte ab. Nur ein Klicken. Das Mädchen rannte aus dem Wagen, wobei Dampf ihrem Mund entströmte.
Nur noch wenig Zeit, dachte er. Der Wagen stoppte plötzlich, und John wurde von seinem Sitz geschleudert. Schmerz betäubte seinen Kopf; er konnte sich nicht bewegen. Er war mit Fusseln bedeckt.
Beweg deinen Arm. John konnte ihn nicht finden. Sein Kopf wackelte, als er darauf stand. Muß mich aufraffen. Sein anderer Arm bewegte sich hin und her; aber es genügte nicht.
Er blickte in das Fenster. Ein verschmierter Daumenabdruck beim Griff. Nur noch wenig Zeit. Sein Spiegelbild glitt über ihn. Er blickte nochmals hin. Das Fenster wurde fusselig, zerfloß, verschmolz mit dem Metall des Wagens. Und sperrte ihn ein.
Eine stille Revolution für den Tod
Keine andere Epoche hat soviel Gewicht auf den Gedanken an Tod gelegt wie das zur Neige gehende Mittelalter.
J. H UIZINGA
Es ist ein herrlicher Tag für einen Ausflug und ein Picknick. Nichts deutet am wolkenlosblauen Himmel auf Regen hin, und der Superhighway schlängelt sich wie ein Betonkanal dahin. Die Wagen bewegen sich im Zeitlupentempo wie Gondeln durch Gottes Zauberstadt.
„Was für ein Tag“, sagt Roger, während er sich in seinen Polstersitz zurücklehnt. Obwohl es sich um einen Automatic-Wagen handelt, hält er den Schalthebel lässig zwischen Daumen und Zeigefinger. Sein grüner Chevrolet saust an Alleen vorbei und beschleunigt sein Tempo auf zweihundert Stundenkilometer. „Das war Gottes Absicht, als er den Sonntag schuf“, sagt Roger, während er den Schalthebel losläßt, um seine Arme stilisiert zu schwenken. Er träumt, daß er ein Engel Gottes ist, der einen augenlosen Blinden durch Sein Reich führt.
Die Kinder sitzen auf dem Hintersitz, wo sie sich raufen und kreischen und mit ihrer Schminke herumpantschen können, bis Sandra frustriert genug wird, um ihnen ein Schlaf-Leicht zu geben und die Fahrt abzukürzen. Aber die Monotonie der schönen Landschaft und die an Gummi und Glas vorbeizischende Luft müssen Sandra eingelullt haben. Sie sitzt neben Roger. Ihr Kopf wackelt, schönes blondes Haar verhüllt ihr schönes Gesicht.
„Ich übe, ein Engel zu sein“, ruft Bennie, Rogers Ältester und Lieblingssohn. Die anderen Kinder kichern und machen psst.
Roger dreht sich um und sieht, daß sein Sohn das Gesicht bemalt und mit Asche beschmiert hat. Er hat gute Arbeit geleistet, denkt Roger. Blaue und graue Schminkringe umranden Bennies große braune Augen. „Wirklich nicht übel“, sagt Roger. „Dein Gesicht ist sogar noch eindrucksvoller als dein Kostüm.“
„Wenn ich wollte, könnte ich es besser machen“, sagt Rosemarie, die sieben ist und eine Imitationskrinoline mit Stoffrosen auf dem Mieder anhat.
Aber Bennie ist unbeirrt. Er strahlt seinen Vater an und sagt: „Du hast gesagt, daß jeder, sogar Kinder, seine eigene Ansicht vom Tod haben muß. Also, meine Ansicht ist genau wie deine.“ Bennie ist zwölf. Er ist der kleine Mann der Familie und wird nächstes Jahr, mit Gottes Hilfe, Bar-Mizwa sein, denn Sandra ist halbjüdisch und glaubt, daß Kinder noch mehr Zeremonien nötig haben als Erwachsene.
Rosemarie plustert sich auf und sagt immer wieder: „Ha!“ Samson und Lilly, fünf-, beziehungsweise sechsjährig, spielen still miteinander „Faß an“. Aber Samson – der das Ebenbild seines Vaters werden wird, das gleiche
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