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Das Zeit-Tippen

Das Zeit-Tippen

Titel: Das Zeit-Tippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Dann
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sicher, daß Sie mich zu gegebener Zeit erkennen werden“, sagte Mantle sarkastisch. „Sagen Sie mir jetzt, was Sie für mich haben.“
    „Wie Sie wissen, habe ich Ihnen, als ich mich neulich meldete, keine Versprechungen gemacht.“
    „Ja, ja, ich weiß“, sagte Mantle. „Findet nun eine Steckkontaktzeremonie statt oder nicht?“
    „Es ist mit der Kirche ein Abkommen getroffen worden, daß Sie daran teilnehmen dürfen“, sagte Pretre.
    „Ein Abkommen?“
    „Ich habe ihnen erklärt, daß Sie ein Ehrenmann und aufrichtig an einer Bekehrung interessiert sind. Wenn Sie jedoch Bedenken haben…“ Pretre hatte das Aussehen eines Glaubenseiferers; in Mantles Augen sahen alle religiösen Fanatiker widersinnig aus, waren zu gut gekleidet, hatten zu kurz geschnittene Haare, zu blank polierte Schuhe. Sie schienen sich alle unbehaglich zu fühlen, als wären Kleidung und Körper Särge für die Seele.
    „Welche Gegenleistung verlangen Sie dafür?“ fragte Mantle.
    „Wie gesagt, wenn Sie Bedenken haben… Ich glaube wirklich, daß wir zu einem Abschluß kommen müssen…“
    „Wo wollen wir uns treffen – und wann?“ fragte Mantle.
    „Wann wir uns treffen, hängt natürlich von dem Ableben desjenigen ab, der sich der Kirche darbringt“, sagte Pretre und senkte den Kopf leicht – eine fromme Geste, die nicht prahlerisch wirkte. „Aber wie in den meisten Fällen wird le Crier zur festgesetzten Zeit sterben.“
    „Und die ist…?“
    „Warum machen Sie heute abend gegen acht Uhr keinen Spaziergang zum Quai Saint Pierre?“ sagte Pretre. „Das Fest ist noch nicht zu Ende und der Abend sehr schön. Hätten Sie vielleicht jetzt die Güte, Ihr Video einen Augenblick einzuschalten, damit ich Sie erkennen kann…“
    „Ich bin sicher, daß sich mein Hologramm in Ihrer Kartei befindet“, sagte Mantle, nahe daran, das Gerät abzuschalten.
    „Oh, das ist aber nicht fair und entspricht auch nicht der Art, wie wir solche Dinge behandeln. Ich habe bisher Geduld mit Ihnen gehabt. Jetzt sind Sie an der Reihe, mir die Gefälligkeit einer angemessenen Vorstellung zu erweisen.“
    „Nun gut“, sagte Mantle und stellte das Gerät so ein, daß nur ein schmaler Streifen des Zimmers zu sehen war. Dann drückte er viel zu heftig auf die Video-Taste und beugte sich zum Bildschirm vor.
    Pretre lächelte untypisch und sagte: „Sehr hübsch.“ Dann verschwand das Bild und ließ nur die Rauchblume, das Symbol der Kirche, zurück, die sich im Zimmer auflöste.
     
     
    Es hatte zu nieseln angefangen. Im Norden grollte der Donner; in einer Stunde würde der Wind aufkommen und der Nebel von strömendem Regen zerrissen werden. Aber das würde niemanden davon abhalten, zu dem Fest zu gehen; die Einheimischen würden herumpatschen und ihre traditionellen Papierkostüme vom Regen aufweichen lassen. Jeder andere würde irgendeinen Regenschutz tragen.
    Pfeiffer hatte darauf bestanden, Mantle zu begleiten, zumindest bis zum Kai; er mußte sowieso noch sein restliches Gepäck aus dem alten Carleton Hotel abholen, und hier fühlte er sich verloren. Es war schwierig, sich Pfeiffer ohne seine sich selbst auferlegte Lebensordnung vorzustellen, nämlich ohne sein Schreiben, sein Dösen und sein Beobachten der U-Bahn; früher pflegte Pfeiffer die ganze Nacht zu arbeiten und nie auszugehen. Mantle hatte sich nie an das ständige Geklapper von Carls und Carolines altmodischen Schreibmaschinen gewöhnt; in paranoideren Augenblicken hatte er den Eindruck gehabt, sie wollten ihn verunsichern, weil er nicht arbeitete.
    Und jetzt hat der kleine Fischer nichts zu tun, dachte Mantle. Dann überfiel ihn die schmerzliche Einsamkeit, die er mit Josiane in Verbindung brachte. Wie gewöhnlich konnte er sich beinahe an sie erinnern; aber sogar in jenen wenigen Kindheitserinnerungen an Josiane, die ihm geblieben waren, sah er sie nur verschwommen.
    Sie gingen in südlicher Richtung zum Boulevard und zum Kai. Die Straßen belebten sich, und der Himmel war bunt erleuchtet. Das Krachen des fernen Feuerwerks war zu hören, denn die Einheimischen feierten ihren Festtag nach altem Brauch.
    „Wohin gehst du heute abend?“ fragte Mantle und bedauerte seine Frage im gleichen Augenblick. Er plapperte drauflos, weil er wegen der Begegnung mit Pretre nervös war, der ihn zu Josiane führen konnte. Er würde sie finden, auch wenn er deswegen das Reich der Toten durchqueren müßte.
    „Kommen wir lieber zur Sache“, sagte Pfeiffer. „Wohin gehst du?“
    „Ich bin zu

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