Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
hereinlassen?«
Sprachlos trat sie zurück. Als er an ihr vorbeiging, fing sie seinen Duft auf und verspürte eine brennende Sehnsucht. Nekaun wandte sich zu ihr um. »Es ist viel zu lange her, seit wir das letzte Mal geredet haben, Reivan.«
Sie nickte und schloss die Tür. Dann ging sie zum Tisch hinüber, goss Wasser in zwei Gläser und reichte eins davon an ihn weiter.
Geradeso wie sie es früher immer getan hatte.
Er trank, stellte das leere Glas beiseite und nahm ihr ihres aus der Hand.
Geradeso wie er es immer getan hatte.
»Du hast die Neuigkeiten gehört?«, fragte er. »Auraya ist in dem Gewölbe unter dem Sanktuarium gefangen.«
Auraya. Dieses eine Wort riss sie aus ihrer Versunkenheit, und sie runzelte die Stirn. »Ja.«
Er seufzte. »Ich weiß nicht, warum die Götter mir all das auferlegt haben. Haben sie mich geprüft oder sie? Ich weiß es nicht. Und im Augenblick kümmert es mich nicht.«
»Dann hast du ihre Gesellschaft also nicht genossen?«, fragte sie unwillkürlich.
Er verzog das Gesicht. »Es war unaussprechlich mühsam.« Seine Augen wurden schmal. »Warst du eifersüchtig auf sie?«
Sie wandte den Blick ab, denn sie wusste, dass es sinnlos war zu leugnen.
Er lachte leise. »Oh, Reivan. Wie töricht von dir. Wer würde sich zu einer solch mürrischen, argwöhnischen Frau hingezogen fühlen? Lieber würde ich ein Arem betören.«
Sein Geruch und seine Wärme überwältigten sie. Er ist wieder da!, dachte sie.
Für wie lange?, fragte eine dunkle Stimme.
Sei still, entgegnete sie der Stimme.
»Ich habe dich vermisst«, sagte er.
Ihr Herz schlug einen Purzelbaum. »Ich habe dich auch vermisst.«
Er trat näher an sie heran. Sie wusste, was als Nächstes kam, und ihr Puls begann zu rasen, als er sich vorbeugte, um sie zu küssen.
Dann erstarrte er, und seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Ein grimmiger, leidenschaftlicher Ausdruck trat in seine Augen. Reivan löste sich aus seinen starren Armen, ein wenig verängstigt von seiner Miene. Er zog die Augenbrauen finster zusammen, dann sog er scharf die Luft ein, und seine Augen blitzten vor Wut.
»Es tut mir leid, Reivan. Ich kann nicht bleiben.« Sein Kiefer verspannte sich. »Die Götter haben mir soeben den Befehl gegeben, unsere Armee bereitzumachen. Die Zirkler haben die Absicht, uns anzugreifen.«
Sie starrte ihn an, und der Schreck überlagerte beinahe die Enttäuschung, als er sie sanft an der Wange berührte und dann aus dem Raum marschierte.
Die Zweite Stimme Imenja hielt Mirar den ganzen Tag über beschäftigt, indem sie ihn zu einigen Kunsthandwerkern am Stadtrand führte. Sie hatten frisch aus dem Fluss gefangenen Fisch gegessen und über Heilkunst und Magie gesprochen. Den ganzen Tag über war er sich dessen bewusst, dass nur noch ein einziger Siyee freigelassen werden musste. Er rechnete jeden Augenblick damit, dass Imenja ihm anbieten würde, Auraya zu töten, aber sie hatte nichts gesagt.
Als er abends in das Sanktuarium zurückkehrte, spürte er ein Summen der Erregung und der Befriedigung in der Luft. Sobald er in seinem Quartier war, legte er sich hin und ließ sich in eine Traumtrance sinken; er beabsichtigte, die Gedanken der Menschen um ihn herum abzuschöpfen und herauszufinden, was die Götterdiener in diesen Zustand versetzt hatte. Aber bevor er seinen Geist aussenden konnte, rief jemand seinen Namen.
Mirar!
Surim? Tamun?
Ja, sagte Surim. Ich habe Neuigkeiten. Schlechte Neuigkeiten.
Was ist geschehen?
Die Stimmen haben Auraya unter dem Sanktuarium eingekerkert, erklärte Tamum.
Mirar war mit einem Schlag hellwach. Er starrte zur Decke hinauf, dann schloss er die Augen und zwang seinen Herzschlag, sich zu verlangsamen. Es dauerte zermürbend lange, bis er wieder in eine Traumtrance versank.
Surim?
Mirar. Du bist aufgewacht?
Ja.
Tut mir leid. Ich hätte es dir schonender beibringen sollen, sagte Tamun.
Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Erzähl mir einfach, wie und warum.
Anscheinend befindet sich unter dem Sanktuarium ein Leerer Raum. Es muss ein Geheimnis gewesen sein, dass nur die Stimmen kannten.
Ein Leerer Raum. Sie wird absolut verletzbar sein.
So verletzbar wie jeder Sterbliche.
Warum hat sie den Leeren Raum nicht gespürt? Wenn sie es getan hätte, hätte sie ihn doch gewiss nicht betreten.
Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich war sie abgelenkt.
Warum haben sie sie gefangen genommen? Warum haben sie sie nicht getötet? Mirar hielt inne. Sie haben doch nicht
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