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Das Zeit-Tippen

Das Zeit-Tippen

Titel: Das Zeit-Tippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Dann
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einer Steckkontaktzeremonie eingeladen worden.“
    „Mein Gott, du bist so morbid wie üblich. Geht am Samstagabend zu einem Trauergottesdienst! Kenne ich ihn vielleicht?“ Pfeiffers Stimme klang etwas spöttisch. „Wer ist es denn?“ fragte er ernster, wartete aber die Antwort nicht ab. „Ich finde eine Steckkontaktzeremonie abscheulich. Sie entweiht den Verstorbenen.“
    Mantle kicherte, allerdings recht nervös; wäre er nicht auf dem Weg zu einem unbekannten toten Schreier (und von Josiane heimgesucht) gewesen, so hätte er vielleicht die kühle Abendfeuchte und Pfeiffers Spitzfindigkeit genossen. Inzwischen goß es in Strömen; ein Vollmond war in dem Dunst darüber als verwischter Lichtfleck zu sehen. Aber der Regen konnte Mantle und Pfeiffer nichts anhaben, denn sie hatten ihren Regenschutz in Betrieb gesetzt und schritten forsch drauflos, wobei sie wie ein Schiff auf See eine Kielspur hinterließen. „Sie sind nicht wirklich tot“, sagte Mantle. „Schließlich können die Psychokonduktoren nur funktionieren, wenn das Gehirn noch irgendwie aktiv ist. Die Person muß also noch am Leben sein, zumindest klinisch.“
    „Aber in Wirklichkeit ist sie tot“, sagte Pfeiffer.
    „Es macht keinen Unterschied, ob man Psychokonduktoren im Gericht oder im Familienrat oder einfach zum Spaß benutzt“, sagte Mantle. „Man kann nicht näher herankommen als durch die Berührung eines anderen Geistes. Die Gehirnaktivität ist das Leben an sich.“
    „Du schwafelst wie der Mann, der das Begräbnis meiner Mutter leitete“, sagte Pfeiffer. Mantle lachte; Pfeiffer hatte in den Jahren, die zwischen ihnen lagen, einen Sinn für Humor entwickelt. Dann wurde Pfeiffer wieder ernst. „Dieser Steckkontakt mit dem Toten ist das gleiche wie Nekrophilie. Und Steckkontaktnekrophilie wird momentan bei Begräbnissen üblich.“
    „Aber du hattest auch Steckkontakt mit deiner Mutter, als sie starb, oder nicht?“ fragte Mantle, um ihn zu ködern.
    Pfeiffer bekam einen roten Kopf. „Sie hat darauf bestanden. Als sie erkrankte, flehte sie mich darum an, und ich versprach es ihr.“
    „Und war es so schrecklich?“
    „Ich fand es widerlich, ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“ Pfeiffer beschleunigte seine Schritte, als könnte er seine Erinnerung hinter sich lassen. Mantle wurde unruhiger bei der Vorstellung, Pretre zu treffen und in den Verstand eines toten Schreiers einzudringen. Sich in einem Schreier einzunisten oder in irgendeinen Geistesgestörten, konnte katastrophale Folgen haben, vor allem dann, wenn man zu Schizophrenie neigte. Die Schreier hatten einen zweigeteilten Verstand, so wie unsere Vorfahren, die die Stimmen der Götter hörten, die sie anbeteten. Sie brachten die Stimmen und Visionen ihrer Gemeinschaft in die richtigen Lappen ihres Gehirns. Die Gedanken eines Schreiers zu kennen hieß auch, die Gedanken und Erinnerungen jedes anderen zu kennen, zumindest potentiell, sogar derjenigen, die in die schwarzen und silbernen Regionen des Todes eingegangen waren.
    Und eine dieser Stimmen könnte die Josianes sein.
    Als sie den Kai erreichten, hatte es zu regnen aufgehört. Die Straßen wimmelten von Einheimischen und Besuchern gleichermaßen, die alle verkleidet waren. Eine Parade bewegte sich wie ein großer bunter Gliederkäfer den Boulevard entlang. Dämonen, wilde Tiere, Engel und andere religiöse Gestalten trugen Fackeln, die in Regenbogenfarben brannten. Die «Kinder blieben lange auf und hüpften um die Geister herum, spielten Spring-ins-Kreuz und bettelten um das unzerstörbare amerikanische Geld. Als Mantle über den Hafen blickte, sah er die mit Mimosen, Rosen, Nelken, Veilchen, Narzissen und Hyazinthen geschmückten Festflöße. Die Nässe schien alles durchsichtig, unnatürlich hell zu machen; es erinnerte Mantle an den Mardi Gras in New Orleans. In der Tat stand der Karnevalsdienstag kurz bevor. „Am besten holst du dein Gepäck aus dem Hotel“, sagte Mantle zu Pfeiffer, während er nach Pretre Ausschau hielt und sich fragte, ob er überhaupt kommen würde.
    „Dazu habe ich noch Zeit genug“, sagte Pfeiffer; er schien den Trubel und den Tumult zu genießen. „Komm, laß uns vor deinem Rendezvous noch ein Glas Wein trinken.“ Schon wieder ein Anflug von Sarkasmus.
    Mantle hatte Pretre entdeckt, der einige Mühe hatte, sich den Weg durch das Gedränge zu bahnen. „Also bis nachher zu Hause!“
    „Komm schon“, sagte Pfeiffer ernst. „Laß uns alle zusammen etwas trinken

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