Das Zepter der Zeit (Carla, John und Franklyn) (German Edition)
tatsächlich den Eindruck, ins Nichts zu fallen, hingegen kann man sich aufrecht stehend die senkrechte Wand herunter langsam sinken lassen. Extrem wird dieses Gefühl bei besonders klarem Wasser. Bei dieser Übung war besonders darauf zu achten, jeden Meter einen Druckausgleich über die zusammengekniffene Nase durchzuführen.
Als sie nun endlich auf fünfundzwanzig Metern Tiefe angekommen waren, umgab sie ein geheimnisvolles, dunkles Blau. Farben konnte man hier unten nicht mehr erkennen. Aber wenn man die Taucherlampe einschaltete, wurde man mit traumhaften Farben belohnt. Korallen zeigten nur im Kunstlicht ihre wahre Pracht. Grüne, blaue, tiefrote bis gelbe Fächer, die mit ihren bizarren Formen die Taucher in großes Staunen versetzten. Bunte Fische tummelten sich in ebenso bunten Anemonen mit langen, schlauchförmigen Fangarmen.
Franklyn fragte sich, warum in einer Tiefe ab ungefähr sieben bis acht Metern, wenn die Farben als solches nicht mehr zu erkennen sind, die Tiere dermaßen intensive Farbtöne entwickeln, die man überhaupt erst wahrnehmen konnte, wenn man sie mit der Taucherlampe bestrahlte. Sicher wusste hierauf nur der liebe Gott eine Antwort. Vielleicht sind die Tiere in der Lage, diese Farben dennoch zu sehen. Bisher hatte die Natur noch keine unsinnigen Genmutationen geduldet. Nur Mutationen, die einem Lebewesen einen Vorteil verschaffen, setzen sich in der nächsten Generation durch. Somit mussten diese Farben logischerweise einen Sinn haben.
Der Gruppenleiter gab die Anweisung, dass sich Zweiergruppen bilden sollten. Sie hatten ein Handzeichen an Bord vereinbart, dass sie sich teilen sollten, sobald der Gruppenleiter mit seinem Zeige- und Mittelfinger der linken Hand auf die gleichen Finger der rechten Hand tippen würde.
Sie teilten sich also wie gefordert auf und tauchten entlang traumhafter Korallen und farbenprächtiger Anemonen, die lebhaft im Wasser hin- und her wiegten. Korallen- und Anemonenfische bewachten ihr Zuhause und schnappten in die Finger, wenn man ihnen zu nah kam. Wenn man sich hingegen extrem ruhig verhielt, kamen die Fische bis auf ein paar Zentimeter heran und ließen sich sogar berühren. Glücklicherweise hatte jeder Taucher eine Tauchlampe ausgehändigt bekommen. Hiermit konnten sie größere Fische anlocken. In besonders dunklen Nischen fanden sie mithilfe des künstlichen Lichtes kleinere Fische, denen sie sofort nachstellten.
Nach einer Viertelstunde gab der Gruppenleiter das Zeichen zum Auftauchen: Er zeigte den Tauchern eine Faust mit nach oben gestrecktem Daumen. Auf fünf Metern Tiefe musste ein Zwischenstop durchgeführt werden, um den Stickstoff, der sich im Blut gelöst hatte, wieder abatmen zu können. Unter hohem Druck löst sich Stickstoff im gesamten Körper. Taucht man zu schnell auf, sprudelt das Gas wie bei einer zu schnell geöffneten Mineralwasserflasche in Form von Blasen heraus und kann schlimmste Verletzungen nach sich ziehen. Eigentlich hätten sie diese Pause nicht durchführen müssen, doch aus Sicherheitsgründen legte der Gruppenleiter diese Pause immer ein.
Die erste Tauchexpedition war ein voller Erfolg. Die meisten Teilnehmer der Tauchgruppe waren genau wie Franklyn, Sally und Carla noch blutige Anfänger. Sie hatten noch nie zuvor in ihrem Leben die Unterwasserwelt im Meer erlebt. Es war mit Dokumentationen im Fernsehen absolut nicht vergleichbar. Auch wenn man sich die schönsten Filme ansieht, ist das Gefühl, das reale Leben zu spüren und zu erleben wesentlich imposanter, als jegliche Darstellung auf einer Fernsehmattscheibe.
Völlig überwältigt von den visuellen Eindrücken, die unter Wasser auf sie eingewirkt hatten, erzählten sich alle, was sie gesehen und erlebt hatten. Franklyn hatte eine riesengroße Muräne entdeckt, die ihn mit offenem Maul fauchend beobachtete. Ihr Atmen erweckte den Eindruck, als wolle sie jeden Moment zubeißen. Doch Franklyn wusste, dass Muränen friedliebend sind, wenn man sie nicht ärgert. Sally hatte einen Kraken erblickt, der ihrer Meinung nach Arme von mindestens einem Meter Länge besaß. John und Carla befanden sich plötzlich inmitten eines gigantisch großen Fischschwarms, der aus Millionen winzig kleiner Fische bestand. Insgesamt bildeten sie die Gestalt eines großen Fisches nach. Nach ihren Schätzungen war der Schwarm circa zehn Meter lang und völlig blickdicht. Sicher verschaffte sich so ein großer Schwarm bedingt durch das Imitieren eines Großfisches entsprechenden Respekt bei
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